Beim Reiterverband brennt die Hütte... Drucken
Geschrieben von: Reiterrevue International/ DL   
Mittwoch, 08. November 2023 um 16:33

Warendorf. Wie inzwischen bekannt, hat Martin Richenhagen als damaliger Türöffner für den bisherigen Hauptsponsor Fendt sein Amt als Sprecher niedergelegt und ist auch aus der Stiftung Deutscher Pferdesport ausgetreten. Verschiedene Medien haben das Thema aufgegriffen, der Verband wiederum vergab dazu die Chance zur Selbstreinigung. Viele zusätzliche Fragen bleiben weiter ohne Antwort.

Wie die Reiterrevue International berichtet, ist Martin Richenhagen, langjähriger CEO des Landmaschinenherstellers AGCO und mit der Marke Fendt größter Sponsor der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), von seinem Amt als Sprecher des Stiftungsrates der Stiftung Deutscher Pferdesport zurückgetreten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist die Beziehung, die FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach mit seiner Mitarbeiterin, FN-Justiziarin Constanze Winter, eingegangen ist. Lauterbach hat sich von seiner Frau getrennt, ist bei Constanze Winter eingezogen und hat darüber die FN-Mitarbeiter informiert. Richenhagen sieht in dieser Beziehung jedoch einen Verstoß gegen die Regeln der Compliance und Good Governance. Deshalb hat er sich aus der von ihm mitgegründeten Stiftung, zurückgezogen – auch in seinem Testament wolle er die Stiftung nun nicht mehr, wie ursprünglich geplant, berücksichtigen, teilte er Reiter Revue mit.

Er kritisiert Lauterbach aber nicht nur wegen dessen Beziehung zu der FN-Justiziarin. Richenhagen wirft dem FN-Generalsekretär vor, die FN nicht wirtschaftlich zu führen. Die FN sei im Prinzip ziemlich pleite, sagt er, und „Herr Lauterbach ist als Geschäftsführer für das finanzielle Ergebnis voll verantwortlich“, so Richenhagen gegenüber Reiter Revue. Die Verluste beliefen sich auf mehrere Hunderttausen Euro – es sollen 770.000 sein - , „das sind viel zu hohe Kosten bei rückläufigen Einnahmen“, so Richenhagen.

Indes haben sich FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach und FN-Präsident Hans-Joachim Erbel bei der Reiter Revue-Redaktion zu Wort gemeldet. Und das sagt Lauterbach zu den Vorwürfen

Ob er damit gerechnet hat, dass seine Beziehung mit Constanze Winter so hohe Wellen schlagen würde? Er habe zumindest ein „gewisses öffentliches Interesse an dieser zunächst privaten Angelegenheit erwartet“, sagt er. Ihm sei bewusst, dass die Situation für die Kolleginnen und Kollegen nicht ganz einfach sei, „aber ich habe aus meiner Sicht alle nötigen Schritte unternommen, damit mein Privatleben keinen Einfluss auf ihre Arbeit hat. Wir gehen transparent mit der Situation um und ich habe dem Präsidium und dem Geschäftsführenden Vorstand gleichzeitig Vorschläge gemacht, welche strukturellen Änderungen wir vornehmen können, um Governance-Themen auszuräumen.“ Er wusste, die strukturelle Zuordnung innerhalb der Geschäftsstelle könne nicht so bleiben, wie sie war. „Wir stellen sicher, dass ich nicht mehr in Entscheidungen eingebunden bin, die Constanze Winter persönlich betreffen“, so Lauterbach.

Zum Vorwurf Martin Richenhagens, die finanziellen Probleme der FN seien auf ihn zurückführen, nimmt er wie folgt Stellung: „Die FN ist ein gemeinnütziger Verein. Seit ich FN Generalsekretär bin, bewegt sich das Jahresergebnis der FN stets in dem Rahmen, der von unserer Mitgliederversammlung im Rahmen der Planung beschlossen wurde. Wie viele Unternehmen und Sportverbände haben wir seit Ausbruch der Coronapandemie mit finanziellen Einbußen zu kämpfen gehabt und auch Verluste eingefahren. Wir sehen, dass der Pferdesport angesichts der weltweiten Krisen und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage vor Herausforderungen steht. Wir folgen hier einem mittelfristigen Plan, nach dem wir im kommenden Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben werden. Als Teil des FN-Führungsteams habe ich meinen Teil dazu beigetragen, die FN gut durch die schwierigen letzten Jahre zu führen. Ich werde dafür weiter mein Bestes geben. Mein Privatleben hat darauf keinen Einfluss.“

Und zu Richenhagens Austritt aus der Stiftung, sagt Soenke Lauterbach: „Die Stiftung ist eine von der FN unabhängige Organisation. Dass vor diesem Hintergrund ein Stifter, der mit der FN oder meiner Person ein Problem hat, aus der Stiftung aussteigt, erschließt sich also nicht. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Dass die Stiftung einen Förderer verliert, ist schade für die Stiftung und ihre Arbeit.“

FN-Präsident Hans-Joachim Erbel hat nicht – wie es Richenhagen fordert – über eine Kündigung Lauterbachs nachgedacht. Auf Nachfrage von Reiter Revue, gab er an: „Nachdem Soenke Lauterbach zunächst mich und dann den Präsidialausschuss persönlich informiert hat, haben wir uns im Präsidialausschuss besprochen. Wir haben in unseren Good-Governance-Regeln einen Passus, der explizit diese Situationen regelt. Hier wird zum einen Transparenz und zum anderen die organisatorische Voraussetzung gefordert, dass zwischen Lebenspartnern kein direktes Unterstellungsverhältnis besteht. Entsprechend haben wir beschlossen, dass Justitiariat, das bislang direkt dem Generalsekretär unterstellt war, in den Geschäftsbereich von René Straten (Personal und Finanzen) zu geben. Solche organisatorischen Änderungen sind zustimmungspflichtig durch das Präsidium. Insofern haben wir das Präsidium über die Situation informiert und um Zustimmung gebeten.“

Als Folge werde René Straten zukünftig nicht nur für Personalangelegenheiten, die das Justitiariat betreffen, zuständig sein, sondern er sei nun auch als Fachvorgesetzter über die Durchführung der Aufgaben des Justitiariats zu unterrichten und ist dem Justitiariat gegenüber weisungsbefugt. Das gilt auch dann, wenn diese Aufgaben aufgrund ihres inhaltlichen Zuschnitts in Zusammenarbeit mit Soenke Lauterbach erledigt werden.

Erbel weiter: „Soenke Lauterbach und Frau Dr. Winter haben die notwendigen Personen und Kreise über die Veränderungen in ihrer privaten Situation informiert. Zusammen haben wir die entsprechenden Schritte zur Einhaltung der Governance-Regeln initiiert. Der Rest ist nun wieder ihre Privatsache. Auch wenn es nicht optimal ist, wenn das Privatleben in das geschäftliche hineinwirkt, aber genau dafür haben wir uns ja Regeln gegeben. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass im 21. Jahrhundert jemand versuchen könnte, daraus einen verbandspolitischen ‚Skandal‘ zu machen.“

Hinsichtlich des Jahresergebnisses der FN, äußerte sich der FN-Präsident zuversichtlich. Das voraussichtliche Ergebnis 2023 werde „besser ausfallen als ursprünglich geplant. Diese Verbesserungen – insbesondere durch Kosteneinsparungen – könnte man dem FN-Team ‚anlasten‘. Diese Maßnahmen als auch alle weiteren Veränderungen werden in 2024 wieder zu einem mindestens ausgeglichenem Jahresergebnis führen“, so Erbel.

Soweit Reiterrevue International. Doch es bleiben unglaublich viele Fragen. Nur einige herausgegriffen:

**Warum wurde bisher nie danach gefragt, warum noch unter Präsident Dieter Graf Landsberg-Velen der damalige FN-Generalsekretär Michael Reithmann auf schofelste Art abserviert wurde?

**Warum wird bisher nie mal das Thema Deutsches Olympiadekomitee für Reiterei (DOKR) aufgegriffen, zumal keine Föderation weltweit eine solche zusätzliche kostentreibende Organisation neben der FN benötigt?

** Wer bezahlte u.a. die Kosten für die unnützen und verlorenen Prozesse gegen Turnierveranstalter Jan Tops in den damaligen juristischen Auseinandersetzungen um die Lizenzen für den früheren Tops-Angestellten Daniel Deußer? Oder die Abfindung für die in diesem Januar fristlos entlassene Leiterin für die Jugendarbeit, Maria Schierhölter-Otte?

** Wieso benötigen FN und DOKR soviel oder gar mehr Personal als der Deutsche Fußball-Bund als größter nationaler Sportverband der Welt?

** Wie kommt es, dass jemand zum Präsidenten gewählt wird, der als einziger und somit ohne Gegenkandidat vom Generalsekretär vorgeschlagen wurde?

** Warum ist die deutsche FN im Weltverband an keiner entscheidenden Stelle mehr vertreten, warum steht kein deutscher Aktiver mehr auf den Listen bei Sportler-Wahlen?

** Welche Gedanken macht sich die FN, dass durch die neuen Tierarzthonorare, ständige Neuerungen und Auflagen seitens des Verbandes der Amateurreitsport langsam wegbricht, die ländlichen Turniere verschwinden und damit auch der Spitzensport samt Zucht?

** Warum kommt der Reitsport in den Medien teils nicht einmal mehr am Rande vor?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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