Aus der Vergangenheit nichts gelernt... Drucken
Geschrieben von: Peter F. Cronau/ dl   
Montag, 05. Februar 2024 um 11:38

Wuppertal. Die Meldungen in den Medien über Missbrauch, Tierquälereien und Misshandlungen im Pferdesport nehmen eine Dimension ein, die man fast im wöchentlichen Takt zu sehen und zu lesen bekommt. Zu den Tätern gehört aber auch ein Personenkreis, der sich in den Verbänden findet, sagt der renommierte Veterinär Dr. Peter F. Cronau in einem persönlichen Kommentar zu den jüngst in den sozialen Medien veröffentlichten Videos über Trainingsmethoden in der Dressur.

Lange Jahre maß die mobile Pferdebox auf einem Turnier 2,75 x 2,75 m. Wie sollte da ein Pferd der Größe eines „Calvaro“ – genannt der weiße Riese - sich im Wettbewerbsmodus auf einem Turnier strecken, legen, drehen, oder gar wälzen können? Mein damaliger Vorschlag war an den Weltverband, FEI, die Größe auf 10 Quadratmeter bei wechselnder Länge bzw. Breite festzulegen, wurde abgeschmettert. Die Argumente waren: Es gehen dann deutlich weniger mobile Boxen auf den Transport-LKW und es gehen deutlich weniger Pferde in die mobilen Boxen einer temporären Stallgasse in der Reithalle auf einem Turnier. Im Bewusstsein und auf Grund begründeter Argumente wurde die Boxengröße dem Zeitdruck viel später angepasst. Man hat wohl erkannt, dass die Standard-Parkplatz-Größe 5 x 2,30 m beträgt, wo auch eine Mercedes-S-Klasse drauf passt.

Ein anderes und deutlich wichtigeres Argument ist der Umgang mit der Kreatur. Mir fehlen Bilder aus England, wo bei Rittigkeits-Prüfungen die Richter noch in den Sattel mussten. Diese Option existiert heute nicht mehr. Mit der Einführung der Mobiltelefone und deren Video-Option ergab sich die Chance, mit kleinem Objektiv Situationen zu filmen, die gespeichert und per Internet auch verbreitet werden können. Ohne diese Technik wären die Barraffäre 1990 und nun die Geschehnisse in Dänemark und zeitnah in USA bzw. Deutschland vielleicht gar nicht erkannt und publiziert worden.

So kann jeder – Laie oder Fachmann – sich ein Bild von den jüngsten Vorfällen machen. Kurz zusammengefasst: Diese Verfehlungen erfordern vom Beobachter das allerhöchste Maß an der Einschätzung als Abscheulichkeit und Beurteilung verachtenswerten Verhaltens der betroffenen Personen. Das deutsche Tierschutzgesetz sagt: „Keinem Tier darf ohne vernünftigem Grund Schmerzen zugefügt werden“. Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Man braucht kein Schmerzdiagnostiker oder Ethiker zu sein, um festzustellen, dass allein durch die erkennbare Physiognomie und die Abwehrbewegungen der Pferde der Tatbestand Schmerz und das Fehlen eines vernünftigen Grundes vorhanden sind. Ergo: Ein mehr als deutlicher Verstoß gegen das Tierschutzgesetz liegt zahlreich vor!

Aus meiner Sicht fehlen in der deutschen Rechtsprechung Richter, die über ein Fachwissen verfügen, um die vorhandenen Missstände zu beurteilen und adäquat zu sanktionieren. Wir benötigen eine Schwerpunkt-Institution für Tierschutz wie sie bei anderen juristischen Fragestellungen wie Geldwäsche, Jugendkriminalität, Steuerdelikten oder Medizinrecht u.a. bereits existiert.

Weder in der Politik noch in der Geschichte wird aus der Vergangenheit gelernt. Dieses Verhalten ist ebenso im Pferdesport zu beobachten. Wie kann es sein, dass Verfehlungen im Tierschutz in der Vergangenheit erkannt und sanktioniert werden und dennoch dieselben Verfehlungen nach gleichem Modus vorhersehbar in kalkulierbarem Zeitraster immer wieder auftreten? Es fehlen weder Einsicht noch lernbare Konsequenzen.

Solange ein Lieferkettengesetz existiert, dass Kinder für lächerliche Löhne arbeiten müssen, Rinder für Leder herhalten müssen, das mit Chemikalien gegerbt und gefärbt wird, die kein Fluss aushält, muss man sich die Frage stellen, ob die Obrigkeit in Berlin überhaupt versteht, worum es beim Tierschutz geht. Die Fragen, die vor über 40 Jahren gestellt wurden, werden mit den gleichen Antworten erwidert.

 

 

 

 

 

 

 

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