Deutschland wird nicht geliebt - nur gebraucht... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Donnerstag, 07. Juli 2011 um 15:46

 

Wassenberg. Die Bewerbung von München für Winter-Olympia 2018 endete in Durban  letztendlich in einem Desaster. Nicht, weil alles falsch vorgetragen wurde, weil Deutschland im Ausland nicht geliebt wird, höchstens geachtet, aber eben nicht gemocht. Was man vielleicht nicht mehr weiß - Aachen fiel als Bewerber für die Weltreiterspiele 1994 auch durch...

 

Nach den sportlich gelungenen und defizitären ersten Weltreiterspielen in Stockholm 1990 bewarben sich um die Ausrichtung dieser zweiten Großveranstaltung im Jahre 1994 in Tokio die französische Hauptstadt Paris, Den Haag und Aachen. Und als der Generalversammlung ein Telegramm vorgelesen wurde vom damaligen Pariser Bürgermeister Jacques Chirac, war die Abstimmung gelaufen. Paris gewann, die FEI-Delegierten soffen anschließend Champagner bis zum Abwinken. Doch Paris konnte plötzlich nicht, keine garantierte TV-Übertragung und damit kein großer Sponsor. Die Franzosen gaben kleinlaut die Weltreiterspiele zurück, aber Aachen wollte nun auch nicht mehr. Die 2.Weltreiterspiele gingen nach Den Haag und endeten mit einem Defizit von 5 Millionen Euro, verschiedenen Gerichtsverhandlungen und Insolvenzen.

 

Nun wollte Berlin für 1998 mit Paul Schockemöhle als Manager ran. Gegner Dublin auf der Grünen Insel, Rom und Horrogate in England. Der Distanzritt über 160 km sollte auf historischem Weg vom Gestüt Neustadt/ Dosse ins Reiter-Olympiastadion von 1936 führen, Mitten in Berlin. Dr. Peter Cronau, damals Vertreter der Tierärzteschaft im Präsidium der FEI, erinnert sich noch gut an jene Generalversammlung in Tampa/ Florida. Er und der deutsche Präsident Dieter Graf Landsberg-Velen hätten sich beim Pinkeln auf der Toilette über mögliche Stimmenvergaben unterhalten, Graf Landsberg hätte gemeint, zwölf Stimmen hätte er. Das Votum endete ebenfalls mit einem Debakel, wie später die Bewerbungen von Berchtesgaden um Winterspiele, wie die Kandidaturen von Berlin um Sommerspiele 2000 und nun von München.

Auf Berlin fielen bei jener denkwürdigen FEI-Generalversammlung im ersten Durchgang gerade mal zwei Stimmen. Dublin gewann, nicht zuletzt deshalb, weil der Staat die finanzielle Garantie übernahm. Doch den Iren sprangen die Sponsoren ab. So fanden 1998 die Wettkämpfe in Rom statt, wo ein Ehepaar mit gutem Netzwerk in allen möglichen wirtschaftlichen Bereichen sämtlich Kosten abdeckte, genaue Zahlen wurden auch später nie veröffentlicht. Cronau heute, er habe immer noch im Ohr, wie die damalige FEI-Präsidentin Pilar de Borbon aus Spanien für jedermann hörbar geblökt habe, und zwar ziemlich böse und auf Deutsch: „Deutschland, Deutschland über alles...“

 

Der deutsche Sport ist international in den höchsten Gremien nur noch spärlich vertreten. Schon vor Jahren hatte Manfred von Richthofen, damals Präsident des Deutschen Sportbundes, davor gewarnt, „dass wir Deutsche uns selbst immer mehr ins Abseits manövrieren.“ Bis auf ganz wenige Verbände hat Deutschland keine mitbestimmende Stimme mehr in einem Weltverband. Wenn`s zwickt, ist Deutschland aber gut genug. Beispielsweise im Reiten zuletzt 1991 in Donaueschingen, als Lipica aus finanziellen Gründen die Dressur-Europameisterschaft verweigerte, und 2005, als Ulli Kasselmann für die Dressur-EM in einer Nacht- und Nebelaktion alles für ein gelungenes Championat stehen oder fallen ließ, weil Moskau den Versprechungen nicht nachkam.

 

Die Idee von Aachen, 2015 erstmals eine Europa-Premiere mit fünf Disziplinen – Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Fahren und Voltigieren – zu übernehmen, hat zwar Einmaliges an sich, und die gelungenen Weltreiterspiele 2006 stehen als bester Beweis und Grund. Doch dagegen werden sich alle jene Verbände richten, die selbst dazu nicht in der Lage sind, dazu die Neider und Miesmacher. Aber letzten Endes wird das Portefeuille bestimmen, was kommt, vor allem zum Wohle des Weltverbandes. Und da könnte Aachen den entscheidenden Trumpf ausspielen -  und das ist ein Scheck.

 

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