Wenn ein Sturkopf gegen den mächtigsten Verein anreitet... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 05. März 2010 um 17:20

 

Aachen. Seit nunmehr 15 Jahren tobt der Rechtsstreit zwischen dem damals entlassenen Vermarkter Wolfgang Götz und dem Aachen-Laurensberger-Rennverein, dem Veranstalter des alljährlich weltgrößten Pferdesportturniers in den Disiplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Fahren und Voltigieren. Am 19. März geht der Prozess in Aachen in die nächste und sicher letzte Runde. Verlierer ist garantiert Wolfgang Götz (55), ein Sturschädel. Allein finanziell ist eine solche Auseinandersetzung mit einem so mächtigen Verein nicht durchzustehen. Egal, was herauskommt, Wolfgang Götz ist auch der Geldverlierer.

 

Der Aachen-Laurensberger-Rennverein veranstaltet jedes Jahr das Offizielle Internationale Reit- und Fahrturnier (CHIO) von Deutschland, doch für den ALRV selbst mit rund 600 Mitgliedern startet niemand. Auf der anderen Seite kann nur einer Präsident werden, der dem ALRV angehört. Der augenblickliche Präsident ist Klaus Pavel (73). Sein Markenzeichen: Rote Socken. Der Honorarkonsul von Brasilien wurde  am Abend vor Beginn der unmittelbaren Mitgliederversammlung 1994  von seinem damaligen, inzwischen verstorbenen Freund Nikolaus Giljam in einer Kneipe überredet, für den Posten zu kandidieren. Dazu machte man ihn noch unmittelbar vor der Wahl zum ALRV-Mitglied. Er wurde Präsident, wie abgesprochen.

 

Erste Amtshandlung: Götz-Entlassung

 

Eine der ersten Amtshandlungen von Klaus Pavel war die Entlassung des damaligen Geldbeschaffers Wolfgang Götz (55) ein Jahr später. Ihn hatte 1991 der amtierende CHIO-Präsident Hugo Cadenbach im Passspiel mit seinem „Vize“ Kurt Capellmann verpflichtet. Götz und auch der ehemalige Boris-Becker-Manager Ion Tiriac hatten sich übrigens gemeinsam um den Job der Vermarktung des weltgrößten und bedeutendsten Pferdesporturniers der Welt beworben, der Schwabe Götz gewann gegen den wahrlich durchtriebenen  „Zausel“ aus den rumänischen Karpaten. Beide hatten übrigens gemeinsam das erste Daviscup-Tennis-Finale in Deutschland in München 1985 organisiert.

 

„CHIO Aachen wie eine Kirmes-Veranstaltung“

 

Aufgrund des Präsidium-Vorschlags in Aachen gründete Wolfgang Götz die „Gesellschaft für Entwicklung von Medienprojekten“, kurz GEM, mit der Vorgabe, den CHIO von Deutschland in der Soers weltweit und exklusiv zu vermarkten. Götz erfand  - „darauf lege ich auch Wert“ - als Erstes den griffigen Titel „Weltfest des Pferdesports“. Der Schwabe, der in London lebt und arbeitet, sagt nun, „alles begann 1991 wie auf einer ländlichen Kirmes.“ Die Aussteller präsentierten ihr Sortiment entsprechend. Einer kam im PKW mit Anhänger, der nächste mit dem Lastwagen, wieder andere fuhren im Bus und mit ihren Waren vor, „jeder machte, was er wollte.“

 

In Holland abgespickt

 

Wolfgang Götz schaute nach Holland und sichtete dort die weißen Pagodenzelte, sie führte er in Aachen ein. Götz gab dem Ausstellerbereich Gesicht und Charakter. Durch ihn gab es erstmals die Möglichkeit zum Logenmieten für firmen, er stellte die Gastronomie auf ein höheres Niveau. Vom Turnier des unvergessenen Star-Tenors Luciano Pavarotti, der ihn auch verpflichtet hatte, brachte er aus Modena die Idee der „Hufeisentische“ mit.

 

1994 verlängerte der ALRV den Vertrag mit Wolfgang Götz im weitere vier Jahre. Doch dann ließ Klaus Pavel, wohl gestärkt von seinem Juristen aus dem Präsidium („alles aussitzen; bis er nicht mehr kann“), in der örtlichen Presse verkünden, Wolfgang Götz könne das Vereinbarte nicht leisten. Pavel beendete 1995 die Partnerschaft mit dem Neckarsulmer. Seit Juni 1995 verdienen an diesem Rechtsstreit Juristen und der Staat.

 

Bundesgerichtshof und zurück

 

Der Rechtsstreit lief bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Götz fordert rund fünf Millionen Euro Schadensersatz für entgangene Einnahmen aus Werbung, so seien 40 Prozent der Exklusiv-Rechte der Vermarktung verloren gegangen. Das Landgericht Aachen und das Oberlandesgericht Köln gaben Götz Recht, die fristlose Kündigung sei  rechtsunwirksam . Der ALRV marschierte weiter zum BGH nach Karlsruhe, die obersten Richter wiederum gaben den Rechtsstreit zurück nach Aachen. Dort ruht der See. Götz: „Ich soll einfach mürbe gemacht werden.“

 

Götz: „Das Vertrauen in die Justiz habe ich immer noch nicht verloren. Doch ich möchte meinen entstandenen Schaden ersetzt bekommen. Allein schon deshalb, weil man mir das aufgebaute Image verunstaltete. Kam ich irgendwohin in Sachen Reitsport, lagen schon die Zeitungsausschnitte von den Prozessen mit Aachen auf dem Tisch.“ Ihr Nachfolger Michael Mronz? „Götz: Der macht einen guten Job. Er kam ja erst 1997. Er versteht seine persönlichen Beziehungen zum Vorteil des CHIO zu nutzen. Ich gönne ihm, dass er auf meine zwischen 1990 und 1995 geleistete Arbeit aufbauen kann.“

 

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