Deutsche FN vor weiterer Niederlage vor Gericht Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 13. August 2013 um 14:56

 

Dortmund. Die deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) sieht sich einer Forderung von über 100.000 € gegenüber. Das Landgericht Dortmund bestätigte des Urteil des OLG Hamm aus dem Jahre 2000, dass die Sperre des Springreiters Daniel Deußer nicht rechtens war.

 

 

Die deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) steht erneut vor einer gerichtlichen Niederlage. Das Oberlandesgericht Hamm hatte im Februar 2010 die Verweigerung einer Jahreslizenz an Springreiter Daniel Deußer als rechtswidrig verurteilt, die Kosten hatte die FN zu tragen. Nun ging es am Landgericht Dortmund um Schadenersatz. Kläger: Daniel Deußer und sein ehemaliger Arbeitgeber, der niederländische Pferdehändler und Turnierveranstalter Jan Tops. Das Gericht bestätigte den Entscheid des OLG Hamm und schlug einen Vergleich vor. Darauf konnten sich beide Parteien nicht einigen. Die Siegerseite möchte mindestens 130.000 €, was die FN nicht akzeptierte. Nun beginnt erneut zunächst ein Schriftverkehr beider Parteien. Frühestens in sechs Wochen steht die nächste Verhandlung an – sollte keine außergerichtliche Einigung erzielt werden.

 

Daniel Deußer (32) konnte wegen der Lizenzverweigerung an 84 Tagen nicht starten. Anhand des Turnierkalenders und seiner Nennungen hätte er im Idealfall 750.000 Euro gewinnen können. Nun haben zunächst wieder Gutachter das Wort…

 

Rückblick auf die Ereignisse um Deußer/ FN

 

Ziemlich genau drei Jahre nach dem Medikationsfall um die Stute Pristinna in einem M-Springen in Florida endeten im Februar 2010 die juristischen Auseinandersetzungen der deutschen FN mit dem eigenen Nationen-Preisreiter Daniel Deußer und kommenden Starter bei der Europameisterschaft in der nächsten Woche im dänischen Herning. Die deutsche Föderation erlitt vor dem Oberlandesgericht Hamm eine herbe und wohl auch kostspielige Niederlage. Deußer wurde freigesprochen, das Urteil war rechtskräftig.

 

Beruhigungsmittel und seine Folgen

 

Angefangen hatte alles in den USA 2007. Noch ehe der Hesse aus Hünfelden in Las Vegas auf dem Hengst Air Jordan Zweiter wurde im Weltcup-Finale hinter dem Schweizer Beat Mändli, ritt er ein paar Wochen zuvor in Florida im Rahmen des bekannten Winterfestivals auf der Stute Pristinna ein normales M-Springen zum Eingewöhnen. Der Dopingtest war anschließend positiv. Die Analytiker filterten fünf Pikogramm eines verbotenen Stoffes heraus, ein Bereich mit zwölf Nullen hinter dem Komma. Die nicht erlaubte Substanz des Beruhigungsmittels Request 2 steckte in Ergänzungspillen, die vom Stalltierarzt  dem Pferd wegen Flugstress` gegeben worden waren. Auf der Packung stand u.a., das Naturprodukt wäre in wenigen Tagen abgebaut.  Daniel Deußer, damals in Diensten des in Handel und Turnieren weltweit agierenden holländischen Mannschafts-Olympiasiegers Jan Tops: „Noch auf dem Flug zur Verhandlung vor dem US-Verband in Kentucky schwor der Veterinär, nichts gewusst zu haben.“

 

Der Reiter als Verantwortlicher nach allgemein gültigem Recht wurde zu einer Sperre von drei Monaten ausschließlich für Turniere in den USA verurteilt, obwohl die Kommission einräumte, eine Leistungsbeeinflussung habe das Mittel nicht bewirkt. Die Strafe endete am 31.März 2008. Deußer hatte zudem eine Buße über 2.000 US-Dollar zu entrichten, er nahm die Strafe an.

 

„Man wollte Daniel Deußer köpfen“

 

Die deutsche FN ihrerseits zettelte nun ihrerseits ein Verfahren gegen Deußer an. Die erste Disziplinarkommission  entzog dem Berufsreiter für fünf Monate die Turnierlizenz für das In- und Ausland. Die einzelnen Turnierveranstalter wurden zudem angewiesen, Deußer keine Starterlaubnis zu erteilen. Gegen den mündlichen Beschluss, so in der Verkündung, könne kein Rechtsmittel eingelegt werden.

 

Deußer beriet sich mit dem Münsteraner Rechtsanwalt Andreas Kleefisch, der verlor fast die Contenance und sagte: „Man wollte Daniel Deußer bewusst köpfen. Was hier ablief war perfide und  pervers. Eine grobe Rechtsverletzung.“ Und er sagte: „Einer Disziplinarkommission kann es nicht gestattet sein, Staatsanwalt, Richter und Vollstrecker in einer Person zu spielen und Beschlüsse, die offenkundig nicht einmal durch das eigene Vereinsreglement gedeckt sind, für sofort wirksam zu erklären.“

 

Kleefisch hatte mit einem Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Münster Erfolg. Gegen die  FN wurde angeordnet (Aktenzeichen 11 O 139/08), den Beschluss vom 24. März 2008 bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Jahreslizenz für 2008 nicht mit der Begründung zu versagen, es liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 20 Ziffer 1 LPO wegen Dopingvergehens in Zusammenhang mit dem Pferd Pristinna während der Wellington Masters Horse Show vor. Dem Antragsgegner wurde bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 100.000 Euro untersagt, den Antragsteller an der Teilnahme an nationalen und internationalen Reitturnieren zu hindern, soweit dies auf den Beschluss vom 24.04.2008 gestützt werde. Die Kosten dieses Verfahrens wurden dem Antragsgegner auferlegt. Der Streitwert wurde auf 100.000 Euro festgesetzt. Der Antragsgegner wurde außerdem verpflichtet, die nationalen und internationalen Sportverbände sowie die nationalen und internationalen Turnierveranstalter davon in Kenntnis zu setzen.

 

Einwände des Rechtsanwalts:

 

In dem Eilantrag an das Landgericht Münster führte Alexander Kleefisch unter anderem aus:

 

++ Dass das zuständige Hearing-Komitee des US-Verbandes bindend festgestellt hat, dass Deußer die pflanzliche Substanz nicht dazu eingesetzt habe, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen

 

++ Dass er die Strafe akzeptiert hat

 

++ Dass die Sperre seitens des Verbandes rechtswidrig ist, weil es abweichend von der Verbandssatzung und dem Reglement des Verbandes für derartige Fälle keinen  verbandsinternen Rechtsbehelf gibt

 

++ Dass die FN erst ein Jahr nach dem rechtskräftig geahndeten Verstoß in den USA aktiv geworden ist und die Ausstellung einer Jahreslizenz verweigerte

 

++ Dass die FN nicht darauf einging, Deußer habe seine Strafe verbüßt, er wurde zur Verhandlung vor die Disziplinarkommission zitiert. Die gestand ein,  man habe sich mit einer ausdrücklich unauthorisierten Übersetzung des Urteils aus den USA begnügt. Trotz mündlicher und schriftlich vorgetragener ausführlicher Hinweise auf die Rechtswidrigkeit des Tuns verkündete Dr. Ettwig-Georg Wann als FN-Justitiar, der mündliche Beschluss der Disziplinarkommission entfalte sofortige Wirkung, ein Rechtsmittel dagegen existiere nicht. Aus logistischen Gründen sei eine baldige schriftliche Zustellung des Beschlusses nicht möglich. Kein Problem hatte die FN jedoch damit, nämlich zwei Stunden nach Verkündung des Beschlusses eine ausformulierte Pressemitteilung auf der Homepage zu veröffentlichen.

 

++ Dass eine eingehende Beschlussbegründung nicht erfolgte

 

++  Dass der Beschluss offensichtlich rechtswidrig ist, weil sich eine ausreichende Grundlage im Satzungs- oder Regelwerk nicht findet , dass die Verweigerung der Startgenehmigung eine faktische Sperre und damit ein Berufsausübungsverbot von fünf Monaten darstellt

 

++ Dass die Disziplinarkommission keinen wichtigen Grund für den Beschluss hinreichend vortrug und auch keine Begründung dafür abgab

 

++ Dass für eine derart einschneidende Maßnahme die ausreichende Satzungsgrundlage fehlt

 

++ Dass die von der Disziplinarkommission ergangene Maßnahme einem faktischen Arbeitsverbot gleichkommt und zwingend einer satzungsmäßigen Grundlage bedarf

 

++ Dass die Einhaltung des wesentlichen Prozessgrundrechts von den ordentlichen Gerichten voll überprüfbar ist. Verstößt ein Verband gegen das Mehrfachverfolgungsverbot, kann die Dopingsanktion durch das staatliche Gericht in einem Hauptsacheverfahren aufgehoben und dem mehrfach verfolgten Athleten Schadenersatz wegen unrechtmäßigen Verbandsmaßnahmen zugesprochen werden.

 

++ Dass dem Antragsteller lediglich der rechtskräftig festgestellte Vorwurf zu machen ist, seinem Stalltierarzt vertraut zu haben, und dabei auf einen anerkannten Veterinär.

 

++  Dass der in den USA bewertete und geahndete Verstoß nach der deutschen LPO allenfalls als leichter Verstoß anzusehen ist, der nicht vorsätzlich begangen wurde und allenfalls als Ordnungsmaßnahme der Verwarnung in Betracht kommt, zumal auch die Behandlung mit Request 2 zum Schutz und Wohle des Tieres auf dem Zwölfstunden-Flug diente

 

++ Dass die Sperre von  fünf Monaten unverhältnismäßig, grob willkürlich und unzulässig sei.

 

Der Beschluss des Landgerichts Münster wurde übrigens Dr. Wann am 30.April durch die Gerichtsvollzieherin persönlich ausgehändigt. „Höchststrafe“, wie man in juristischen Kreisen spottete.

 

OLG Hamm, Beschlüsse vom 10.02.2010 ( AZ I-8 U 195/08 und I-8 U 196/08)

„...Die Voraussetzung für die Verweigerung der Jahresturnierlizenz nach § 20 Ziff. 1 LPO lag nicht vor. Gem. § 20 Ziffer 1 LPO kann die Ausstellung der für die Teilnahme an Leistungsprüfungen erforderlichen FN-Jahresturnierlizenz nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Die Vorschrift selbst nennt als wichtigen Grund beispielhaft eine durch die FEI ausgesprochene Ordnungsmaßnahme oder einen Verstoß gegen die sportlich faire Haltung und die reiterliche Disziplin....“ Das OLG Hamm stellte jedoch fest, dass ein solcher wichtiger Grund hier nicht vorgelegen hat.

 

Nun geht es vor allem auch wieder darum, wer die erneuten Kosten übernimmt …

 

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