Totilas ist fit für die EM in Aachen |
Geschrieben von: Oliver Wehner/ "Die Rheinpfalz" |
Dienstag, 04. August 2015 um 14:58 |
Aachen. Nach vier Jahren reitet Matthias Rath wieder bei einem internationalen Championat, in Aachen bei der Europameisterschaft in der nächsten Woche auf Totilas.
Vier Jahre ist es her, dass Matthias Rath letztmals (und erstmals) ein internationales Championat mit Totilas ritt – es war, wie kommende Woche in Aachen, eine Europameisterschaft. Seitdem gab es Siege, viele verletzungsbedingte Rückschläge und noch mehr Diskussion um das „Projekt Dressur-Wunderpferd“. Die Medaillenmission geht Rath nun mit gesunder Demut, aber auch neuer Hoffnung an.
15-jährig ist Totilas nun, sein Reiter wurde am letzten Sonntag 31. „Wir sind beide älter geworden“, beantwortete Matthias Rath gestern in Aachen zunächst lachend die Frage, inwiefern sich beide seit der EM 2011 in Rotterdam verändert hätten. Doch der in den intensiven Jahren deutlich gereifte Kronberger ist niemand, der sich mit Unverbindlichkeiten aufhält. „Das eine oder andere hat sich geändert“, betont er – in einem Zeitraum, „in dem nicht immer alles funktioniert hat“. Zwischen den Zeilen heißt das wohl: Wir haben verstanden. „Manche Kritik war sachlich, andere nicht“, beteuert Rath, dass die Diskussionen um Reitweise und Haltung des Millionenpferdes niemals an ihm, seiner Familie Rath/Linsenhoff und Mitbesitzer Paul Schockemöhle abgeprallt seien. Und so verrät er: „Totilas darf auf die Weide oder auf das Paddock.“ Allein, wie das bei Hengsten so üblich ist, aber auch ohne Führstrick – also keine „Boxenhaft“ (mehr?), wie der häufige Vorwurf lautete.
Die lukrativen Deckeinsätze des auch als Vererber durchaus schon gefragten Gribaldi-Sohnes seien zudem ausgesetzt, um sich auf den Sport konzentrieren zu können. „Seit Anfang 2013 schon“, sagte Rath der RHEINPFALZ, „es tut ihm ganz gut, und es ist eine Sache weniger, wo etwas passieren kann“. Verletzungen durchkreuzten ja bereits so viele Pläne des Paares, das im Herbst 2010, nach dem Verkauf Totilas’ von Holland nach Deutschland, zusammen kam. Olympia, die EM in Herning, die WM in Caen – alles ohne das einstige „Wunderpferd“. Warum der niederländisch gezogene Rappe so verletzungsanfällig ist? Rath bemüht einen Vergleich, der angesichts der Landsmannschaft gar nicht abwegig ist. „Fragen Sie mal Arjen Robben, warum er so oft verletzt ist“, sagt er und antwortet selbst: „Sportler mit extremem Talent und Bewegungsabläufen sind vielleicht etwas anfälliger.“
Auf den letzten Drücker, bei der letzten Sichtung, hat sich der fite Totilas für die EM in Aachen qualifiziert: mit zwei Siegen in der kleinen CDI-Tour in Hagen. Mit der sagenhaften Piaffe-Passage-Tour und noch Fehlern in den fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung, von Reitern schlicht „Einer“ genannt. Die Prüfungssicherheit fehlte Totilas nach fast einjähriger Pause noch, weiß Rath, „aber beibringen muss ich ihm ja nichts mehr“. So oder so: Die deutsche Equipe, die am Donnerstag bei Monica Theodorescu in Sassenberg zum Kurztrainingslager einrückt, hat mit Totilas einen Garanten für Team-Gold mehr – und auch einen weiteren Medaillenkandidaten für die Einzelentscheidungen neben Desperados unter Kristina Bröring-Sprehe. Gibt es also einen Großangriff auf die Meisterin aller Klassen, die Britin Charlotte Dujardin mit dem Wallach Valegro? „Charlotte ist die hohe Favoritin“, betont Rath – und scheint ganz froh darüber zu sein, dass sein Hengst derzeit als tolles Pferd, aber eben nicht als Über-Pferd oder gar Wunderpferd wahrgenommen wird.
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