Hetzel-Auktion- der nicht vorhersehbare offen geführte Nervenkitzel um Gewinn oder Verlust Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 04. Dezember 2015 um 21:29

Stute Outstanding - Preisspitze der 11. Springpferde-Auktion von Holger Hetzel

(Foto: Maik Wallrafen)

 

Goch. Die 11. Springpferde-Auktion von Holger Hetzel in Goch endete mit einem bisherigen Rekordergebnis: Die 21 angebotenen Pferde wurden für 3.7 Millionen Euro abgegeben. Den Höchstpreis erzielte eine Stute, sie ging für 510.000 € an einen ukrainischen Besitzer.

 

 

Kurz vor 21.00 Uhr, 2. Dezember 2015, am Reitsport-Zentrum „Holger Hetzel“ in Goch. Ländliche Idylle, mehr ein Feldweg, heißt aber Buschstraße, Springpferde-Auktion im Anwesen Nummer 21. Fackeln und wundervolle Dekorationen von Thomas Dietz hin zum Eingang der Auktionshalle vermitteln ein durchaus heimeliges und Willkommens- Gefühl, nichts Aufgesetztes, nichts Gekünsteltes, ein Imbisswagen steht auch da. Der Ordner sagt zu seiner Kollegin: „Jetzt kommt wohl kaum noch jemand.“ Die umfunktionierte neue Reithalle ist propenvoll, die Tische weiß gedeckt, sämtliche Stühle besetzt, „Eventkoch“ Karl-Heinz Lehn hält seine Mannschaft auf Trab, die Gesprächsrunde zwischen Holger Hetzel (55) und Carsten Sostmeier und Vorstellung der einzelnen Auktionspferde ist beendet. Hetzels Mutter Erika sagt: „Man weiß ja nie, wie es ausgeht“, und greift sich ans Herz. Der Ausgang einer Auktion, egal wo, egal auf welchem Gebiet, birgt immer Risiken. Da hilft fast immer nur noch beten.

 

Nun schwingt Auktionator Volker Raulf den Dirigentenstab, nicht wie einst Karajan, bei ihm tut`s ein  ganz kleiner Hammer, aus dem früheren Medizinbesteck seines Onkels. Doch mit dem kleinen Hauer auf die Holzfläche seines Pults wechselt - egal wo und egal wofür - viel Geld die Besitzer. Auch er, der sonst so abgeklärte,  ist nervös. Neben ihm hocken Holger Hetzel und Chefbereiterin Christine Dorenkamp. Es wird ruhig. Volker Raulf sagt ins Mikrofon, tiefe Stimme, ganz wichtig und fast tragend: „Qualität trifft auf Experten. Und Experten sind Sie hier. Und für Qualität aus Vermögen und Perspektive hat mit untrüblichem Auge Holger Hetzel gesorgt.“ – Pause – „Guten Abend, sehr verehrte Damen und Herren.“

 

21 Pferde für 3,7 Millionen Euro weg

 

Gegen Mitternacht sind 21 Pferde versteigert, für 3.790.000 Euro, das ist Rekord bei den bisherigen Versteigerungen von Holger Hetzel, im „Schnitt“ brachte jedes Pferd 180.477 €. Der Schweizer ehemalige Championatsreiter Willi Melliger kommt nicht zum Zuge, auch nicht der niederländische Experte Emile Hendrix, und auch Deutschlands Allzweckwaffe des Reitsports, Michael Jung, nicht. Der Vielseitigkeits-Olympiasieger aus dem Schwabenland hielt vergeblich mehrmals das Programmheft zum Zeichen des Mitbietens hoch. 2012 ersteigerte ein Fonds aus Luxemburg den Bundeschampion Captain Sparrow als Springpferd für ihn, für den gerade erstmals im Pferdesport aufgelegten Fonds „Equi Future Champions“ (EFC)  und ihn als Turnierreiter war die Anlage von 330.000 Euro bisher überaus positiv, wie im Scheckheft der Platzierungen nachzulesen.

 

Zum Zuge für Kunden kam an diesem 2. Dezember 2015 zweimal der US-Amerikaner Chris Kappler. Der Mannschafts-Olympiasieger von Athen 2004, Dauergast der Hetzel-Auktionen und Freund des Hauses, ersteigerte für Kunden den französischen Wallach Flexible von Number One d`Iso (240.000 €) und außerdem die dunkelbraune Holsteiner Stute Cancara von Cassini I (90.000). Glücklich zog auch Ted Assenmacher (Köln) von dannen. Der Chef einer Werbeagentur ersteigerte für seine Tochter Joanna (20) die Schimmelstute Coco Lady mit Mecklenburger Brand für 40.000 Euro. Vor zwei Jahren hatte der Domstädter bei Hetzel für 180.000 € den braunen holländischen Hengst X-Factor erworben, inzwischen häufen sich die Angebote für den Braunen, „dass mir Leute bis auf die Toilette nachlaufen“, sagt Assenmacher, „doch das Pferd ist unverkäuflich.“ Joanna Assenmacher, die einmal in der Woche bei Holger Hetzel, gleichzeitig auch Coach des Landesverbandes Rheinland, in Goch trainiert, inzwischen auch in S-Springen hoch platziert, träumt davon, „irgendwann mal in Aachen beim CHIO von Deutschland zu starten“, so der Vater.

 

Zu Tränen gerührt war an diesem Abend eine schwedische Mutter von neun Kindern, nun erneut im siebten Monat schwanger, nachdem sie für 380.000 € den Zuschlag für den achtjährigen westfälischen Wallach The Rose von Arpeggio erhielt. Sie stieß mal  mehr oder minder per Zufall auf Holger Hetzel und die Auktionen, fuhr nach Goch und war begeistert von der offenen Atmopshäre, wo nichts im Verborgenen abläuft. Wer steigert, ist für jedermann sichtbar.

 

Das raffinierte Spiel des Herrn O.

 

Seiner Bedeutung als Geldbesitzer zeigte sich ganz offen Alexander Romanowytsch Onischenko (46), Unternehmer und Reiter. Der Präsident der ukrainischen nationalen Föderation mit Sitz im Regierungsparlament, der neben russisch auch deutsch, französisch und englisch zu parlieren weiß, stieg bei der braunen noch siebenjährigen Stute Outstanding von Chacco-Blue mit Blut von Heraldik, Contender und Cor de la Bryere erst bei 490.000 Euro ein, fast so, als hätte er gerade Langeweile. Als jemand wagte, gar auf 500.000 € zu erhöhen, senkte er nur wie ein römischer Caesar den Daumen, er schien der Bieterei überdrüssig. Alles schließlich vor allem Schau, Spielerei. Er ließ sich von Volker Raulf kitzeln, wollte die Aufmerksamkeit. Der  Auktionator winselte ebenfalls gekonnt wie ein Mime, bis Onischenko nochmals fast gönnerhaft die Hand hob. Für 510.000 € erhielt er natürlich den Zuschlag, wahrscheinlich wäre er noch höher gegangen. Einer wie er liebt eben auch das Spiel, das sich nur einer leisten kann, der es hat. Einem ondit-zufolge soll er durch Förderung von Erdöl und Gas täglich eine Million Euro einsacken können.

 

Ein ganz besonderes Weihnachtspräsent erhielt bereits im Advent der Schweizer Pferdemäzen Dr. Urs Mühlebach. Während der Herr Gemahl bei einer Weinprobe weilte, ersteigerte ihm seine Ehefrau für 350.000 € per Internet den fünfjährigen Fuchswallach Golden Future. Der Gemahl selbst wusste davon nichts...

 

Gegen 2 Uhr am Tag danach endete die Party. Das Schlusswort hatte der Hausherr. Holger Hetzel (55), alleiniger Risiko-Träger der Versteigerung, 32 mal für Deutschland im Sattel in einem Preis der Nationen, Sportler, aber auch Kaufmann: „Ich freue mich vor allem für mein ganzes Team, jeder war mit Herzblut und letzter Kraft dabei. Jeder gab das Letzte. Wie groß wäre vor allem auch für sie alle die Enttäuschung gewesen, wäre nicht ein solches Ergebnis herausgekommen. Da wäre doch nicht ich allein innerlich schwer getroffen gewesen, noch brutaler jeder von den Mitarbeitern, die seit Wochen alles für diesen einen Abend gaben. Ich kann nur Danke sagen.“

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>