Wegen der Pferdesteuer - Gnadenbrotpferde ab zum Schlachter... |
Geschrieben von: Oliver Wehner/ "Die Rheinpfalz"/ DL |
Sonntag, 13. März 2016 um 09:02 |
Ludwigshafen. Die Einführung einer Pferdesteuer vornehmlich in Hessen brachte bisher nur Verdruss – und weniger Einnahmen, wie Beispiele zeigen. Und dass nun auch Gnadenbrotpferde zu Opfern werden mit der Fahrt zum Schlachter, legt das ganze Dilemma noch mehr offen.
Als „normalem“ Menschen wird Ihnen der Name Frank Hix nichts sagen. „Pferdemenschen“ allerdings verspüren jetzt den Drang, mal herzhaft nach hinten auszutreten, um im Bild zu bleiben. Frank Hix ist der Bürgermeister des nordhessischen 8000-Einwohner-Städtchens Bad Sooden-Allendorf, das auf seine Initiative als erste Gemeinde in Deutschland 2013 gegen gewaltige Proteste die Pferdesteuer einführte – und damit auch erstmals eine eigentlich ja förderungswürdige Sportart besteuerte. Dass 2014 bereits die Einnahmen von 22.500 Euro angesichts einer tatsächlichen Verschuldung des Kurorts von 80 Millionen Euro läppisch anmuteten, unterstreicht das Wort „Bagatellsteuer“. Aber es ging dem geschickten Juristen Hix auch um Symbolik. Stichwort: Kommunaler Rettungsschirm des Landes Hessen, unter den Bad Sooden-Allendorf schlüpfen wollte. Da muss guter (Spar)-Wille gezeigt werden. Und so wurde Hix zum Vorreiter, auch wenn dieses Sprachbild hier deplatziert erscheinen mag.
Soviel zur Vorgeschichte. Seitdem köchelt das Thema bundesweit, hier und da ist auch der Deckel vom Topf geflogen. Und auch wieder drauf wie in Weißenborn (ebenfalls Hessen), wo der Beschluss gleich wieder „kassiert“ wurde, weil Aufwand und Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander standen. Überhaupt sprachen sich in großer Mehrzahl der bundesweiten Fälle – über 240 Mal – die Gemeinde- und Stadtpolitiker dort, wo die Pferdesteuer in den Räten ein Thema oder gar Beschlussvorlage wurde, dagegen aus. So im Herbst im westpfälzischen Enkenbach-Alsenborn. Dazu hatte auch die unaufgeregte, sachliche Aufklärungsarbeit der Pferdesportverbände Pfalz und Rheinland-Pfalz beigetragen. Nur in drei hessischen Kommunen wird die Pferdesteuer erhoben. Bisher.
Bagatellsteuer hin oder her, für die Betroffenen – damit sind sowohl Zwei-, als auch Vierbeiner gemeint – ist das keine Bagatelle. In Schlangenbad, wieder Hessen, ließen nun die Besitzer drei alte Pferde einschläfern – schweren Herzens. Aber angesichts der Kosten durch die Steuer – 200 Euro pro Tier im Jahr, „Gnadenbrotpferde“ nicht ausgenommen – schien es den Haltern finanziell nicht mehr möglich, den Pferden eine artgerechte Haltung zu bieten. In Bad Sooden-Allendorf traf es jetzt auch Menschen: Ein kleiner Pferdepensionsbetrieb wird derzeit abgewickelt, wie’s unschön heißt, vier Arbeitsplätze gehen verloren. Die Betreiberfamilie hatte anfangs die 200 Euro pro Pferd für ihre Kunden übernommen – aber dennoch wanderten viele Besitzer mit ihren Tieren sicherheitshalber ab, raus aus dem Gemeindegebiet. Im Mai schließt der Stall, zwei Jahre nachdem bereits ein Reitverein in Bad Sooden-Allendorf dicht machen musste, weil die Kosten der Steuer nicht auf die Reitschüler umzulegen waren.
Wer jetzt glaubt, der – fraglos kostenintensive – Pferdesport sei heute noch elitär, der überschätzt zahlenmäßig die Profiszene mit teuren Turnierpferden. 70 Prozent der Reiterinnen und Reiter sind unter 21 Jahre alt; 86 Prozent aller Pferde in diesem Land sind Freizeitpferde (Quelle: Deutsche Reiterliche Vereinigung/FN). Wir reden also vor allem von Breiten- und Jugendsport. Von den zu therapeutischen Zwecken vor allem bei Kindern eingesetzten Tieren mal ganz zu schweigen.
Für FN-Breitensportchef Thomas Ungruhe, zusammen mit Generalsekretär Soenke Lauterbach ein pointierter Vor(ort)kämpfer gegen die Steuer, zeigen die jüngsten Hiobsbotschaften, „wie unsinnig die Einführung der Pferdesteuer in Bad Sooden-Allendorf war. Das damit eingenommene Geld sollte die öffentlichen Kassen füllen, nun bewirkt die Steuer, dass Arbeitsplätze verloren gehen und Existenzen vernichtet werden“. Übrigens: Für 2016 rechnet die Stadt nur noch mit Steuereinnahmen von über 18.000 Euro. Allzu viele Pferde gibt’s hier eben nicht mehr. Das ging fix, Herr Hix. Wär’s nicht so traurig, der Amtsschimmel würde wiehern vor Lachen …
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