Das Geldkarusell brachte in Prag 2,7 Millionen für "Madrid In Motion" Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 16. Dezember 2018 um 20:11

Prag. Das Millionenspiel ist vorerst im Springsport zu Ende. Das Geld verteilt an Teams, über die kaum jemand etwas weiß und die auch nicht interessant erscheinen…eine Gefahr für den Springsport.

 

Zum letzten Mal drehte sich nun in Prag, wahrlich keine Stadt, von der man behaupten könnte, der Reitsport wäre dort zuhause, aber ein Milliardär, nämlich Petr Kellner. Und der hält eben den Eurokreisel ebenfalls auf der richtigen Drehzahl. Dessen Tochter Anna Kallnerova (22) reitet, nun auch in Kürze nach Eingewöhnung auf der Ausnahmestute Catch me if you can von Laura Klaphake, die Besitzer Paul Schockemöhle für einige Millionen an ihren Papa verkaufte. Kellner war der Hauptsponsor des  nun erstmals organisierten Super-Finals der Global Tour für Einzelreiter und Teams. Der Unternehmer, reichster Mann der Tschechoslowakei, hat das Team Prag Lions gesponsert für und mit der Tochter. Und wer eine Equipe gründet, hat zunächst einmal zwei Millionen Euro hinzulegen. 19 Mannschaften konnten auf die Tour geschickt werden. Erfinder des ganzen Unternehmens ist der Niederländer Johannes, Augustinus, Petrus Tops (57), Mannschafts-Europameister 1991 und Team-Olympiasieger 1992 in Barcelona. Er wohnt mit Ehefrau Edwina Alexander im Steuerparadies Monaco, zuletzt konnte er seinen Wohnsitzvertrag im Fürstentum um weitere 15 Jahre verlängern. Er hat`s eben. Nicht nur Zaster, auch Visionen.

Schon vor 2006 grübelte er über die Idee einer rein geldorientierten Tournee nach, denn ihm als ehemaligen Springreiter war stets bewusst, dass Geld die Kollegen in erster Linie anstachelt. So sagte auch schon vor Einführung des Springreiter-Weltcups Deutschlands Reiterheros Hans Günter Winkler, beim Geld schreie jeder Hurra...2006 also ging es los mit der Global Champions Tour, ab 2012 auch mit der Global Champions League für Mannschaften, deren Zusammensetzung die Öffentlichkeit nicht interessiert, sie starten ja nicht für eine Nation, eher schon für einen Unternehmer. Und dessen Name ist ebenfalls mehr als oft unbekannt, weil eben dieser Sponsor seinen ganz eigenen Interessen frönt, nämlich seinen Sohn oder Tochter im großen Konzert des Reitsports auftreten zu sehen. Geld spielt dabei keine Rolle.

Jan Tops einigte sich mit dem Weltverband (FEI), wobei er sicher leichteres Spiel hatte, denn FEI-Präsident Ingmar de Vos war mal Mitarbeiter beim Tops-Unternehmen. Somit waren Widerstände rasch ausgeräumt. Und die FEI kassiert ja mit ab, pro Turnier und nach Preisgeldhöhe gut und gerne zehn Prozent als Gebühr.

Von Anfang an ging es um die Teilnahmeberechtigung an den Global-Turnieren. Tops legte fest, die besten 30 der Weltrangliste haben automatisch Startrecht, andere können sich einkaufen. Einkaufen heißt nicht, die Startnummer bezahlen, dazu gehört ein größeres Paket, wie zum Beispiel ein VIP-Tisch, der kostete der Italienerin Jonella Ligresti bereits vor einigen Jahren in Valkenswaard 35.000 Euro, dafür durfte sie auch in Rahmenspringen mitreiten.

In Prag endete nun das diesjährige Millionenspiel, Tops-Gattin Edwina gewann den Super Grand Prix und ordentlich „Asche“, nämlich 313.333,34 Euro, und das Team „Madrid In Motion“ wurde in der Besetzung Marc Houtzager auf Calimero, Maikel van der Vleuten auf Verdi und Eduardo Alvarez Aznar auf Rokfeller Sieger der sogenannten Playoffs, dafür gab es schier unbegreifliche 2.743.040 Euro… Wurden 2018 35 Millionen an Preisgeld ausgeschüttet, so sollen die Prämien im nächsten Jahr auf 100 Millionen angehoben werden. Der Springreitersport steht am Scheideweg, viele haben das noch nicht begriffen. Und den Partner Pferd fragt auch niemand, welche Strapazen er erdulden muss. Interessant wäre auch mal zu vernehmen, ob Dopingproben bei der Global-Tour genommen wurden mit welchem Ergebnis? Und auch, warum zu den Turnieren außerhalb Europas im angemieteten Flieger auch eine verpflichtete Veterinärmannschaft mitreist. 

Jan Tops ist in erster Linie Unternehmer, Niederländer eben, er wird auf Olympia in Tokio 2020 keine Rücksicht nehmen – aber auch kaum die Springreiter. Jeweils ein nationaler Verband ist ebenfalls machtlos, er kann keinen Reiter zwingen, einen Vertrag zu unterschreiben, sich ganz auf Olympia zu konzentrieren – und auf die Global Tour mit höchstem Schwierigkeitsgrat und möglicherweise viel Geld zu verzichten. Verbände geben natürlich auch keine Startgarantie auf Olympia, zahlen auch keine Ausfallhonorere. Und da wird einem Reiter eben das Hemd näher sein als Olympia, schließlich ist er Unternehmer, also reist er zur Global Tour, wo ihm ja keine zusätzlichen Kosten entstehen, sollte er in der ersten Liga reiten.

Reitsportveranstaltern – bis auf ganz wenige Ausnahmen wie Aachen – bleibt inzwischen nur noch ein kleines Zeitfenster für ihre Turniere, nämlich die Frist von nun Dezember bis zum Frühjahr, dann geht nämlich der Tops-Zirkus wieder auf Tournee. Wer hernach Tops die Stirn bietet und mutig ein Turnier organisiert, dem müssten die entsprechenden nationalen Föderationen Tapferskeits-Orden verleihen.

 

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