EQUITANA – Erinnerung an die grandiose Idee eines Eierhändlers Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 04. Mai 2021 um 15:02

Wolf Kroeber in seinem Element

(Foto: Raimund Hesse)

Essen. Die weltgrößte Pferdemesse ohne Beispiel trotz vieler Gegenversuche feiert im nächsten Jahr in Essen ein Jubiläum, die verwirklichte Idee eines Eierhändlers aus dem Oldenburger Land wird 50 Jahre alt. Die EQUITANA hat bisher nicht an Attraktion verloren und feiert das Fest vom 7. bis 13. April 2022.

 

 

Zuerst war  Wolf Kröber, dann die Idee. Der Oldenburger Wolf Kröber war ein Besessener, ein Märchenerzähler, Sprücheklopfer, der seine Ziele selbstlos, leidenschaftlich, wahrlich nicht leise und am Ende  erfolgreich verfolgte. Und das Beste, was ihm jemals eingefallen war, das wurde zweifellos die „EQUITANA“.

Eine Pferdemesse schwebte ihm immer vor, erzählte er mal, doch wo, das sei die Frage gewesen. Die Messeveranstalter wie in Essen oder in Düsseldorf oder in Köln winkten jeweils leicht arrogant ab. Sie wollten keinen Pferdegeruch in den Hallen, vor allem nicht in Düsseldorf, wo sich die Modewelt traf. Und bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf hatte man auch auf einen wie ihn nicht gewartet. Aus der deutschen Reiterzentrale kam eher ein lautes Nein als ein zaghaftes Ja. „Dann“, so erzählte er ein paar Jahre später, „fuhr ich in Essen an der Messe vorbei, und da schlug bei mir der Blitz ein – ich hatte den Standort gefunden.“ Der Eierverkäufer aus dem Oldenburger Land stellte sein Auto ab und stand dann vor dem Messeprokuristen Walter Bruckmann. Der brach auch nicht gerade in Jubelschreie aus, aber er war überwältigt vom Feuer des dynamischen Wolf Kröber, wie der seine Idee vortrug. Und der frühere Reiter  Bruckmann ahnte etwas und machte sich schlau beim langjährigen Equipechef der deutschen Springreiter, Gustav Rolf Pfordte, einem Essener. Und der war sofort Feuer und Flamme.

Das Brandzeichen EQUITANA erfand er ebenfalls selbst, war zwar nichts für die Ohren der Menschen im Kohlenpott, aber hörte sich jedenfalls international an und ließ etwas vom Pferd vermuten, durch equus. Das Etikett klang mindestens irgendwie international, global.

Der Sohn eines Arztes aus Magdeburg, der Landwirtschaft studierte, Turnierrichter war, im Springen und in der Dressur antrat, leidenschaftlich auf die Jagd ging, hatte nun die Messe, den Standort, aber noch keine Aussteller. Er zog von da an mit der Werbetrommel über die Lande und Grenzen hinaus wie einst die Hausierer oder Scherenschleifer. Die Briten fingen als erste Feuer und sind seither immer dabei.

Friedrich Witte: „Danke Wolf Kröber...“

Die erste Equitana fand als kleine Fachausstellung Ende April 1972 statt. Wolf Kröber entfachte einen Geist, der alle ergriff und mitriss.Und er lief als Herold immer weiter und schneller rund um die Welt. Ihn hielt nichts mehr zurück. Er holte die einzelnen Verbände aus dem Ostblock,  was damals fast für undenkbar galt, Pferde aus der ehemaligen UdSSR, Polen und der DDR. Kröber mischte gekonnt Sport und Show, er gab jedem etwas. Er brachte jeweils andere Pferderassen in die Messehallen, organisierte Diskussionsforen mit Tierärzten, Schmieden, predigte selbst auf dem Roten Platz in Moskau, und er schickte aus allen möglichen Winkeln der Erde Reiterstaffeln sternförmig los in Richtung Essen  Der Pferdeversteher Monty Roberts trat auf wie deutsche Berufsreiter in einer sehenswerten Quadrille, Dr. Helmut präsentierte erstmals das „begehbare Pferd“, er zog den Dressurreitern den schwarzen Frack aus und schickte  beispielsweise Heidi und Jan Bemelmans in weinroten Jackets zur Show auf  ihren Pferden in die Arena der Hop Top Show. Kröber fielen immer wieder neue Ideen ein und setzte sie auch um. Er lebte für „seine“ Messe, er war die Equitana selbst. 1991 verkaufte er sie an die größte Messegesellschaft der Welt, er blieb nur noch der Zampano am Rande, mit der Weitergabe seiner Idee starb er selbst ein bisschen mit. Dazu kamen private Sorgen.

Am 6. März 1999, zwei Tage vor Eröffnung der Pferdemesse, erschoss er sich mit seinem Jagdgewehr. Friedrich Witte, damals Vize-Präsident der deutschen FN und von Anfang ein treuer und ehrlicher Wegbegleiter der „EQUITAN“, sagte in der Trauerrede u.a., die Erfolgsgeschichte der Messe wäre ohne ihn nicht möglich gewesen, er nannte ihn einen hochsensiblen, aber auch anstrengenden Partner. Er schloss mit den Worten: „Von allen Grenzen, die dem Menschen gesetzt sind, ist der Tod die endgültige. Das Lebenswerk von Wolf Kröber wird bleiben, solange wir in seinem Sinne dem Pferd verbunden sind. Heute beginnt die Equitana 1999 – Danke Wolf Kröber.“

Chefin der Equitana: Tina Uetz

Seit beinahe 25 Jahren ist Christina Uetz (51) das Herzstück der Pferdemesse.  Sie kennt sich aus in dem Gewerbe rund ums Pferd. Die gebürtige Bremerin studierte Betriebswirtschaft in Göttingen, sie ritt und werkelte nebenbei in jener Agentur, in der Paul Schockemöhle und Dr. Kaspar Funke mal Partner waren. Im Oktober 1996 erhielt sie einen Anruf von Dr.Werner Schade, dem damaligen Projektleiter für die Equitana innerhalb der britischen Messegesellschaft „Blenheim“, an die Kröber seine Idee verkauft hatte. Schade also fragte, ob sie keine Lust hätte, ein bisschen mitzuarbeiten. 1997 war Arbeitsanfang der Diplom-Betriebswirtin, zusammen mit Wolf Kröber. und der übertrug ihr gleich die Regie der Hop Top Show, ihre große Herzensangelegenheit seither, dazu erfand sie 1998 die Equitana Open Air auf der Neusser Galopprennbahn.

Die EQUITANA ist und bleibt wohl auch ein großes Geschäft für die jeweils rund 900 Aussteller. Die meist erwarteten etwa 200.000 Besucher lassen laut Befragung pro Person in den Messehallen im Durchschnitt 300 Euro, also wechseln an die 60 Millionen die Portemonnaies in den wenigen Tagen…

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Der FN-Verlag der Deutschen Reiterlichen Verreinigung (Warendorf) brachte 2013 das Buch „EQUITANA – Welt der Pferde“ heraus, Beleg für die Entstehung und Weiterentwicklung der Pferdemesse. Chefredakteur des aufwendigen Werkes mit vielen Fotos war Raimund Hesse, als Herausgeberin zeichnete Antje Kroeber. Das Vorwort schrieb Friedrich Witte, damals Vize-Präsident der FN und langjähriges Mitglied im Ausstellerbeirat der EQUITANA.

 

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