Angelika Trabert - zum fünften Mal bei Olympia Drucken
Geschrieben von: Alexandra Koch   
Samstag, 01. September 2012 um 10:13

 

London. Dr. Angelika Trabert ist seit Jahren eine feste Größe in der deutschen Dressur-Equipe bei Parameisterschaften wie nun bei den Paralympics in London – das fünfte Mal bei Olympia seit 1996…

 

 

Ohne Beine auf die Welt zu kommen, das würden sich die meisten von uns sicherlich schrecklich vorstellen. Für Dr. Angelika Trabert ist es die Normalität – und zwar eine, in der sie sich bestens zurechtfindet, wenn sie auch zugeben muss, dass man als Mensch mit Handicap dazu fähig sein muss, Hilfe anzunehmen. „Aber nur so viel wie nötig, so wenig wie möglich.“

„Sicherlich kann ich mein Leben genauso genießen wie jemand ohne Handicap, allerdings glaube ich, dass ich auch durch das Handicap manches bewusster erlebe und sich mir dadurch auch zusätzliche Möglichkeiten eröffnet haben. Ich glaube kaum, dass ich es ohne Handicap jemals bis in die Weltspitze der Reiterei geschafft hätte.“ Ihr Weg zum Reiten war allerdings nicht immer der einfachste: „Als ich mit dem Reiten beginnen wollte, war es für mich extrem schwierig, eine Möglichkeit zu finden. Jeder hatte eine Ausrede, sei es aus versicherungstechnischen Gründen, mangels passenden Pferden oder mangels passenden Reitlehrern. Hatte ich es dann doch dank meiner Sturheit in eine Reitstunde geschafft, so endete sie meist beim ersten Galopp im Sand, da ein "Durchgehen" dann die Regel war und ich mich nicht halten konnte. So hatte man mir sturem Kind „bewiesen“, dass es eben doch nicht geht.“ Immer wieder wollte Angelika Trabert deshalb in der Vergangenheit auch anderen Kindern mit Handicap etwas zurückgeben. Sie hat deshalb viele Reitstunden gegeben im Kuratorium für Therapeutisches Reiten und die Kleinen an die Pferde herangeführt.

Momentan ist ihr das nicht mehr möglich. Das Training für die Olympischen Spiele nahm einfach zu viel Zeit in Anspruch. Auch ihre Stelle als Anästhesistin hat sie kürzen können, arbeitet heute einige Stunden weniger in diesem Beruf, der ihr so wichtig ist, für den sie sogar auf humanitären Einsätzen in Afrika unterwegs ist.

 

Angelika Trabert im Viereck

(Fotos: Julia Rau)

Aber Olympia stand in den vergangenen Monaten über allem. Kein Wunder, denn es sind Angelikas fünfte Spiele – seit Atlanta 1996 war sie immer dabei. „Alle waren etwas Besonderes und alle hatten ihre Höhen, ihre Tiefen und ihre Besonderheiten. Eines ist klar, es ist eine emotional sehr intensive Zeit, die schön, aber auch anstrengend ist“, sagt sie.

Einige Medaillen konnte sie sammeln, Gold war leider noch nicht dabei. Doch sie zählt auf ihre Stute Ariva-Avanti, die für sie etwas ganz Besonderes ist: Kein Wunder, hat sie doch siebenjährig mit Angelika in Kentucky bei den Werltreiterspielen 2010 Gold gewonnen, als sie eigentlich nur als Ersatz für die verletzte Londria mitkam. „Ariva ist eine sehr starke Persönlichkeit. In der Box und zu Artgenossen ist sie nicht gerade freundlich und zuvorkommend. Doch in den letzten zwei Jahren hat sie viel Routine im Turniersport bekommen, was für eine Großveranstaltung wie London große Bedeutung hat. Im Viereck kämpft sie gemeinsam mit dem Reiter und ist immer mehr bei der Sache. Ich schätze sehr ihre Sensibilität, nur manchmal haben wir noch geringe Kommunikationsprobleme, aber daran arbeiten wir.“

Wie jedoch bereitet man solch ein Pferd der Extraklasse, das zudem aber immer noch sehr jung ist auf ein Großereignis vor? „Ich glaube die Kunst besteht darin, möglichst nicht viel für Ariva zu ändern, sondern sie auch weiterhin Pferd sein zu lassen, das heißt sie darf auch weiter auf die Weide oder wird mal laufen gelassen, wo sie dann auch "bocken" darf. Natürlich hat man manchmal Angst, dass sie sich dabei verletzen könnte, aber letztendlich kann sie das auch in der Box oder im Stall. Ansonsten versuchen wir sie viel mit auf unterschiedliche Turniere zu nehmen, damit dies so normal als möglich wird.“

Nicht dabei sein kann in London wohl ihr Freund. Wie sie ihn kennengelernt hat? „Ein weiteres "Hobby" ist die Hilfsorganisation MANGO, mit der ich schon ein paar Mal im westafrikanischen Guinea war, um kreative und innovative Narkosen mit minimalistischem Equipment zu machen. Eine Arbeit, die mir sehr viel Spaß macht und bei der ich auch meinen derzeitigen Freund kennengelernt habe. Leider können wir uns zurzeit nur selten sehen, da ein Visum für einen Besuch in Deutschland schwieriger zu bekommen ist als eine Audienz beim Papst. Internet ist in Guinea Glückssache, da oft der Strom für Tage ausfällt. Aber wir geben nicht auf, und ich versuche ihn telefonisch auf dem Laufenden zu halten…“ Man würde den beiden ein „Happy End“ wünschen, denn gerade im privaten Bereich hat Angelika Trabert schon einmal einen Schicksalsschlag erlitten, als ihr damaliger Freund 2005 bei einem Flugzeugabsturz mit einem Löschflugzeug in Frankreich ums Leben kam.

Entmutigen konnte sie diese harte Zeit aber nicht. Sie blickte damals wie heute nach vorne, auch wenn es manchmal schwer war. IhrLebensmotto seit vielenJahren: „It´s Ability, not Disability, that counts”.

 

 

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