Norbert Koof - die "13" war doch seine Glückszahl... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 12. September 2012 um 18:32

Norbert Koof auf Minister - damit begann eine große und doch auch kurze Karriere...

(Foto: Buch "Prominente Pferde" von Gerrit Wöckener)

 

Willich. Norbert Koof – vor 30 Jahren wurde er in Dublin Weltmeister der Springreiter, am 13. Juni 1982, er hatte die Startnummer 13 und ist am 13. September geboren – heute war ein 13. …

 

Dublin, 13.Juni 1982, Finale um die Springreiter-Weltmeisterschaft. Rotzfrech und jenseits jeder Aufregung mischte dort im altehrwürdigen Stadion mit einer Kulisse zum Niederknien ein junger Deutscher die Weltelite auf. Der letzte Durchgang, keine Stange war bisher gefallen auf der Reise mit dem eigenen und auch nicht nach dem vorgeschriebenen Pferdewechsel. Nun war  Norbert Koof  im Parcours  zum Triumph, auf Towerlands Anglezark des Briten Malcolm Pyrah. Vor sich die Dreifache Kombination. Die weiße Krawatte war aus dem Roten Rock gerutscht und flatterte ihm fast ins Gesicht, wie eine lästige Fliege. Und was macht Norbert Koof?  Er stopft den Binder ganz lässig zurück. Dann noch ein Satz - und er ist Weltmeister. Mit 26 Jahren der bis dahin jüngste Titelgewinner der WM-Historie seit 1953, ohne einen einzigen Abwurf, auf vier Pferden über insgesamt 32 Hürden hinweg, und nur sein Wallach Fire war ihm vertraut.

 

Der wuchtige und eckige Westfale, nicht gerade eine Schönheit,  hatte  das Final-Feld  frühzeitig aussortiert. Lediglich Norbert Koof dirigierte den  Fuchs fehlerlos über die Sprünge, ein Instinktreiter, der in dieser  Sternstunde seiner Karriere endlich  beweisen konnte, dass er zu den Großen zählt.  Alles ist längst nur noch Geschichte, der Moment, als beispielsweise sein Vater Günther den grünen Jägerhut auf dem Abreiteplatz leicht zurückschob,  ein morgens gefundenes kupfernes One-Pence-Stück aus der Jackentasche kramte und sagte: „Das hat Glück gebracht.“  Die „13“ ist sicherlich  die Glückszahl des Norbert Koof,  er hatte die Startnummer 13 in Dublin und wurde am 13. Juni 1982 Champion aller Springreiter. An diesem Donnerstag, dem 13. September, wird er 57.

 

Alles fing auf ländlichen Turnieren an, er  hatte nie einen  Trainer mit großem Namen. Erst als er aufstieg in der Hierarchie „trainierte ich beispielsweise beim späteren Bundestrainer Herbert Meyer“.

 

In der Vereinschronik von Willich-Anrath steht zu lesen: „Seine sportliche Laufbahn begann im Jahre 1968 mit dem Pferd Rex. Mit den Pferden Burda und Sirius erzielte er schon beachtliche Erfolge. Vom ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Franz Meyers, kaufte sein Vater das Pferd Minister.“ Das ist nicht ganz die Wahrheit. Den Wallach  verkaufte der früher überall bekannte Pferdehändler Hans Berenz aus Aachen, und der hatte das Pferd zum Verscherbeln erhalten, weil nämlich der damalige NRW-Ministerpräsident  Franz Meyers von diesem Pferd heruntergefallen war. „Hänschen“ Berenz war es dann auch, der den Frühling-Nachkommen in Minister „umtaufte“.

 

Auf dem Dunkelfuchs  begann der steile Aufstieg des 16-Jährigen „landwirtschaftlichen Gehilfen“, beide lernten voneinander. 1972 wurde er rheinischer Juniorenmeister, ein Jahr später gewann er Bronze bei der Europameisterschaft mit der Equipe und in der Einzelwertung, 1977 wurde er hinter Hendrik Snoek in Berlin deutscher Vizemeister, ritt danach erstmals in der deutschen Senioren-Equipe bei der Europameisterschaft in Wien und kehrte mit Bronze an den Niederrhein zurück.

 

Nach Minister kam Fire in den alten Vierkanthof an der Haus-Broicher-Straße, fünf Jahre alt, gekauft praktisch in der Nachbarschaft für 60.000 Mark, ein Riese von 1,83 m Stockmaß, sensibel und sprunggewaltig, aber auch verletzungsanfällig. Er erhielt eine Spezialbox, größer als normal, an einer Ecke im Stall wie an einem Verkehrsknotenpunkt, dass er alles übersehen konnte. Mit Fire gehörte Norbert Koof zum festen Bestandteil der deutschen Equipe, in der damals Gerd Wiltfang auf Roman, Paul Schockemöhle auf Deister und Peter Luther auf Livius ritten. Diese Mannschaft hält auch den heutigen Vergleichen in allen Punkten stand. Paul Schockemöhle sagt: „Eine wirklich großartige Equipe, ich kenne keine bessere.“ Sie wurde in München 1981 Europameister – 1982 Vize-Weltmeister hinter Frankreich.

 

Amerikaner wollten unmittelbar danach noch in München für Fire 800.000 Mark anlegen, doch Günther Koof lehnte ab. Und dann kam Dublin. Fire trug seinen Reiter zunächst zu Team-Silber und dann zur Einzel-Weltmeisterschaft, er ließ den Franzosen Michel Robert, Malcolm Pyrah und den Iren Gerry Mullins auf seinem Rücken regelrecht „verhungern“.

 

Zuhause grüßte ab dem Tag nach Dublin ganz Willich „unseren Weltmeister“. Spruchbänder und Girlanden zierten die Haus-Broicher-Straße.  Rund 600 Briefe, Telegramme  und Karten schleppte der Postbote in den Bungalow der Koofs, der Bischof von Aachen schrieb einen Gruß, und aus dem entlegenen brasilianischen Busch kam Post vom Onkel, dem Missionar, der vom Triumph seines Neffen aus irgendeiner Zeitung des Landes erfahren hatte.

 

Dublin wurde zum letzten großen Auftritt von Fire. Krankheitsbedingt mit Problemen an Knochen und Sehnen kehrte er nie mehr in den großen Sport zurück. Und auch Norbert Koof fand keinen Nachfolger für Fire, der bis zum Ende sein Gnadenbrot auf dem Hof erhielt. Koof: „Ich hatte nach Minister nur ein Spitzenpferd, nämlich Fire.“

 

… und dann der 24. Februar 1994

 

Widerwillen geriet Norbert Koof in andere Schlagzeilen, die keiner braucht.  24.Februar 1994. Über Willich-Anrath kreist ein Rettungs-Hubschrauber. Eine Nachbarin sagt: „Ich wusste, da ist etwas Schlimmes passiert.“ Seit jenem Tag ist Norbert Koof querschnittgelähmt. Er ritt in seiner Halle ein junges Pferd, fiel nach einem Sprung aus dem Sattel, „ich schlug ganz verdreht auf dem Boden auf. Ein Sturz, wie er immer passieren kann“. Nur, er konnte nicht mehr aufstehen. Aber sprechen. Er orderte noch selbst den Helikopter und wurde in die Unfallklinik nach Duisburg geflogen. Dort stellten die Ärzte zwar keinen Bruch der Wirbelsäule, aber eine Stauchung des siebten Halswirbels fest. Der dadurch entstandene Bluterguss drückte auf den Nervenstrang und unterbrach so die Verbindung zwischen der Befehlszentrale Hirn und Gliedmaßen. Anfangs vermochte er nur die Augen zu bewegen, „ich stierte stundenlang an die Decke“. Nach fünf Monaten kam er nach Hause. Zwei Tage danach wurde Tochter Sabrina geboren.

 

Norbert Koof in Pferdehandel und  Sportbetrieb weiter dabei

(Foto: Kalle Frieler)

 

Norbert Koof hat sich nie hängen lassen,  nie resigniert. Er war immer auch hart gegen sich selbst. Er quälte sich nach der Krankenhausentlassung erstmals bei Therapeuten, heute immer noch mehrmals in der Woche. Inzwischen steuert er ein Spezialauto, hat einen motorisierten Rollstuhl, die Wohnung und der Stallbereich wurden entsprechend umgebaut. Wer ihn trifft, merkt erst beim zweiten Blick, dass er im Rollstuhl sitzt. Norbert Koof ist positiv eingestellt, „es hätte noch schlimmer kommen können“, sagt er.

 

Für sich, der als Reiter so stark war, dass er auch mit einer Kuh einen Parcours hätte springen können, hat er diese Devise ausgearbeitet: „Lebe jeden Tag intensiv. Blicke nicht zurück auf Vergangenes, nur vorwärts.“ Und er sagt:  „Man muss immer positiv denken, das Leben nehmen wie es ist – man hat nur eines.“

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>