Daniel Deußers Traum: Einmal ein Championat für Deutschland reiten... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Montag, 10. Juni 2013 um 14:07

 

Daniel Deußer auf Cornet d`Amour nach Sieg im Grand Prix von Wellington

(Foto: Sportfot)

 

Brüssel. Der Vater ritt, die beiden Onkel, die Mutter – aber Daniel Deußer wurde der Beste und Größte der Familie aus dem Hessenort Hünfelden-Kirberg, nun in Balve am letzten Sonntag erstmals Deutscher Meister der Springreiter. Er war besessen von seinem Sport, wie sich sein Entdecker Siegfried Herröder noch gut erinnert…

 


Er ist längst anerkannt wegen seines Talents, wegen seines sauberen Charakters, wegen seines Könnens, Bundestrainer Otto Becker mag ihn, und auch der Springreiter-Leithammel Ludger Beerbaum zollt ihm nur Lob. Das ist jeweils mehr als das übliche Schulterklopfen für Daniel Deußer (31), doch der neue deutsche Meister will ganz nach oben.

 

Der Hesse Daniel Deußer aus Hünfelden ist nun mal „nur“ Springreiter, kein Reitstallbesitzer und schon gar kein eigener Sponsor oder Mäzen. Sein Wunsch: „Einmal ein Championat für Deutschland reiten…“ Sein anderer Wunsch, einmal einen Pferdebesitzer zu haben, „der für mich ein Pferd hält – und nicht verkauft.“

 

Er wohnt inzwischen mit der belgischen Lebensgefährtin Caroline Wauters in Mechelen, 25 km vom Arbeitsplatz entfernt. Der Tag hat zwölf Arbeitsstunden. Sechseinhalb Jahre arbeite er im Verkaufsstall des Erfinders der Global Champions Tour und Team-Olympiasiegers von 1992 in Barcelona, Jan Tops, im niederländischen Valkenswaard. Am 30. April 2012 beendete er den Kontrakt mit Tops und wechselte in den Stall „Stephex“ von Stephan Conter in die Nähe von Brüssel. In Valkenswaard war er zuletzt nur noch die Nummer zwei hinter der ebenfalls zur Weltelite zählenden  Tops-Ehefrau Edwina Alexander aus Australien, bei Stephex ist er die Nummer 1. Deußer war wahrlich kein schwächerer Springreiter, doch eben in schwächerer Position im Stall. Das wusste er, und so sagte er  Jan Tops ganz ehrlich, sollte er die Möglichkeit haben zum Aufbau eines eigenen Stalles oder eine bessere Möglichkeit zum Weiterkommen, werde er diese Chance ergreifen. Tops (52) muffelte zwar herum, wollte Deußer halten, doch der ging.

 

Dieser Schritt war für ihn als Sportler fast so lebenswichtig wie das Atmen. Innerhalb erinnerbarer großer Turniere in letzter Zeit wurden ihm Lorbeerkränze en masse gewunden. In Calgary im September vergangenen Jahres beim 5-Sterne-CSIO von Kanada drehte er auf  Cornet d`Amour als einziger im Preis der Nationen mit bekannt höchstem Schwierigkeitsgrad zwei fehlerfreie Runden, im März diesen Jahres im Rahmen des Winterfestivals in Florida ging der Schimmel-Wallach beim CSIO der USA im Preis der Nationen ebenfalls ohne Abwurf,  wenige Tage später siegte er in Wellington im mit umgerechnet 230.000 Euro dotierten 5-Sterne-Grand Prix, Mitte Mai in Hamburg belegte er hinter Christian Ahlmann auf Codex One in der Konkurrenz der höchstdotierten Serie  Global Champions Tour den zweiten Platz, beim römischen CSIO im Park der Villa Borghese von Rom ging Cornet d`Amour im Preis der Nationen – zweiter Rang der Superliga – ebenfalls ohne Makel, und nun folgte in Balve für dieses Paar die fast logische Krönung: Meisterschärpe - ohne einen einzigen Abwurf nach Stechen gegen einen wahrlich nicht Unbekannten, den Vize-Europameister, Mannschafts-Weltmeister und zweimaligen Derbygewinner Carsten-Otto Nagel auf Corradina. Am nächsten Tag meinte er: „Ich fand es schade um Rolf Moormann, der drehte auch bis zum Stechen mit Acorte fehlerlose Runden – am Ende war er Vierter und hatte nichts. Das ist grausam.“

 

Der wahre Entdecker von Deußer ist Siegfried Herröder (Büttelborn), der hat ihn weitergereicht an Franke Sloothaak, „bei ihm habe ich das dressurmäßige Ausbilden von Springpferden erlernt.“ Von ihm habe er auch Geduld mitgenommen, Gelassenheit, „Franke bleibt immer ruhig.“  Sloothaak, Doppel-Weltmeister von 1994, zweimal Team-Olympiasieger, kam nach seinem Umzug von Holland nach Deutschland zu Alwin Schockemöhle nach Mühlen, und der war wiederum – wie früher alle Springreiter - fit auch in der Dressur, „weil eben ein Springpferd ebenfalls immer unter Kontrolle des Reiters sein soll“ (Daniel Deußer). Siggi Herröder über seinen ehemaligen Schüler: „Top-Charakter, fleißig, der hat nie nach Freizeit gefragt, der wollte nur reiten, reiten, reiten.“

 

Bei Franke Sloothaak war Deußer, der mit Pferden aufwuchs und nach dem Einjährigen im Gymnasium den Beruf eines Reiters ergriff, viereinhalb Jahre, „eine Superzeit“, sagt er. Von ihm habe er unglaublich viel abschauen können, „von ihm lernte ich, dass man mit Pferden nicht sprechen kann, aber kommunizieren. Man glaubt ja gar nicht, auf welche wunderbare Weise man sich mit Pferden auf eine ganz andere Art dennoch unterhalten kann.“ Er wurde in der Sloothaak-Zeit Zehnter der Deutschen Meisterschaft und durfte erstmals in Aachen starten beim CHIO, „ich war selig“.

 

Über Siggi Herröder wiederum lief die Verbindung zu  Jan Tops, der einen neuen Bereiter suchte, nachdem der jetzige Europameister Rolf-Göran Bengtsson aus Schweden den Job in Valkenswaard geschmissen hatte und auch der Schweizer und spätere Olympiasieger Steve Guerdat gegangen war. Franke Sloothaak habe damals gesagt, wenn er in seinem Alter wäre, würde er die Chance auch ergreifen…So ging Daniel Deußer nach Valkenswaard, er sagt, er habe den Schritt nie bereut, „denn ich hatte bei Jan gute und auch genügend Pferde zu reiten, hatte einen guten Job, konnte auf Super-Turniere fahren wie die Global Champions Tour“, doch eines blieb auch: „Ich möchte einmal für Deutschland ein Championat reiten.“

 

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