Britta Näpel - Leben mit Behinderung, Pferden, Hunden und einem Fuchs... Drucken
Geschrieben von: Alexandra Koch   
Freitag, 26. Juli 2013 um 10:29

 

Wonsheim/ Rheinhessen. Die Weinbaugemeinde Wonsheim in Rheinhessen nennt als Persönlichkeiten des Ortes den früheren Pfarrer und  Schriftsteller Heinrich Bechtolsheimer und die Parareiterin Britta Näpel. Die Medaillengewinnerin von London 2012 gehört auch jetzt wieder zur deutschen Equipe bei den anstehenden Europameisterschaften im August im dänischen Herning.

 

Wenn Britta Näpel (47) von ihrem „Peter Fox“ spricht, dann sprudelt aus ihr die volle Begeisterung einer Tierfreundin heraus. Peter Fox, das ist ein zahmer Fuchs, den sie vor zwei Jahren bei sich aufgenommen hat. „Bei uns an der Reithalle lagert das Stroh auf Eisenbahnschwellen, damit Luft drankommt. Doch  darunter setzt seit ein paar Jahren eine Fähe ihre Welpen. Da ich aber leider auch das Stroh für die Pferde brauche, dachte die Füchsin wohl, alles würde zusammenfallen und hat die ihre Kinder rausgeschleppt – aber eines anscheinend vergessen.“ Der zwei Tage alte junge Fuchs wurde mit der Flasche großgezogen, Britta Näpel kaufte eine 14 Tage ältere Labradorhündin dazu, also im Prinzip wie Cap und Capper, der Fuchs meint, er sei ein Hund, „und da er nie als Fuchs lebte, konnten wir ihn nicht mehr auswildern, deshalb ließen wir ihn beim Hunderudel, das ihn voll akzeptiert. Er ist kastriert und gechipt und wird wie ein Hund entwurmt und geimpft. Er frisst Hundefutter und je nach Jahreszeit auch Aprikosen, Äpfel, Erdbeeren.“

Buntes Treiben also im Stall von Britta Näpel, wo neben Fuchs und Hunden natürlich auch noch diverse Pferde auf ihr Futter warten. Eines davon ist nun auch wieder Aquilina, jene Erfolgsstute, mit der Britta Näpel in London drei Mal Silber holen konnte. Eigentlich sollten ihre Wege sich nach den Paralympischen Spielen trennen. „Frau Weiß, die Besitzerin,  ging auf die Angebote, das Pferd zu verkaufen, nicht ein. Dafür habe ich auch Verständnis,  schließlich ist die Stute selbst gezüchtet  und ein Familienmitglied.“

Sie habe gehofft, durch ein anderes Pferd, welches man ihr zur Vrefügung stellte, Aquilina ersetzen zu können, „allerdings ging Bully immer wieder mal unsauber. Und bei der Röntgenuntersuchung wurde ein Chip im Gelenk festgestellt, und damit war die Karriere leider beendet.“

Völlig frustriert rief sie Birgit Weiß an und fragte sie, ob sie Aquilina nochmals reiten könnte, sie erhielt sofort eine Zusage, „da sind mir vor Erleichterung die Tränen gekommen!“

Seit Kentucky voll akzeptiert

Die Qualifikation für die Europameisterschaften brachte Britta Näpel erfolgreich hinter sich, der Verband nominierte sie nun auch wie erwartet mit Aquilina  für das Team. „Ich freue mich auf jede Meisterschaft, aber alles hat zusätzlich ein besonderes Flair, wenn wir mit den anderen Disziplinen dabei sind, wie nun bei der EM mit den Spring- und Dressurreitern. Seit den Weltreiterspielen 2010 in Kentucky in den USA werden wir voll akzeptiert, das ist natürlich ein tolles Gefühl und macht stolz!“

Warum ist es eigentlich so schwer für Para-Dressurreiter, ein Pferd zu finden und behalten zu können? Britta Näpel lacht und sagt ein wenig ironisch: „Es ist eigentlich überhaupt nicht schwer das passende Pferd zu finden, wenn man denn welche angeboten bekommen würde!! Im Prinzip brauchen sie nur einen guten Schritt und Trab und sollten bis Klasse L ausgebildet sein - ich habe keine Probleme damit, dem Pferd den Rest schon selber beizubringen. Wir haben an die Züchter und Zuchtverbände über die FN einen Rundruf gestartet, um sich nach was Geeignetem für mich umzusehen, aber es hat sich enttäuschenderweise bislang keiner gemeldet. Das macht mich irgendwie schon traurig… Aber vielleicht stellt mir ja doch noch jemand ein Pferd zur Verfügung, die Hoffnung gebe ich nicht auf!“

Dass Britta Näpel reiten kann, hat sie hinlänglich bewiesen. Nicht zuletzt spricht die Goldmedaille im Einzel von Hongkong 2008 mit Cherubin dafür, als sie wahrlich über sich hinauswachsen konnte im fernen Asien.

Vergiftet durch Pflanzenschutzmittel

Nachdem Britta Näpel Ende der 90er Jahre als angehende Pferdewirtin eine Vergiftung mit Pflanzenschutzmitteln davontrug, leidet sie unter spastischen Lähmungen, die einen normalen „Alltag“ nicht mehr zulassen: „Es gibt bei mir keine normalen Tage, das ist Wunschdenken. Ich versuche morgens meine Pferde zu arbeiten, organisiere für den Betrieb das Futter, fahre Heu und Stroh in den Stall, ziehe mit dem Bahnplaner den Hallenboden ab, mittags beginnt bei uns in der Halle die Therapie. Für mich fängt dann die Schreibtischarbeit an, Rechnungen überweisen, meine Tiere daheim versorgen, danach manchmal noch Reitunterricht geben oder selber zum Training fahren zu Uta Gräf,  die Freizeit besteht aus Hundeausbildung und Jagd.“

Körper führt Signale nicht mehr aus

Die Lebensfreude konnte der Unfall Britta Näpel nicht nehmen, wohl aber musste sie ihren Körper ganz neu kennenlernen. „Es war für mich in erster Linie schwierig, mein verändertes Reitgefühl zu akzeptieren: Der Kopf weiß, wie die Hilfen zu geben sind - aber der Körper führt diese Signale nicht mehr aus - echt frustrierend!! Mein so schön sensibel gerittenes Pony ging nur noch seitwärts, weil es nicht verstand, was ich von ihm wollte.... Ich habe damals schon die ein oder andere Träne verdrückt und musste mich entscheiden: Entweder aufhören oder Zähne zusammen beißen, nach Lösungen suchen und weitermachen!!! Ich glaube der große Vorteil war, dass ich vorher wusste, wie sich das Reiten anfühlt und deshalb habe ich mich mit meiner langjährigen Erfahrung, in der ich unzählig viele Pferde geritten und angeritten habe, ziemlich schnell im Parasport zurechtgefunden.“

Mal trainieren bei Ingrid Klimke…

Manchmal ist sie nach wie vor niedergeschlagen, vor allem deshalb, dass die Sponsorensituation in ihrem Sport immer noch alles andere als rosig aussieht… Auch wenn sich sonst durch die Akzeptanz seitens des Weltverbandes, FEI, im Parasport vieles zum Besseren gewandelt hat. „Wir Parareiter lieben unsere Pferde und tun alles für sie, wir reiten nach der klassischen Ausbildungsskala und sind bestrebt, das Pferd bei jeder Reiteinheit schöner und harmonischer werden zu lassen. Wir brauchen die Hilfe und das Vertrauen der Züchter und Sponsoren, dass wir alles zum Wohle des Tieres machen. Den Ehrgeiz, vorne mitzumischen, haben wir selber - bitte helft uns bei der Pferdesuche, damit  Deutschland im Parasport nach wie mitreden kann!“

Den Wunsch, bessere Sponsoren zu finden, würde man der ehrgeizigen, aber immer fröhlichen Frau nur zu gern erfüllen. Aber wenn sie sich einfach mal ganz persönlich etwas wünschen dürfte, gerne auch etwas Verrücktes, was würde das wohl sein? „Ich würde saugern mal auf einem Pferd Einer-Wechsel reiten und Training bei Ingrid Klimke haben, denn die ist -  neben Uta Gräf - mein großes Vorbild, weil sie in allen Sätteln gerecht ist!“

 

 

 

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