Leistungen erbracht - dem Verband nicht gut genug in Austria Drucken
Geschrieben von: Leopold Pingitzer/ DL   
Sonntag, 04. September 2022 um 17:00

 

Lara Krejcerik holte Bronze bei den Weltmeisterschaften für Junge Fahrpferde in Ungarn bei den Fünfjährigen - ihre Leistung fand jedoch bei den Verbandsoberen der Austria-Föderation im Hinblick auf die WM in Frankreich kein Echo...

(Foto: privat)

Wien. In Österreichs Fahrsport-Szene herrscht helle Aufregung: Trotz internationaler Top-Leistungen und Medaillenchancen hat der OEPS keine Mannschaft für die bevorstehende Einspänner-WM in Frankreich nominiert – Fahrsport-Insider sind entsetzt und erschüttert. Ein Kommentar von Leo Pingitzer in ProSport.At.

„Es ist in den letzten Jahren schon viel passiert, aber einen solchen Affront gegenüber den heimischen FahrsportlerInnen hat es noch nie gegeben", das sagt kein Geringerer als Josef ,Pepi' Leibetseder, ein Urgestein der heimischen Fahrsportszene, international erfolgreicher Turnierfahrer, langjähriger Ausbilder und Turnierveranstalter und Bundesreferent für Fahren von 2019 bis 2022. Was ihn – der kürzlich vom OEPS-Präsidium als Fahrreferent abberufen wurde – so erzürnt, ist die für ihn und viele andere völlig unverständliche Vorgangsweise des OEPS rund um die Nominierungen für die bevorstehende Einspänner-WM im französischen Le Pin au Haras von 15.–18. Sep. 2022.

Dort wird nur ein einziger Fahrer Österreichs Farben vertreten, nämlich Alexander Bösch mit seinem Pferd Finesse – und das, obwohl Österreich aktuell in der glücklichen Lage wäre, gleich mehrere Top-Einspänner-FahrerInnen zur Verfügung zu haben und spielend eine komplette Mannschaft entsenden zu können. Diese hätte nach Meinung vieler Insider nicht nur gute Aussichten auf eine vordere Platzierung, sondern sogar reelle Medaillenchancen, wenn alles gut läuft. Kaum zu glauben – aber so ist es: Im Zweifel entscheidet der OEPS lieber gegen den Fahrsport und gegen die Fahrsportler. Und das bringt nicht nur Pepi Leibetseder, sondern auch viele andere in der heimischen Fahrsport-Community auf die Palme.

Betroffen von der schwer nachvollziehbaren OEPS-Entscheidung sind insbesondere drei junge, vielversprechende Fahrsport-Talente, die in den letzten Jahren ihre internationale Klasse vielfach unter Beweis gestellt haben und die ihre gesamte Saisonplanung auf die Einspänner-WM 2022 ausgerichtet hatten: nämlich der 25-jährige Vinzenz Dobretsberger, die 31 Jahre alte Lara Krejcerik sowie die 25-jährige Martina Reingruber, allesamt Mitglieder des aktuellen A-Kaders Fahren Einspänner. Sie alle waren heuer nicht nur top-motiviert, sondern auch höchst erfolgreich unterwegs – und bis vor wenigen Tagen auch zuversichtlich, die Qualifikationskriterien des OEPS erfüllen und Österreich bei der Einspänner-WM vertreten zu können.

Was man dabei jedoch wissen muss: Die OEPS-Kaderkriterien sind hinsichtlich Championats-Teilnahmen besonders streng – strenger als die internationalen FEI-Kriterien für eine WM-Teilnahme, die alle drei locker erfüllt haben. Doch der OEPS verlangt deutlich mehr – nämlich u.a. eine Dressurleistung unter 58 Punkten (FEI: 65 Punkte), drei beendete internationale Drei-Stern-Turniere (FEI: 2) sowie eine Teilnahme bei den Einspänner-Staatsmeisterschaften etc. Und genau auf diese sehr strengen Kriterien beruft sich nun der OEPS: Die drei WM-Aspiranten hätten diese eben nicht auf Punkt und Beistrich erfüllt – und würden daher nicht nominiert, basta.

Um das nur an einem konkreten Beispiel zu illustrieren: Vinzenz Dobretsberger legte zwar eine höchst erfolgreiche Fahrsaison 2022 hin – mit je einem zweiten Rang beim CAI3* Kladrub (20.–24.4.2022) und beim CAI3* Szilvasvarad (14.–17.7.2022) sowie weitere Top-Platzierungen (u.a. Platz 1 beim CAI3* Altenfelden, 16.–19.6.2022), doch bei der Staatsmeisterschaft Fahren in St. Margarethen (4.–6.6.2022) fiel er leider nach ausgezeichneter Dressurleistung durch Fehler im Marathon aus – womit er die formellen OEPS-Kriterien nicht erfüllte und auch sämtliche anderen internationalen Erfolge gleichsam in den Orkus wanderten ...

Bei den beiden anderen Fahrerinnen Lara Krejcerik und Martina Reingruber verhält es sich ganz ähnlich – auch sie sorgten mehrfach für internationale Spitzenplatzierungen und sogar für Siege (Martina Reingruber holte Platz 1 beim CAI3* Szilvasvarad – Lara Krejcerik wurde Vize-Staatsmeisterin in St. Margarethen und holte Top-Platzierungen bei zwei weiteren CAI3*-Turnieren), doch fand sich im Kleingedruckten der OEPS-Kaderkriterien stets irgendwo ein nicht erfülltes Pünktchen, das alle anderen Erfolge zunichtemachte und aus OEPS-Sicht eine Nominierung nicht zuließ. Ja, manchmal ist der OEPS eben streng ...

Manchmal – aber eben nicht immer. Denn wie das führende heimische Fahrsport-Portal Hippoevent.at in einem lesenswerten Artikel anmerkte, wurde Daniel Schneiders für die heuer ebenfalls bevorstehende Vierspänner-WM in Italien nominiert – ohne aber die eigentlich vorgeschriebene Teilnahme an der Staatsmeisterschaft vorweisen zu können. Hier drückte der OEPS also ein Auge zu – doch im Falle der Einspänner-WM war er dazu nicht bereit. Er hätte es selbstverständlich gekonnt, steht doch in den Kaderkriterien der wunderschöne Satz: „Der/Die SportdirektorIn oder dessen VertreterIn und das Referat behalten sich vor, Personen in den Kader zu berufen oder Kaderanträge abzulehnen." Mit anderen Worten: Wir nominieren, wen wir wollen – Kaderkriterien hin oder her! Und genau das ist hier auch gemacht worden.

„Völlige Missachtung der sportlichen Leistungen!"

Für Pepi Leibetseder – und er spricht da wohl vielen aus der Seele – ist das Vorgehen des OEPS völlig unbegreiflich, und man merkt, wie sehr es ihm ans Herz geht: „Ich kann das gar nicht in Worte fassen – es ist mehr als eine Frechheit, es ist eine völlige Missachtung der sportlichen Leistungen und ein Affront gegenüber den FahrerInnen, wie ich ihn noch nie erlebt habe und wie er mir in meiner ganzen Karriere auch niemals begegnet ist. Da hat Österreich einen Fahrsport-Nachwuchs, um den uns die halbe Welt beneidet und der absolut realistische Chancen auf eine Top-Platzierung bei der WM, mit ein wenig Glück sogar auf eine Team-Medaille gehabt hätte – und man nominiert sie einfach nicht, weil irgendwo ein Hakerl gefehlt hat? In keiner anderen Fahrsport-Nation wäre so etwas auch nur vorstellbar – das gibt's wirklich nur im OEPS!"

Er habe selbst darum gekämpft, die überstrengen und nicht immer ganz nachvollziehbaren Kaderkriterien anzupassen – was aber stets abgeschmettert wurde. Er habe auch bei mehreren Direktoriumsmitgliedern und sogar bei Präsidentin Elisabeth Max-Theurer geradezu flehentlich um eine Korrektur dieser Entscheidung gebeten, doch alles vergeblich: „Mich geht's ja eigentlich nichts mehr an, aber so kann man nicht mit jungen, tollen FahrerInnen umgehen – wir verlieren sie für den Sport! Anstatt sie zu motivieren und zu fördern, werden sie demotiviert und verärgert – das kann's nicht sein, und dafür sollte man sich im OEPS wirklich schämen. Vom Aufwand, den sie alle für die Qualifikation betrieben haben, will ich gar nicht reden – sie hätten sich die Teilnahme sportlich hundertmal verdient und wären auch eine Motivation für andere gewesen. So macht man den Fahrsport in Österreich kaputt."

Wie sehr sich der OEPS mit der Nicht-Nominierung eines Teams für die Einspänner-WM geschadet und blamiert hat, zeigt nicht zuletzt die gerade laufende WM für junge Fahrpferde im ungarischen Szilvasvarad (24.–28. Aug. 2022): Hier zeigte Lara Krejcerik mit ihrer jungen Stute Rexona W eine absolute Hammer-Leistung und holte sensationell die Bronzemedaille bei den fünfjährigen Pferden: Chapeau und Gratulation! Aber für die WM soll sie nicht gut genug sein?

 

 

 

 

 

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