Baden-Baden zwischen Turf, Poker und Kultur... Drucken
Geschrieben von: Emilia Mayer/ DL   
Freitag, 14. Oktober 2022 um 15:48

Baden-Baden. Die Rennbahn in Iffezheim nahe Baden-Baden war und bleibt auch weiter ein Begriff, auch wenn sich der Turf vor allem in diesen Zeiten mehr als schwer tut. An diesem Wochenende ist dennoch wieder Renntag in Baden-Baden.

Klein, aber fein: Die traditionsreiche Kurstadt Baden-Baden ist auch für Pferdefreunde seit mehr als eineinhalb Jahrhunderten ein begehrtes Ziel. Mit elf Renntagen allein in diesem Jahr hat sich die Galopprennbahn in Iffezheim längst zu einem der wichtigsten Orte im deutschen Pferderennkalender entwickelt. Im Gegensatz zu den meisten Rennbahnen ist Baden-Baden dabei nicht nur für Anhänger des Sports, sondern auch für Trainer und Besitzer besonders interessant, die regelmäßig zum Sales & Racing Festival erwartet werden.

Zum Auftakt des prestigereichen Ereignisses vom 14. bis 16. Oktober 2022 wird das höchstdotierte Auktionsrennen in Deutschland ausgetragen. Die sich über zwei Tage erstreckende Auktion bildet anschließend den krönenden Herbstabschluss des Rennjahres. Die Kür der Winterkönigin gilt dann zugleich als Vorbereitung auf den Stutenjahrgang 2023. Anders als in den Vorjahren ist allerdings mit dem Festival die Rennsaison noch nicht gelaufen. Erstmals wird am 3. Dezember ein Winterzauber-Renntag in vorweihnachtlicher Atmosphäre angeboten. Der kostenlose Eintritt ist dabei ein extra Schmankerl für altbekannte und neue Besucher, die an dem Sonnabend edle Rösser, spannende Rennen und den Reiz von Sportwetten live erleben können.

Dem Interesse am Zocken in seinen diversen Formen hat Baden-Baden nicht nur die Galopprennbahn, sondern überhaupt seinen internationalen Ruf als Kur- und Kulturstadt zu verdanken. Der fing mit dem europäischen Adel an, der vor allem im 18. und 19. Jahrhundert damit begann, zwecks Erholung und Vergnügen im Sommer über den Kontinent zu reisen. Baden-Baden mit seinen Heilquellen stand schon bald mit auf der Liste der begehrten Ziele. Doch die edlen Gäste mochten sich zwar tagsüber mit Bädern und frischer Luft begnügen, abends standen andere Ansprüche im Vordergrund. Musik, Tanz, und vor allem elegante Kartenspiele und das begehrte Kesselspiel Roulette machten in Baden-Baden das Kurhaus ab Anfang des 19. Jahrhunderts zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Treibens. Dass die Stadt und das von Schloss Versailles inspirierte und zu Recht als architektonisches Schmuckstück geltende Kurhaus sich inmitten der europäischen Konkurrenz behaupten konnte, ist unter anderem der Familie Bénazet zuzuschreiben, die auch dem Pferderennsport in Baden-Baden den Weg ebnete.

Nachdem nämlich in Frankreich das Glücksspiel vorübergehend verboten wurde, begann dort ein Exodus der Casinochefs. Frankreichs Verlust war Baden-Badens Gewinn, als Jaques Bénazet im Jahr 1838 die Einrichtung im Schwarzwald übernahm. Er kannte seine Klientel, die mittlerweile neben Blaublütern auch die intellektuelle Elite umfasste, und setzte alles daran, dem kleinen Kurort in der Nähe der französischen Grenze zur Größe zu verhelfen.

Ein erster Schritt bestand darin, noch mehr Kultur als bisher anzubieten. Bénazet lud berühmte Komponisten wie Franz Liszt dazu ein, in Baden-Baden in der Öffentlichkeit zu spielen. Sein Sohn Oscar setzte die Tradition der Innovation fort. Hoch- und Geldadel und edle Rösser gehörten nicht nur dank Royal Ascot und den damit verbundenen Pferdewetten, die sich rasch in Europa verbreitet hatten, zusammen. Auf Oscar Bénazets Betreiben wurde 1858 die Rennbahn in Iffezheim eröffnet, die für sportlichen Nervenkitzel sorgte. Schon bald traf sich alles, was in Europa Rang und Namen hatte, auf den drei Tribünen der vor den Toren der Stadt gelegenen Rennbahn. Der 1872 gegründete Internationale Club trug der Zusammensetzung des betuchten Publikums Rechnung. Unter der Führung von Fürst Carl Egon zu Fürstenberg übernahm der Club die Ausrichtung von Galopprennen. Aus 4 Renntagen in den Anfängen hat sich mittlerweile ein Kalender entwickelt, der genau wie das Kurhaus samt Spielbank seinen Platz in der Zockerszene behauptet hat. Dabei haben die modernen Rennbesucher gegenüber den früheren Generationen einen großen Vorteil, was die Wetten angeht. Zwar ist es möglich, mit etwas Glück aus dem Bauch heraus auf einen Gewinner zu tippen. Genauso kann es passieren, dass ein Anfänger im Poker ohne mehr als nur ein grobes Verständnis der Poker Regeln den Pott einstreicht. Doch um seine Gewinnchancen in beiden Fällen so weit wie möglich zu verbessern, ist es unumgänglich, sich mit Wahrscheinlichkeiten und Statistiken auseinanderzusetzen. Beim Galopprennen spielt die bisherige Form der Pferde und ihrer Jockeys eine genauso wichtige Rolle wie die Psychologie beim Poker.

Jedes Rennpferd und jeder Reiter haben ihre eigenen Stärken und Schwächen, von der jeweiligen Anlage bis zum Wetter. Wer diese anhand der vorliegenden Daten aus vergangenen Rennen analysiert, kann deutlich besser entscheiden, welche Tipps tatsächlich erfolgversprechend sind.

Das macht selbst dann Sinn, wenn sogar große Gewinne oder Verluste sich nicht spürbar im Portemonnaie bemerkbar machen - keine Seltenheit in Baden-Baden. Zu den Stammgästen in dem Kurort und Deutschlands ältester Spielbank zählte unter anderem die in Berlin geborene Hollywoodlegende Marlene Dietrich. Ihr Herz gehörte nicht nur dem Casino, das von ihr als schönste Spielbank der Welt bezeichnet wurde. Die Schauspielerin und Sängerin war auch leidenschaftliche Anhängerin von Pferderennen.

Auch was die Kulturszene der Stadt anbetrifft, kamen und kommen die Gäste aus aller Welt auf ihre Kosten. Bereits in den Anfängen des Kurhauses war ein Flügel dem Theater vorbehalten.

Liszt, Brahms und andere hochkarätige Komponisten und Musiker brachten Oper, Operette und klassische Konzerte in die Kurstadt, und Ballett sowie Kabarett ließen ebenfalls nicht auf sich warten.Inzwischen ist das Kulturangebot in Baden-Baden genauso vielseitig wie das Glücksspiel.

Mehr als ein Dutzend Museen vom Fabergémuseum über das Brahmshaus bis zur Kunsthalle und der bei Jung und Alt beliebten Miniaturwelt mit ihren Eisenbahnen und Landschaften im Kleinformat sorgen für jede Menge Abwechslung. Junge, aufstrebende Künstler haben in der Stadt ebenso ihren Platz wie renommierte internationale Kunstschaffende. Die Baden-Badener Festspiele und andere Konzerte im Festspielhaus, in der Philharmonie und als Open-Air-Veranstaltungen in den wundervollen Gartenanlagen der Stadt ziehen Jahr für Jahr ungezählte Besucher an. Ein weiterer Höhepunkt im Kulturleben Baden-Badens ist das 1862 eröffnete Theater. Wie bedeutsam die Stadt und das Schauspielhaus auch international waren, beweist allein der Blick auf das Eröffnungsprogramm. Bereits einen Tag, nach der offiziellen Einweihung wurde in Baden-Baden “Béatrice et Bénédict“ aufgeführt. Der Komponist Hector Berlioz hatte die Oper eigens für das Eröffnung des Theaters Baden-Baden geschrieben. Erstklassige Aufführungen haben dabei von Anfang an den Maßstab für das heutige Theater gesetzt. Die Bewohner und Besucher der Stadt wussten und wissen das zu schätzen. Seit mehr als 100 Jahren besitzt Baden-Baden ein eigenes städtisches Schauspielensemble.

In den mehr als 200 Jahren seit der Eröffnung des Kurhauses in der Stadt hat sich vieles verändert. Normalsterbliche wandeln heute ungestört in den Fußstapfen des europäischen Adels sowie der Reichen und Schönen, und gezockt wird genauso virtuell wie real. Doch sehr viel ist erhalten geblieben von der guten alten Zeit. Pferderennen, Glücksspiel und Kultur sind weiterhin untrennbar mit der Stadt verbunden und Baden-Baden bleibt klein, aber fein, und begehrt.

 

 

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>