Beerbaums vierter Grand Prix-Sieg in Stuttgart Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 22. November 2009 um 19:55

 

Stuttgart. Wie meist gerne nach seinen Ritten immer leicht unzufrieden – doch in Wirklichkeit überglücklich über einen Erfolg: Das ist Ludger Beerbaum wie er leibt und lebt. Nun wieder in Stuttgart, als er nach dem Siegesritt im Großen Preis noch im Sattel der Stute Gotha über den Boden maulte. Doch die Herzen der Zuschauer gehörten nicht den Springreitern – sondern einzig und allein dem niederländischen Dressur-Europameister Edward Gal und seinem Hengst Totilas.

 

Auf einen solchen Sieg hat er ziemlich lange warten müssen, der Mann, der den Erfolg anbetet: Ludger Beerbaum (46). Wegen eines sicherlich zu freimütigen Interviews aus der Nationalmannschaft verbannt, dann aus den Kadern ausgeschlossen, da kam dem deutschen Rekord-Nationen-Preisreiter mit 105 Einsätzen für Deutschland Stuttgart gerade recht. Zum vierten Mal und gleichzeitig auch als Erster in der nun 25 Jahre alten Geschichte des Hallenturniers in der Schleyerhalle war er der überragende Reiter im Stechen gegen acht Konkurrenten. Bei 38,25 Sekunden blieb die Stoppuhr stehen, nur Frankreichs großartiger Stilist Michel Robert hätte den deutschen Rekordmeister noch schlagen können.

 

Doch der bald 62-Jährige, der vor einer Woche in Doha das Finale der Global Champions Tour gewann und 300.000 Euro Preisgeld einsackte, nun in Stuttgart für seine feine Reitweise ausgezeichnet wurde, holte aus seiner elfjährigen Stute Kellemoi de Pepita nicht den „letzten Tropfen Benzin aus dem Tank“, als Zweiter in 39,09 Sekunden nahm er dennoch erfreut den Reithelm ab und grüßte in die mit 6.500 Zuschauern bei weitem nicht ausverkaufte Halle. Im Schwabenland  30.000 Euro im Grand Prix und 16.000 als Zweiter im Mercedes Master, dazu die 300.000 aus Katar – für einen Profireiter kein schlechter Wochenverdienst.

 

Dritter wurde nach ebenfalls sehenswerter Stechrunde Vize-Europameister Carsten-Otto Nagel (Wedel) auf der Schimmelstute Corradina (39,19/ 23.000 Euro) vor dem schwedischen Olympia-Zweiten Rolf-Göran Bengtsson auf dem Hengst Casall La Silla (41,13/ 16.000) und Frankreichs Europameister Kevin Staut auf Kraque Boom (0/ 10.000) sowie dem deutschen Meister Philipp Weishaupt (Riesenbeck) auf Catoki (4 Fehlerpunkte/ 40,25/ 8.000 €).

 

Über 70 Autos bereits gewonnen...

 

Vor 15 Jahren gewann Beerbaum erstmals den Großen Preis in Stuttgart auf Ratina, dann mit Gladdys noch zweimal, jetzt auf der erst achtjährigen  Gotha – immer auf Stuten – „nun ist für Gotha erst einmal die Saison zu Ende. Sie erhält jetzt eine Pause“. Groß Geld zählen brauchte er nicht, dafür durfte Beerbaum nach dem Grand Prix in einem 52.520 teuren Wagen des Hauses Daimler Platz nehmen. Wie viele Automobile er bisher insgesamt gewann, weiß er auch nicht, jedenfalls über 70. Allein 2001 waren es acht. Zu seinem Ritt sagte er: „Alles war noch nicht so ganz rund, es fehlt einem solchen Pferd natürlich noch an Routine, die kommt aber noch. Vom Können her hat Gotha alles.“

 

Nach diesem fünften Wertungsspringen der Weltcupliga in Westeuropa liegt Ludger Beerbaum zusammen mit seinem Angestellten Marco Kutscher mit jeweils 34 Punkten an vierter Position. Vorne steht mit zwei Siegen und 40 Zählern der Schweizer Team-Europameister  Daniel Etter vor dem Niederländer Eric Van der Vleuten (37) und seinem Landsmann Pius Schwizer (36).

 

Edward Gal und Totilas  wie Pop-Stars gefeiert

 

Bereits bei den Europameisterschaften in Springen und Dressur im Schlosspark von Windsor im August waren die Plätze nur einmal gefüllt – bei der Kür der Dressurreiter. In Stuttgart nicht anders. Als der Niederländer Edward Gal auf seinem Hengst Totilas seine gelungene Kür beendete, standen die über 7.500 Besucher auf und bejubelten den Reiter und seinen Rappen wie Popstars. Der Zuschauer will die Kür, nur in Deutschland haben das viele Funktionäre und auch Reiter immer noch nicht gespannt. Und dass ausgerechnet ein Niederländer nun in Deutschland wie ein Messias beklatscht wird, grenzt fast ebenfalls an ein Wunder.

 

Zufrieden reiste das Ehepaar Judith und Klaus Balkenhol mit Tochter Anabel ab. Klaus Balkenhol: „Das war das erste Mal, dass ein früherer Reiter mit seiner Tochter beim Turnier antrat, nämlich ich mit Beli.“ Anabel Balkenhol (Rosendahl), die auf  Royals Rubin und Dablino in den Grand Prix` für die Kür und für den Special jeweils vorne platziert war, erhielt den Otto-Lörke-Preis als Anerkennung für die Ausbildung eines höchstens zehnjährigen Dressurpferdes, das sich bereits in GP-Prüfungen bewähren konnte, in diesem Falle Dablino. Neben einer Tonne Hafer der Höveler-Spezialfutterwerke in Dormagen, symbolisch überreicht von Udo Steinbock, gab es für den früheren Mannschafts-Olympiasieger und Team-Weltmeister Klaus Balkenhol (69) einen Scheck in Höhe von 1.500 Euro aus der  Liselott-Rheinberger-Stiftung als Anerkennung für seine Arbeit als Coach.

 

Dominierten Edward Gal und  Totilas Grand Prix und Kür ihrer Abteilung, so wurde die britische Mannschafts-Vize-Europameisterin Laura Bechtolsheimer auf dem dänischen Wallach Mistral Hojris jeweils Erste im anderen GP und im Grand Prix Special.

 

2.000 Zuschauer weniger als im Vorjahr

 

Die Wirtschaftskrise nahm auch auf das 25. Turnier in der Stuttgarter Metropole keine Rücksicht. Viele Plätze blieben bei den Veranstaltungsabschnitten frei. Hallenchef Manfred Parlov: „Wir leben hier von der Automobilindustrie. Wenn es da mal hakt wie jetzt, dann spüren wir das als Veranstalter natürlich auch. Dennoch dürfen wir zufrieden sein, was auch unsere Sponsoren deutlich zum Ausdruck brachten.“

 

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