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Mauerfall - Momente des Glücks auch in der Deutschlandhalle PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 09. November 2011 um 15:13

Berlin. Der 9. November steht in Wirklichkeit für den „Tag der Deutschen Einheit“, an diesem Tag fiel die widerliche Mauer, erstmals konnten sich wieder die Menschen von hüben und drüben in die Arme nehmen. Alles anderes ist politisches Kunstgebilde. Schade. Zwei aus dem großen Sport gehören zu  den Zeitzeigen, Olaf Petersen und Hans Günter Winkler.

 

Olaf Petersen, 74, Parcoursbauer von Weltruf, gebürtiger Berliner („bis 1944, danach zogen meine Eltern mit mir weg, da Berlin im Bombenhagel lag“)  wurde am Morgen jenes denkwürdigen  9.November von Michael Reithmann per Telefon geweckt. „Du“, sagte der frühere Generalsekretär der deutschen Föderation und danach Turnierdirektor des CHI in der Berliner Deutschlandhalle, „Du musst sofort kommen. Hier ist einiges los.“

 

Petersen hörte und folgte intuitiv dem Ruf Reitmanns, obwohl er erst Tage später als Parcoursbauer in der Deutschlandhalle zu wirken hatte. Er spürte das Unwahrscheinliche des Augenblicks, eine gewisse Sternstunde, Fall der Mauer, die auf Ewigkeit errichtet schien. Olaf Petersen ahnte in jenen Stunden so wenig wie viele andere in der Bundesrepublik, dass sich Großes auftat. In der DDR brodelte mehr als die Staatsgewaltigen glaubten.

 

„Mensch, Du bist in der falschen Richtung…“

 

Olaf Petersen, damals noch zuhause bei Warendorf, inzwischen in Bayern sesshaft,  nahm am Nachmittag des 9. November 1989 in Münster einen Flieger nach Berlin. Das Turnier war noch zwei Wochen weg. Olaf Petersen im Nachhinein: „Gegen 19 Uhr 30 war ich im Hotel. Ich duschte, ließ aber den kleinen Fernsehapparat laufen. Dann hörte ich: Die Mauer ist offen.“  Petersen, einziger Parcoursbauer der Welt, dem bisher als einzigem alleinverantwortlich  zweimal die Hindernisgestaltung bei Olympischen Reiterspielen übertragen wurde, „rein in die Klamotten, Taxi, ab zur Bernauer Straße“.

 

Es sei unbeschreiblich gewesen, sagt er, Menschen strömten von West nach Ost und umgekehrt. Olaf Petersen lief damals gegen den Strom, er spazierte in den Ostteil der so lange geteilten Stadt. „Nach 500 Metern dachte ich, Mensch, Du bist ja in der falschen Ecke, ohne Ausweis, was ist, wenn Dich einer nach Papieren fragt und Dich möglicherweise  einsperren lässt...“ Da kam ein kleiner Renault-PKW „mit sieben Leuten schon überladen, man nahm mich auch noch als Achten mit – ab zum Kurfürsten-Damm“. Ganz Berlin feierte, „überall wurde getanzt, die Menschen lagen sich freudetrunken in den Armen, es wurde gesungen, gelacht und geweint“. Deutschland war wieder einig.

 

Am nächsten Morgen flog Olaf Petersen zurück nach Münster-Osnabrück, zerknitterter Anzug, ungewaschen („ich stank wie ein Eber“) kam er in seine damalige Firma. Das Personal beäugte ihn missbilligend, so hatte man den Chef ja noch nie gesehen. Olaf Petersen sagte dann: „Ich kann euch alle verstehen. Ich sehe nicht gerade toll aus. Aber, das muss ich behaupten: Ich habe gestern einen historischen Tag in der Geschichte erlebt...“

 

Deutschlandhalle – Treffen von Ost- und West

 

Bei jenem Turnier in der mit Tradition überfrachteten Deutschlandhalle war ein Gewusel wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Blicke trafen sich, von jenen, die selbstbewusst herumflanierten wie immer und jenen, die immer noch nicht so recht wussten, ob die DDR nun nur noch Geschichte ist, mit teilweise bösen Erinnerungen. Doch daran dachte in jenen Stunden in der Deutschlandhalle niemand unter den genau 6.564 Besuchern. Und vor allem nicht der Landwirt Fritz Berger aus Niedersteinbach bei Leipzig. Er hatte gerade eine Reise nach Amsterdam gewonnen. Er trat vor, griff sich beherzt das Mikrofon und sagte: „Sie wissen ja gar nicht, wie wir Euch traurig hinter der Mauer zugejubelt haben. Wir wünschten uns nur jenen Tag, der uns wieder zusammenbringt. Heute war vielleicht ein neuer Anfang.“

Die Halle wurde an jenem Abend zu einem Treffpunkt aller Deutschen, in jenen Stunden war die Mauer auch in den Herzen niedergerissen. Die Ostdeutschen liefen in die offenen Arme der anderen Deutschen in der Halle. Niemand sollte sich fühlen wie im Zoo. Es gab Freitickets oder Karten zu verbilligten Preisen, und für jeden „DDR-ler“ zudem etwas zu gewinnen, er musste nur aus dem untergegangen „Arbeiter- und Bauernstaat“ gekommen sein.

Die internationalen Springreiter sammelten und  kauften einen VW-Golf im Werte von 15.000 Mark. Er ging an die Reiterin Petra Henschel aus Golzow im Oderbruch. Sie sagte, nachdem sie die Schüssel in der Hand hatte: „Meine Tränen kommen später, wenn ich erst begriffen habe, dass ich jetzt ein Auto besitze.“

HG Winkler holte einen Mauerstein



 

In der Deutschlandhalle 1989: (v. lks): Paul Schockemöhle, Dieter Ludwig, Reiner Bollmann (NDR).

(Foto: Raimund Hesse)


Vier Besucher wurden von Paul Schockemöhle und Ulli Kasselmann zur damals anstehenden inzwischen weltbekannten Reitpferde-Auktion PSI nach Ankum bei Osnabrück eingeladen, vier Zuschauer durften zum Dressur-Weltcupfinale nach Dortmund über Ostern. Insgesamt waren 1.800 Besucher aus der DDR an jenem Samstag in der Deutschlandhalle, darunter ein Ehepaar aus Weißensee. Erstmals nach 26 Jahren trafen die beiden Hans Günter Winkler wieder. Den erfolgreichsten Springreiter hatten sie damals bei den obligatorischen Ost-West-Ausscheidungen zur Bildung einer gemeinsamen Olympia-Equipe aus Ost und West für die Spiele 1964 in Tokio kennen gelernt. Der Kontakt war nie abgebrochen. Winkler (85) an jenem Abend: „Wer soll mir verdenken, dass ich eine Träne verdrückte.“ Er war morgens zur Mauer gefahren und hatte einen Stein mitgenommen, „ich glaube, ich habe einen historischen Moment erlebt“, sagte er später.

 

 


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