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Der Traum eines kleinen Mädchens...(151) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Mittwoch, 28. November 2012 um 09:56

 

Beauty - steif wie ein Brett...

 

 

In Wintermonaten wird besonders emsig trainiert. In den guten Ställen noch mehr. Die Turnierreiter üben die Lektionen, die in der nächst höheren Klasse gefordert werden. Ein Reiter möchte nämlich in der kommenden Saison eine Leistungsstufe höher reiten als die vorige. Das alles wusste Polly von ihren Vorbildern aus dem Reitstall Hubertus, der seit ungefähr sechs Jahren ihr „zweites Zuhause“, oder, wie Boris Becker den Tennistempel in Wimbledon nennt, ihr zweites „Wohnzimmer“ war. Daher übte sie fast jeden Tag mit ihrer Beauty die Lektionen, die sie bei den Großen gesehen hatte.

 

Einmal in der Woche nahm sie ja an der Trainingsstunde bei Herrn Weber teil. Weil  mehrere mitmachten, ließ Herr Weber meistens Grundlagenlektionen reiten, da das Niveau unterschiedlich war. Aber das schien auch gut so. Zu den schwierigeren Lektionen würden sie früh genug kommen, meinte er. Darauf wollte Polly vorbereitet sein.

 

Sie befürchtete schon, dass ihre Tinker-Stute den anderen Sportpferden gegenüber etwas benachteiligt sein könnte. Aber der zweite Reitlehrer des Reitstalles hatte sie schon beruhigt. Joachim sagte ihr immer, dass jedes Pferd jede Lektion gehen könne. Nur das „wie“ sei eben unterschiedlich. So könne man von einem Tinker in einer Trabverstärkung nicht den Raumgriff erwarten, den ein richtig gut gezogenes Warmblut zeigen könne. Aber im Verhältnis könne ein Rassepferd einen guten oder einen weniger guten Raumgriff zeigen. Von einem Rennpferd eine Piaffe zu verlangen, würde auch schon allein anatomische Grenzen sprengen. Da müsse man als Reiter einfach vernünftig bleiben.

 

Um Polly nicht zu entmutigen, bestätigte Joachim immer, dass auf einem ordentlich gerittenen und braven Tinker ein junger Reiter durchaus richtiges und gutes Reiten lernen könne. Polly sah das genauso und gab sich weiterhin große Mühe.

 

Jetzt hatte sie ihre Beauty seit den Sommerferien. Das waren ja schon immerhin ein paar Monate. Aber es kam immer wieder vor, dass sie Knüppel zwischen die Beine geworfen bekam. Nicht nur, dass Brigitta, die ja eine Super-Stute ihr eigen nannte, immer abfällig über die ziemlich kleine und pummelige Stute von Polly sprach und es nicht lassen konnte, dumme Bemerkungen zu machen, sondern Polly spürte auch, dass ihre Bemühungen nicht von allen Kameraden ernst genommen wurden. Das hatte sich gestern wieder ganz deutlich gezeigt.

 

Es geschah in der Freistunde nach den Pony-Schulstunden. Polly hatte Schwierigkeiten, Beauty links genauso durchlässig wie rechts zu biegen. Das hieß, auf dem Zirkel linke Hand fühlte sich Beauty an wie eine Eisenbahnschwelle. Sie bog sich nicht. Gerade wie ein Brett, in sich überhaupt nicht gebogen, trabte sie auf der Zirkellinie. Polly hatte sich also gestern vorgenommen, dieses Problem aus der Welt zu schaffen.

 

Während ihre Schulkameraden dem Vortrag der Klassenlehrerin über „die Kraniche des Ibykus“ von Friedrich von Schiller lauschten, überlegte Polly sich einen Trainingsplan für den Nachmittag. Nach der Deutschstunde stand der fest: zehn Mal links herum, zehn Mal rechts herum. Und wenn das nicht den gewünschten Erfolg brachte, dann eben noch einmal. Und wenn sie fünfmal diese Einheiten wiederholen müsste.

 

Gesagt, getan. Polly ließ Beauty erst zehn Minuten Schritt gehen und dann fünf große Runden im Leichttraben. Zum Lösen. In der Zwischenzeit kamen noch der eine oder andere Reiter mit seinem Pferd, um auch in der Bahn seine Runden zu drehen. Zu ihnen gehörte auch Brigitta mit ihrer Solana.

 

Polly musste sich schon eingestehen, dass die Rappstute von Brigitta zwar auch sehr klein aber dafür durchaus elegant ausschaute. Jedenfalls eleganter als Beauty. Dafür sah Beauty viel lieber aus und war es auch.

 

Polly hatte sich etwas vorgenommen an diesem frühen Abend. Und sie war konsequent. Beim ersten Aussitzen ritt sie direkt auf den unteren Zirkel bei „C“.

Zuerst rechte Hand. Eine Runde, noch eine Runde, bis es zehn Runden waren. Dann wechselte sie die Hand. Linke Hand. Grausames Gefühl! Beauty ging steif wie ein Brett. Polly versuchte, sie nach links zu stellen. Anstatt auf
Schenkel- und Zügelhilfen zu reagieren, kam Beauty nur nach innen. Sie verließ die Zirkellinie. Polly drückte den inneren Schenkel fest an Beautys Bauch. Die reagierte aber überhaupt nicht. Polly drückte nur noch fester. Sie zog am äußeren Zügel. Es wurde immer schlimmer. Beauty war völlig nach außen gestellt.

 

Das ganze Spiel ging über die vollen zehn Runden linke Hand. Dann wechselte Polly wieder. Göttlich! Wie ausgetauscht trabte Beauty ganz geschmeidig nach rechts gestellt. Polly genoss das angenehme Gefühl volle zehn Zirkelrunden und parierte dann erst einmal zum Schritt durch. Sie wechselte durch den Zirkel und trabte wieder an. Das gleiche Spiel wie vorhin. Beauty bewegte sich so biegsam auf der Zirkellinie wie der zwanzig Meter lange Anhänger eines LKWs in einer Kurve.

 

Polly wurde langsam ärgerlich. Sie hatte sich fest vorgenommen, nicht die Beherrschung zu verlieren, sondern einfach so lange weiter zu üben, bis das Pferd nachgab. Sie kämpfte um ihre Beherrschung. Aber Beauty wollte und wollte sich nicht biegen und nach links stellen. Polly hatte gelernt, wenn sie den Rand des inneren Auges ihres Pferdes sehen konnte, war es genug gestellt. Aber bei Beauty sah sie gar nichts. Jedenfalls keinen Rand von einem Auge. Auch keine innere Nüster.

 

Aber Polly hielt durch. Eine gute halbe Stunde war bereits vergangen, der Erfolg ließ weiter auf sich warten. Polly wechselte noch einmal zehn Runden nach rechts und anschließend auf die linke Hand.

 

Völlig konzentriert, um sich nicht aufzuregen und trotzdem ihr Pferd in die richtige Linksstellung zu bringen, war sie plötzlich bei „X“ gezwungen eine Vollbremsung einzugehen. Ihre „liebe“ Kollegin Brigitta hatte sich entschlossen, ausgerechnet an diesem Punkt zu halten. Sie stand seelenruhig auf Pollys Zirkellinie. Dann fing sie auch noch an, mit anderen zu quatschen.

 

„Siehst Du nicht, dass ich hier trainiere?“ rief Polly aufgebracht. „Schon seit fast einer Stunde versuche ich, mein Pferd zu stellen. Kannst Du nicht einmal Rücksicht nehmen?“ schrie sie nun, der ganze Frust entlud sich gegen Brigitta. „Ich darf hier stehen“, schrie die zurück.

 

Polly war so fassungslos über so viel Rücksichtslosigkeit. Sie ließ die Zügel lang. Hörte augenblicklich auf mit dem Training. Sie hatte ihr Ziel für heute nicht erreicht. Außerdem hatte Brigitta Recht, sie durfte dort anhalten. Polly hatte die Bahn nicht für sich allein gepachtet. Aber die anderen hatten alle Rücksicht genommen, weil sie erkannten, dass Polly etwas Spezielles übte. Sie wusste, dass Brigitta das nur aus Böswilligkeit getan hatte. Sie hätte auch an jedem anderen Punkt in der Bahn anhalten können. Warum also auf Pollys Zirkellinie?

 

Zu allem Überfluss erschien auch noch Brigittas Vater mit seinem Pferd Aviso am Einlass. Polly ritt zur Bande, um die Abschwitzdecke für Beauty zu nehmen. Sie schwang sie über den Pferderücken, wodurch Aviso scheute und mit den Hufeisen Höllen-Lärm auf dem Betonboden verursachte. Solana scheute und Brigitta flog in  den Dreck.

 

Herr Neureich ließ seinen Wallach los, stürmte in die Bahn ohne „Türfrei“ zu rufen und hob  sein Töchterchen, was ja angeblich zu einer großen Reiterin berufen war, vom Boden auf. Die war von oben bis unten voller Dreck war und heulte wie eine gekränkte Prinzessin. Dabei war ihr gar nichts geschehen.

Unterdessen lief Beauty ganz gemächlich ihre Runden im Schritt am hingegebenen Zügel, um das Pferd trocken zu bekommen.

 

Der „blöde“ Aviso war zurück in den Stall gelaufen. Da hörte Polly Brigitta ihren  Vater anschreien, ob er denn nicht im Stande wäre, ein Pferd festzuhalten. Polly grinste vor sich hin. Ihre gute Laune war zurückgekehrt. Manchmal war das Leben doch gerecht.

 

(Fortsetzung folgt…)

 

 

 


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