Sie befinden sich hier: Home Polly Der Traum eines kleinen Mädchens...(185)

Wer ist Online

Wir haben 1203 Gäste und 1 Mitglied online

Suche

Anzeige

Anzeigenschaltung

Google Translate

German Chinese (Simplified) Chinese (Traditional) Czech Danish Dutch English French Galician Greek Hungarian Italian Japanese Norwegian Polish Portuguese Romanian Russian Spanish Swedish Turkish Ukrainian

Zugriffe seit 16.09.2009

Anmeldung



Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Fotoanfragen über KHFrieler@aol.com

Anzeige

Banner

Anzeige

Banner
Anzeige



Der Traum eines kleinen Mädchens...(185) PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Freitag, 08. November 2013 um 12:17

Besuch bei der geheimnisvollen Nachbarin...

 

Am Samstag war Polly zu der Nachbarin des Reitstalles eingeladen. Die besaß ein großes Grundstück, zu dem eine Weide mit uraltem Obstbaumbestand gehörte. An dem ebenso alten Häuschen, in dem sie wohnte, waren eine Mini-Scheune und ein alter Schweine-Stall angebaut. Früher hatten Leute, die auf dem Land lebten, ohne Bauern zu sein, dennoch wenigstens ein Schwein und nach Möglichkeit auch eine Kuh. Daher gehörten zu fast allen alten Häusern entsprechende Nebengebäude. Die Reitstall-Nachbarin hatte die Nebengebäude zu Pferdeställen umbauen lassen, sie besaß zwei Isländer-Ponys.

 

Hin und wieder lud diese Nachbarin Polly ein, ihre Pferde zu besuchen. Meistens bat sie Polly anschließend in ihre Küche, wo sie Kakao und immer etwas Leckeres für Polly hinstellte. Dabei hatte Polly den leisen Verdacht, dass die Nachbarin auf Pollys Besuch vorbereitet gewesen war. Das Gebäck oder der Kuchen schmeckten immer wie frisch aus dem Ofen. Es duftete köstlich. Und erst der Kakao… so süß….mit soviel Zucker. Das gab es zuhause nie.

 

Polly war nicht die einzige, die den Feldweg am Grundstück der Nachbarin vorbei zum Trockenreiten nach dem Training benutzte. Aber sicherlich war Polly die einzige, die jemals das Haus der Dame betreten hatte. In ihrer Clique, und nicht nur dort, wurde immer mal wieder über diese Frau gesprochen. Selbst den Erwachsenen im Reitstall war sie nicht geheuer. Irgendetwas Geheimnisvolles umgab sie. Keiner konnte das genau mit Worten beschreiben. Eigentlich kannte sie ja keiner, außer Polly. Von Pollys Reitkollegen war es noch keinem gelungen, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Außer einem kurzen Gruß sprach sie mit niemandem. Schon gar nicht ließ sie einen fremden Menschen an ihre Tiere. Nur Polly. Warum das so war, konnte sich keiner denken. Auch Polly nicht.

 

Es trug sich  damals an einem schönen Sommertag zu, dass Polly an dem Obstgarten mit einem Schulpony vorbei ritt. Ihre Beauty hatte es zu diesem Zeitpunkt  noch nicht. Weil Polly ihren Träumen nachhing, war es dem Pony damals gelungen, vor dem Gartentörchen einfach stehen zu bleiben und sich mit den Ponys der Nachbarin durch die Stäbe zu beschnuppern. Da erst bemerkte Polly auch die Frau, die auf ihrer Weide Löwenzahn schnitt und in einen geflochtenen Tragekorb stopfte. Sie war es sogar gewesen, die zuerst Polly freundlich ansprach.

 

Wie von selbst war eine gewisse Bekanntschaft  entstanden, so, als wäre es das normalste auf der Welt. Damals war sich Polly der Einzigartigkeit dieser Begegnung keineswegs bewusst gewesen. Langsam erwuchs eine gewisse Freundschaft daraus. Das Geheimnisvolle um die Nachbarin, die mit niemandem sprechen wollte, zog sich auch Polly an. Ob es etwas Verborgenes um diese Frau gab, die mit ihren Tieren alleine lebte, blieb auch Polly verborgen. Es war diese Atmosphäre, die so ein Gefühl schuf. Polly erfuhr oft etwas aus dem  Leben der Nachbarin. Aber immer nur so viel, dass kleine Geschichten zum Vorschein kamen, aus denen, nicht wie bei einem Puzzle, ein ganzes Bild entstand. Immer nur eine Momentaufnahme.

 

Polly hatte Samstags meist viel Zeit, sich im Reitstall aufzuhalten. Deswegen stellte es auch kein  Problem dar, die Einladung der Nachbarin anzunehmen. Irgendwie fühlte sie sich immer wieder auf geheimnisvolle Weise zu ihr hingezogen. Im deren Pferdestall bei den Isländern oder in der Wohnküche, an dem Tisch mit Wachs-Tischtuch, ergaben sich ganz andere Gespräche, als Polly mit ihren Freunden oder zuhause in der Familie führte. Dabei genoss Polly die Situation, dass die Nachbarin zu vergessen schien, dass Polly noch lange nicht erwachsen war und keineswegs über eine Lebenserfahrung verfügte, mit der sie den Inhalten der Gespräche an diesem speziellen Ort angemessen begegnen konnte. Dabei entstand zu keiner Zeit ein Verhältnis, das die meisten Erwachsenen, vor allem Lehrer, an den Tag legten, wenn sie mit ganz jungen Menschen sprachen. Nie ließ die Nachbarin erkennen, dass Polly ihren bemerkenswerten Gedankengängen nicht würde folgen können. Im Gegenteil: ihre Neugierde auf Pollys Meinung war echt und entsprang nicht im allerkleinsten Ansatz nur einer Höflichkeit. Sie wollte wahrlich  Pollys Meinung unbedingt hören und nahm sie in ihre eigenen Überlegungen auf, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.

 

Einem Lehrer wäre das wohl kaum eingefallen. Welcher Erwachsene oder Lehrer würde seine eigenen Anschauungen nicht ungefiltert dem jungen Menschen einfach überstülpen? Ein Kind hatte da nie eine Chance.

 

Samstag ging Polly über den unbefestigten Feldweg zum Gartentörchen des Nachbargrundstückes. Es war unverschlossen, gab beim Öffnen eine langen ansteigend quietschenden Ton von sich. Das gleiche schrille Geräusch entstand beim Schließen des Tores. Die Nachbarin trat aus dem Pferdestall und rief Polly gleich zu sich. Seltsamerweise schien sie vorher gewusst zu haben, dass Polly genau jetzt den Garten betrat. Dabei hatten sie keine Uhrzeit ausgemacht.

 

Polly sollte bei einem der Pferde das Bein hochhalten. Das Pferd hatte sich vor einigen Tagen ein Steinchen in den Huf getreten. Die kleine Wunde hatte sich entzündet um bedurfte einer Behandlung. Polly erschrak, als die Frau mit einem richtigen Huf-Ausschneide-Messer an die Wunde ging. Von Polly wurde erwartet, dass sie das Bein ganz festhielt. Bisher sah Polly nur einen erfahrenen Schmied mit so einem scharfen Werkzeug umgehen.

 

Souverän wie ein Hufschmied setzte die Frau das gefährliche Instrument an. Heftig zog das Pferd sein Bein zurück. Polly musste alle Kraft anwenden, um es nicht loszulassen. Der Eiter spritzte aus dem Huf. Das Loch, aus dem das Blut quoll, war so groß wie eine Zwei-Cent-Münze. Ganz ruhig und konzentriert arbeitete die Nachbarin weiter, bis nur noch etwas dunkelrotes sauberes Blut aus der Wunde tropfte. „Festhalten“, befahl sie. Während sie eine sterile Kompresse auf die Öffnung der Hufsohle des Pferdes legte, erklärte sie Polly, wie wichtig Sauberkeit in der Wundversorgung wäre. Sie hätte niemals alleine das Bein ihres Pferdes hochhalten und gleichzeitig einen Verband anlegen können. Sie benötigte hierbei Pollys Hilfe. Und Polly half gerne.

 

Polly beschloss, die einzelnen Schritte, wie man eine Wunde richtig versorgte, im Gedächtnis zu behalten. Zur Sicherheit bot sie deswegen gleich an, morgen oder übermorgen wieder zu helfen, damit sie den Vorgang nochmals beobachten konnte. Irgendwann würde es ihr einmal von Nutzen sein. Vielleicht würde sie später tatsächlich sogar selber Tierärztin werden. Bisher allerdings deuteten ihre Schulnoten keineswegs eine derartige Karriere an.

 

Später führten beide ihre Gespräche am Küchentisch weiter. Während Polly darüber nachdachte, wie es sein würde, als Tierärztin selber mit allem Wissen, was dazu gehörte, Pferde zu behandeln, hörte die Nachbarin ihr zu. Nur gelegentlich unterbrach sie Pollys Redefluss. Sie stellte Fragen, wie sich Polly den Weg zu diesem Ziel vorstelle. Angefangen von dem Zeitpunk der Gegenwart an. Das war in Pollys Situation Schule. Polly stöhnte auf. Schrecklich! Keiner konnte sich ernsthaft für die Fächer in der Schule interessieren. Kleinlaut sah sie ein, dass, wenn nicht entscheidend etwas an ihren Noten passieren würde, sie dem Traumberuf Tierärztin immer so weit entfernt bliebe, wie er auch an diesem Samstag Nachmittag eben war.

 

Polly holte tief Luft. Eine weitere Tasse süßen Kakaos stand vor ihr. Anstatt einen erwachsenenüblichen Vortrag über das Lernen fürs Leben zu halten, erzählte die Gastgeberin, wie sie sich die Weiterbehandlung ihres verletzen Pferdes in den nächsten Tagen vorstellte. Polly bot tief beeindruckt über so viel Wissen natürlich eifrig ihre Hilfe an. Sie würde jeden Tag nach dem Reiten herüber kommen, um das Pferd festzuhalten. Bewundernd und gleichzeitig neugierig stellte sie Fragen, woher all das Wissen um die Wundbehandlung käme. Dabei stellte sich heraus, dass die Nachbarin vor langer Zeit studiert hatte und Tierärztin geworden war. Niemals wäre das Polly in den Sinn gekommen. Für sie sahen Tierärzte bisher ganz anders aus: Weißer Kittel -  und ganz wichtig.

 

Diese kauzige Frau aus der Nachbarschaft ihres Reitstalles stieg in ihrer Bewunderung hoch auf. Warum sie keine Praxis mehr ausübte, erfuhr Polly nicht. Die Nachbarin gab keine Antwort hierauf. Beschäftigt schnitt sie ein Stück vom selbstgebackenen Kuchen ab. Das Thema ihres Berufes griff sie nicht wieder auf.

 

(Fortsetzung folgt…)

 


Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>