Sie befinden sich hier: Home Porträts Einen Calvados auf das "hohe C" in Holsteins Zucht...

Wer ist Online

Wir haben 2282 Gäste online

Suche

Anzeige

Anzeigenschaltung

Google Translate

German Chinese (Simplified) Chinese (Traditional) Czech Danish Dutch English French Galician Greek Hungarian Italian Japanese Norwegian Polish Portuguese Romanian Russian Spanish Swedish Turkish Ukrainian

Zugriffe seit 16.09.2009

Anmeldung



Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Banner

Anzeige

Anzeige

Anzeige

Fotoanfragen über KHFrieler@aol.com

Anzeige

Banner

Anzeige

Banner
Anzeige



Einen Calvados auf das "hohe C" in Holsteins Zucht... PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Oliver Wehner/   
Mittwoch, 29. Januar 2014 um 11:54

 

Ludwigshafen. Als der spätere Olympiasieger Alwin Schockemöhle (Mühlen) und sein belgischer Freund Francois Mathy mal wieder in Frankreich auf der Suche nach Springpferden waren, wurde ihnen auch Cor de la Bryere vorgestellt. Mathy: „Ich erinnere mich noch genau, dass Alwin nach dem Vorspringen sagte: Tolle Manier – wenig Vermögen.“ Der Holsteiner Verband erwarb den kleinen Hengst, er ging nie selbst im Sport – und wurde dennoch ein Jahrhundertvererber.

 

Zufälle beeinflussen unser Leben -  positiv wie negativ. Der Zufall beschenkte die europäische Warmblutzucht und speziell jene in Holstein  Anfang 1971 mit einem Jahrhunderthengst. Der - damals etwas struppig und eher unauffällig - schaute  mal keck aus der Box, als eine Delegation des Verbandes auf dem Hof von Xavier Ribard in der Normandie gerade mit einer Enttäuschung zu kämpfen hatte. Eine ebenso wundersame wie wunderbare Pferdegeschichte ...

 

Die Abordnung war auf der Suche nach Genen für die eigene Zucht und dabei auf einen  Sohn des Vollblüters Furioso gestoßen, der zuvor schon in Oldenburg  für Furore gesorgt hatte. Doch als jener Sohn namens Urioso vorgeführt wurde, „waren alle nicht so wahnsinnig hell begeistert“, wie sich der damalige Holsteiner Zuchtleiter Gerhard Gramann erinnert.  „Der dicke Hengst“ war  schon wieder in seiner Box, als aus einer anderen der Anglonormanne Cor de la Bryère schaute. Auch bei ihm geriet zunächst niemand in Ekstase. „Ein  bisschen mageres, armes Pferdchen, so sah er damals aus“, berichtet Gramann. Dann ließ man ihn traben: „Traumhaft!“ Sein Besitzer nannte eine Zahl auf Französisch, die Delegation verstand nicht. Auf eine Zigarettenschachtel schrieb Ribard: „25.000.“ Man grübelte:  Francs oder D-Mark? „Francs war ja super.“ Gramann  wiederum  kritzelte „17.000 F“ auf die Schachtel und schob sie zurück. Der Besitzer lächelte nur und gab zur Besiegelung des Verkaufs einen Calvados aus ...

 

Keiner der Käufer wusste damals, was dieses spontane Geschäft bedeuten sollte. Heute tragen rund 80 Prozent der Holsteiner Pferde das Blut von Cor de la Bryère in sich, und auf den Fotos und raren Filmaufnahmen (empfehlenswert: die DVD von pferdia-TV!)  des 2000 im Alter von 32 Jahren gestorbenen  Hengstes kann von mager und arm keine Rede mehr sein: Dunkelbraun mit  weißer Fessel hinten  links, ein ausdrucksvoller Kopf und kluges Gesicht - Corde, wie er in Holstein und später überall genannt wurde, war ein Bild von einem Pferd. Ein Bild, das die moderne Warmblutzucht in ganz Europa nachhaltig beeinflusst hat. „Er hat schon zu Lebzeiten Epochen geprägt“, sagte der heutige Holsteiner Zuchtleiter Dr. Thomas Nissen der RHEINPFALZ.

 

Cor de la Bryère ist neben Landgraf  und Capitol I der bedeutendste Stammhengst und Linienbegründer der Holsteiner Zucht. Alle drei stehen auch für eine Zeit der Konsolidierung des Verbandes und der Erkenntnis, dass das Überleben der Zucht zwischen den Meeren nur gesichert werden kann, wenn der Schritt vom Wirtschafts- und Nutzpferd zum modernen Sportpferd gelingt. Die Veredelung der Holsteiner Linien durch Englische Vollblüter wie den Landgraf-Vater Ladykiller  hatte bereits Tradition - und nun Frankreich.

„Im Sport alleine kommt man nur mit Vollblütern auch nicht weiter. Man braucht Gene, die das Springvermögen beeinflussen. Und das klappte mit Corde genial“, erklärt Nissen. Genial - und durchschlagend. Der letzte Kick an Charisma, Cleverness,  Charakter, Eleganz  und  Springvermögen - aber auch Langlebigkeit und Unverwüstlichkeit: Cor de la Bryère, ein Sohn des  bedeutenden Military- und Springvererbers Rantzau, steht für all dies. Sein  Trainingsreiter Herbert Blöcker, dreimaliger olympischer Medaillengewinner in der Vielseitigkeit, erinnert sich an „Vorderbeine bis an die Ohren“, wenn Corde mühelos, nervenstark  und elegant über die Stangen flog.  Und er war leichter zu reiten als der schnell erregbare Landgraf.

 

Anders als viele der heutigen „Modehengste“ ging Cor de la Bryère aber nie im großen Sport, lebte  buchstäblich von Luft und Liebe. In der Renommierstation Siethwende hing 1975 ein Boxenplan aus, der Pferdeliebhaber heute ehrfurchtsvoll erschauern lässt: Cor de la Bryère, Ladykiller, Landgraf. Viele seiner selbst über Sport oder Zucht prominent gewordenen Söhne zeugte Corde mit den Stuten Tabelle, Furgund und Deka - alle kann man gar nicht aufzählen, hier nur ein paar: Calypso II, Contender, Caletto I + II, „der weiße Riese“ Corrado I. Oder der „Exot“ Corlandus. Exot deshalb, weil er der berühmteste Dressursohn des Springvererbers ist, Europameister und olympischer Silbermedaillengewinner unter der in Saarbrücken geborenen späteren Französin Margit Otto-Crépin, die jetzt in Hambgurg lebt. Und auch in Le Noir, dem schwarzen Hengst der pfälzischen Bundeskader-Dressurreiterin Uta Gräf, fließt über Caletto I Corde-Blut.

****************************************************************************************************

 

Sollwittfeld war die letzte Station des „Professors“. Hier trabte er im hohen Alter über seine Weide, beinahe wie einst in der Normandie als junger Hengst: eben traumhaft!

Als der  Hengst Cor de la Bryère 1971 dreijährig nach Holstein kam, war  Dr. Thomas Nissen ein junger Mann. Heute ist er Zuchtleiter des Verbandes und erinnert sich.

Herr Nissen, welche Erinnerungen haben Sie noch an die Pferdepersönlichkeit Corde?

Nissen: „Er war besonders. Als Halbblüter brachte er diesen Ausdruck mit, dieses kluge Auge, die braune Jacke. Als er nach Holstein kam, habe ich mich als junger Mann schon mit der Zucht beschäftigt und ihn aufmerksam beobachtet, weil er ja erst nicht unumstritten war. Ich fand die Euphorie anfangs auch etwas übertrieben, stellte aber fest, dass es viele gute Pferde von ihm gab. Vor allem Calypso II hat mich fasziniert.“

Contender, ein Calypso-II-Sohn und selbst ein Weltklassevererber, ist kürzlich ja 30-jährig gestorben ...

Nissen: „Es geht eine Ära zu Ende. Corrado I oder Ciacomo, das sind jetzt so die letzten Söhne von Cor de la Bryère.“

 

Corde war wie Contender nie im großen Sport. Heutzutage ist das anders…

Nissen: „Ja, das war  eben eine andere Ära. Auch der Holsteiner Verband hat in den 70ern, Anfang der 80er-Jahre erkannt, dass die Hengste im internationalen Sport gehen sollen. Das ist nicht bei allen möglich, aber wir hatten immer Leuchttürme wie Corrado I mit Franke Sloothaak oder jetzt Casall mit Rolf-Göran Bengtsson.“

 

Vor der Verbandszentrale in Elmshorn steht bereits ein Landgraf-Denkmal. Wann wird denn Jahrhunderthengst Cor de la Bryère eines gesetzt?

Nissen: „Verdient hätte er es mit Sicherheit. Aber vielleicht müsste es vor das Landwirtschaftsministerium in Berlin oder gleich nach Brüssel, so wie er die Zucht in  ganz Europa beeinflusst hat. Landgraf steht in Elmshorn als in Holstein geborener Hengst. Aber es gibt ihn, Corrado I und  Cor de la Bryère auch als Bronzeplastik ...“

 

 

 

 

 


Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>