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Rodrigo Pessoa in die Spitze des Reiter-Weltverbandes demokratisch gewählt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 18. Juli 2014 um 11:43

Aachen. Seit Gründung des Reiterweltverbandes (FEI) 1921 geben  Adelige oder höhere Chargen des Militärs als Präsidenten die Richtung vor. Abstimmungen erfolgen durch Handheben. Nun fand erstmals in der 93 Jahre alten Historie eine demokratische Wahl statt, die Aktiven aller Disziplinen votierten in geheiner Abstimmung für den Brasilianer Rodrigo Pessoa als ihren Vertreter in der FEI.

 

Da wird sich mancher eher verdutzt die Augen reiben und sich fragen: Halten demokratische Grundregeln Einzug in den Reiterweltverband, FEI? Im Ansatz jedenfalls. So wurde nun das brasilianische Sportidol Rodrigo Pessoa (41) unter 26 Kandidaten aus zehn Ländern zum Aktivenvertreter in die technische Kommission der FEI gewählt. In diesem Gremium geht es um Bewährtes zu bewahren, ohne den Fortschritt unter Berücksichtigung des fairen Umgangs mit dem Partner Pferd zu vernachlässigen. Die Bestätigung seitens der Vollversammlung dürfte am 14. Dezember nur noch Formsache sein.

 

Aufgerufen zur Wahl waren die Sportler in allen Disziplinen - Springen, Dressur, Fahren, Vielseitigkeit, Voltigieren, Reining, Parareiten und Distanzreiten. Die Wahl hätte kaum einen anderen Besseren treffen können. Er sagte anschließend: „Ich fühle mich geehrt. Ich will ihre Interessen auch mit vollem Einsatz vertreten.“ In der Aachener Soers durfte er 1990 erstmals bei einem CHIO reiten, mit einer Sondergenehmigung der FEI, da er noch keine 18 Jahre alt war. Ausgerechnet im „Petersdom des Reitsports“ während des 99. CHIO von Deutschland wurden die auf ihn zukommenden Würden und Bürden veröffentlicht.

 

Rodrigo Pessoa, in Neuilly bei Paris geboren, hat die Höhen, aber auch die Tiefen durchlebt und durchlitten. Gelitten hat er wie nie zuvor vor allem bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney. Damals hätte nur ein Verwirrter noch gegen ihn gewettet. Souverän hatte er mit dem Hengst Baloubet zu Rouet seine Kreise gezogen, keine Hürde schien hoch genug, kein Oxer zu tief, um den  Brasilianer an der Pforte zum Olymp abzuweisen. Baloubet du Rouet, Sohn des berühmten französischen Vererbers Galoubet, hatte sich lediglich am ersten Tag mal am Wasser versehen, kurz gestutzt, hineingetreten, doch dann marschierte er wie ein Uhrwerk durch die nächsten Parcours`, immer ohne Fehler, er schien sich geradezu zu ekeln vor den Stangen. Pessoa dirigierte den Braunen zunächst zwei Mal ohne Fehler durch den Preis der Nationen und nochmals ohne Anticken an eine Stange im Stechen um Bronze gegen Frankreich, das war der ersehnte dritte Platz für die Kollegen, doch nicht für ihn, den Weltmeister und dreimaligen Weltcupsieger. Vor Rodrigo Pessoa lag die Goldmedaille zum Greifen nahe, die Hand hatte er schon ausgestreckt, wer wollte ihm da noch auf die Finger hauen?

 

Jeder der verbliebenen 45 Reiter ging ohne Belastung von irgendwelchen Fehlerpunkten der vorausgegangenen Qualifikationen in die beiden letzten Runden an diesem 1.Oktober 2.000 draußen im Horsley Park, 45 km von Sydney entfernt. Rodrigo Pessoa, der große Sohn des ganz großen Nelson Pessoa, war letzter Starter im Feld, die Sonne schien nach einem verregneten Vormittag, 20.000 Zuschauer hatten Platz genommen, das Stadion ausverkauft. Es war, als würden gleich die speziell  vorgesehenen Krönungsfeierlichkeiten für den ersten brasilianischen Reitolympiasieger beginnen können. Ein Abwurf hätte ein Stechen erfordert mit den beiden Holländern Jeroen Dubbeldam und Albert Voorn, auch ziemlich unerwartet mit dem früheren Paul Schockemöhle-Zögling Khaled Al Eid aus Saudi-Arabien, dessen Aufstieg nur jene verwunderte, die sich wenig um diesen Sport kümmern.

 

Es gab kein Stechen für Rodrigo Pessoa. Bleich, zusammengesunken ritt der Favorit  aus der Arena. Der Himmel hatte sich nicht für ihn aufgetan. Baloubet du Rouet riss zunächst als einziger das erste Hindernis, dann verweigerte der inzwischen als Vererber weltweit bekannte Hengst am Steilsprung mit der Bezeichnung „Leuchttürme“ dreimal, dort gingen wahrlich die Lichter aus. Die Glocke vom Richterturm hörte sich an wie das Totengeläut von einem Kirchturm. Die Horrorvision eines jeden Reiters war Wirklichkeit geworden. Und auf dem kleinen Holzpodest direkt neben dem Ein- und Ausritt schlug Vater Nelson Pessoa die Hände vor das versteinerte Gesicht. Der Sport hatte unbarmherzig und ohne Vorwarnung, über seinen Sohn gerichtet. Rodrigo Pessoa später: „Ich weiß es nicht, und ich werde wohl nie wissen, warum Baloubet verweigerte.“ Und der deutsche Bundestrainer Herbert Meyer, der letztmals als Coach in Sydney dabei war und danach den Job an Kurt Gravemeier weiter gab: „Schadenfreude zu empfinden, das wäre in höchstem Maße unsportlich. Einen solchen Abgang von Olympia hatte Rodrigo nicht verdient, niemand hat das verdient...“

 

Rodrigo Pessoa ließ sich nicht entmutigen. Er suhlte sich nicht in einem Meer des Selbstmitleids. Der Brasil-Europäer, der in Neuilly bei Paris geboren wurde und die Heimat seines Vaters auch nur von Besuchen her kennt, begann als fünfjähriger mit dem Springsport. Sein Vater wollte zwar, „Rodrigo soll einen anständigen Beruf erlernen“, doch der Sohn setzte sich durch. Er wurde wie der Vater Berufsreiter. Nelson Pessoa, im nächsten Jahr 80, hatte 1955 mit seiner Frau und 2.000 US-Dollar per Schiff Brasilien verlassen, um ein internationaler Springreiter zu werden. Wie man weiß, schaffte er dieses Ziel glänzend. Und wie sein früherer ewiger Kontrahent Alwin Schockemöhle (77) noch weiß, „hatte Necco für unsere Begriffe immer schon früher die besten Beziehungen, die besten Sponsoren und wohnte immer in den besten Hotels. Er fiel durch gutes Benehmen, Auftreten und Erziehung auf.“

 

Nelson Pessoa, den alle Necco rufen („weil meine Schwester meinen Vornamen nicht richtig aussprechen konnte und Necco sagte“), baute den Sohn ganz gezielt und ohne jede Hektik auf. Er setzte ihn auf seinen eigenen erfahrenen Turnierpferde, von denen Rodrigo am meisten lernte. Mit 17 ritt Pessoa Junior in Aachen beim CHIO und anschließend mit Sondergenehmigung auch 1990 bei der Weltmeisterschaft in Stockholm.

 

Das Wichtigste, so Rodrigo Pessoa, sei gewesen, „dass mich mein Vater Horsemanship gegenüber dem Partner Pferd lehrte, nämlich eins zu werden mit dem Pferd, sich nicht gegenseitig bekämpfen.“ Nelson Pessoa: „Rodrigo besitzt eine natürliche Gelassenheit, die er auch im Parcours nicht verliert. Er weiß längst, dass man im Parcours öfter verliert als dass man gewinnt.“ Rodrigo Pessoa über seinen Vater: „Er hat mit nichts angefangen, wirklich mit Nichts. Und dann gewann er 40 Jahre später noch das englische Derby in Hickstead. Seine Stärke liegt in der Perfektion und der Geduld.“ Nelson Pessoa: „Für alles gibt es nur eine Begründung: Hingabe. Als ich damals das Schiff bestieg, habe ich nur eines mitgenommen: Den Traum vom Springreiten. Von Pferden lernt man übrigens auch für das Leben.“ Rodrigo: „Die Gesellschaft mit Pferden ist mir oft lieber als die mit Menschen, von denen ich nicht immer weiß, was ich zu erwarten habe...“

 

2004 wurde er in Athen auf eben diesem wunderbaren Hengst Baloubet du Rouet Olympiasieger, dreimal gewann er auf Baloubet den Weltcup, bisher einzigartig, nämlich diese Serie mit dem gleichen Pferd hinzulegen, 2011 erhielt er vom Internationalen Sportjournalisten-Verband (AIPS) den „Pierre de Coubertin Fairness-Preis“, weil er seinem Konkurrenten um die Weltmeisterschaft 2010 Abdullah al Sharbatly Tipps gab, wie sein eigenes Pferd Rebozzo im Finale mit Pferdewechsel zu reiten sei. Der Saudi wurde Zweiter, Rodrigo Pessoa medaillenloser Vierter…

 

 


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