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Isabell Werth - "die Rosine des Vereins..." PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 14. August 2016 um 10:46

Rio/ Rheinberg. Seit dem 12. August 2016 ist Isabell Werth (47) die erfolgreichste Reiterin der Olympischen Geschichte. Mit dem deutschen Dressur-Team gewann sie in Rio de Janeiro die sechste Goldmedaille. Sie hat inzwischen Schwierigkeiten, alle Erfolge nachzuhalten – ihr geht aber auch anderes im Kopf herum…

 

 

Wie schon an vielen anderen Abend traf man sich bei Claudia in der Nachbarschaft. Die Eltern Heinrich und Brigitte Werth und die Hartgesottenen aus dem Verein „Graf von Schmettow-Eversael“. Olympia-Gucken am Fernsehen, wo das berühmte Klub-Mitglied Isabell Werth auf der Stute Weihegold am Ende des Grand Prix Special gar mit einem Lächeln zur letzten Grußaufstellung ritt. Damit hatte die deutsche Dressur-Equipe bereits vor Ende der Konkurrenz wieder Gold nach Deutschland geholt, „und das war schon zulange in Großbritannien“, wie Isabell Werth, nun auch die erfolgreichste Olympiareiterin aller Zeiten, in bester Laune witzelte. Isabell Werth plagten im Moment des Triumphes ganz andere Gedanken, denn Sohn Frederik (6) fragte ständig am Telefon: „Mama, wann kommst Du wieder heim…“ Ihn hatte sie vor der Abreise auszutricksen versucht, er sollte nämlich nicht mitbekommen, dass sie für längere Zeit weg sein würde, bei den Olympischen Spielen in Brasilien. Brigitte Werth: „Doch irgendwann hat er gesagt: Wann fährst Du nach Rio…“

 

Isabell Werth fliegt am kommenden Dienstag mit den Dressurpferden zurück nach Lüttich, möglicherweise vielleicht mit einer weiten Medaille in der Einzelwertung aus der alles entscheidenden Kür einen Tag zuvor, „und dann will sie mit Frederik acht Tage in Urlaub fahren, in der letzten Woche der Großen Ferien, das hat sie ihm fest versprochen“, so Brigitte Werth.

 

Die hat wie niemand anderer das Leben der Tochter bis ins Detail im Gedächtnis, von der Geburt „am 21. Juli 1969, da lag ich nämlich im Kreißsaal, als der erste Mensch den Mond betrat“ bis heute. Räumlich waren sie immer nur wenige Meter getrennt. Isabell Werth lebte durchweg daheim, nun im eigenen Haus gleich nebenan. Und ihre großzügige Anlage für Ausbildung und Handel steht natürlich gleich neben dem elterlichen Hof, der ihr bereits vor Jahren überschrieben wurde.

Das Elternhaus hat sie zusätzlich geprägt. Hier hat niemand die  Bodenhaftung verloren, trotz Erfolgen der Tochter. Hier weiß man, was es heißt, mit der Hände Arbeit sein Brot im wahrsten Sinne zu verdienen, und man erinnert sich auch noch, „auf wie vieles wir auch für den Sport verzichteten“, sagt Brigitte Werth. Feine und gelackte Pinkel haben es schwer, die Tür auf dem Hof im Winterswickerfeld von Rheinberg hinter sich schließen zu können, eher schon vor sich. Heinrich Werth hielt früher Kühe, Hühner, Enten, Gänse, Schweine, aber auch immer schon Pferde, Kenner schätzen nicht nur sein Wort als Pferdekenner,  auch ihn selbst als Züchter. Er hat in den letzten Jahren den ganzen Hof umgestellt, auf Aufzucht und Zucht von Pferden, hier ist jedenfalls gut, Pferd zu sein.

 

Isabell Werth vom Reiterverein „Graf von Schmettow Eversael“ ritt wie auch ihre Schwester Claudia in der Jugend alles, was zu reiten war, und jede Disziplin, auch in der Vielseitigkeit, und sie fühlte sich wirklich wohl im „Busch“.  Sie schwamm manchmal mit Pferden im nahe gelegenen Rhein – und wäre einmal fast dabei ertrunken. Ihre erste Trainerinnen waren Vera Koppers-Dans für Springen und für die Dressur Josta Frohning, die sagte mal: „Isabell ist die Rosine im Verein.“ Die junge Isabell ritt am Anfang vor allem Vereinspferde, immer andere, das machte sie stark, so wurde sie geschult, sich immer wieder auf andere Tiere um- und einzustellen. Sie trainierte für den sogenannten Vierkampf – Schwimmen, Laufen, Dressur, Springen -  und stand gar in der engeren Auswahl zur deutschen Meisterschaft.

 

Ihr erstes eigenes Pferd hieß Abendwind, ein kleiner Satan, unberechenbar, der auch gerne mal buckelte. Im Stockmaß nur von 1,53 m. Auf Abendwind gewann sie Prüfungen der Klasse „L“ auch gegen alle andere Konkurrenz auf Großpferden. Und sie ritt Pferde von Wilhelm Scheepers, dem Nachbarn vom großen Meistermacher Dr. Uwe Schulten-Baumer. An Sylvester 1986 kam es zwischen beiden zur sicherlich schicksalhaften Begegnung. Wie üblich in der Region, dass man sich um Mitternacht alles Gute für die kommenden zwölf Monate wünscht,  ging also der „Doktor“ zu den Scheepers, um seine Glückwünsche für 1987 los zu werden. Isabell war auch da. Und da Schulten-Baumer gerade die Bereiterin seiner Pferde ausgefallen war, fragte er so nebenbei  die damals 17 Jahre alte Gymnasiastin, ob sie nicht Lust hätte, ihm auszuhelfen. Im Juli danach wurde er ihr Coach und Lehrmeister, er führte sie in den Olymp der Dressur.

 

Dr. Uwe Schulten-Baumer, den alle Welt nur „Der Doktor“ nannte, der vor zwei Jahren starb, setzte sie zunächst auf den mächtigen Wallach Weingart, den keiner mehr sehen wollte, und der vor allem vor den Richtern keine Gnade mehr  fand. Auf Weingart rückte Isabell Werth blutjung in die Spitze vor, und Schulten-Baumer sagte: „Das Pferd war gut genug für ganz große Aufgaben, und Isabell zeigte ihre einmalige Begabung, dieses Hineinfühlen in ein Pferd, dieses Erahnen, welche Reaktionen auf einen Reiter im nächsten Moment zukommen könnten.“ Auf Weingart wurde Isabell Werth 1989 in Mondorf-les-Bains/ Luxemburg erstmals Mannschafts-Europameisterin der Senioren. Der Anfang einer einmaligen Serie, inzwischen sechsmal Olympiasiegerin, siebenmal Weltmeisterin, 14 goldene Plaketten bei Europameisterschaften und mit zwölf Titeln deutsche Rekordmeisterin – dazu sechsmal Derbysiegerin in Hamburg, mehr geht eigentlich kaum. Unter ihr wurde der nicht unbedingt durch Schönheit aufgefallene Hannoveraner Fuchs-Wallach Gigolo zum erfolgreichsten und gewinnreichsten Dressurpferd aller Zeiten.

 

Und noch für etwas steht Isabell Werth: Nämlich Spitzensport und Studium verbinden zu können. Sie ritt auf höchstem Level und  absolvierte daneben erfolgreich ihr Jurastudium. Am 26. Juni 2000 wurde sie als Anwältin vereidigt. Unterstützung vom deutschen Verband erhielt sie keinmal. Eher im Gegenteil. Auch das vergisst sie nie.

 

Die Trennung von Uwe Schulten-Baumer erfolgte 2001. Es kriselte bereits länger, die offizielle Bestätigung erfolgte am 27. Oktober während des Turniers in Hannover. Bereits drei Jahre zuvor hatte Madeleine Winter-Schulze schon die Wallache Richard Kimble, Apache und Satchmo dem „Doktor“ abgekauft, doch in dessen Stall in Rheinberg gelassen, die Reiterin hieß weiter Isabell Werth. Aber nach dem CHI in Hannover gingen die drei  genannten Pferde nach Mellendorf, dorthin, wo mal der frühere Springreiter-Weltmeister Hartwig Steenken beheimatet war und wo jetzt Madeleine Winter-Schulze zuhause ist. Und Isabell Werth zog auf Zeit mit um. Sie sagt im Nachhinein zur Trennung: „Ich bin wirklich nicht undankbar gegenüber dem Doktor, ohne ihn wäre ich nie so weit gekommen, aber man muss sich auch irgendwann mal abnabeln.“ Solange „Der Doktor“ noch lebte, organisierte sie seine Feiern zu runden Geburtstagen, und als er starb, sorgte sie für eine würdevoll Trauerfeier bei jenem Italiener, wo der große Trainer so gerne weilte.

 

 


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