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Wo blieb eigentlich Totilas, was wurde aus dem Rapphengst? PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Thomas Borgmann in Stuttgarter Zeitung/ DL   
Donnerstag, 14. September 2017 um 20:38

Stuttgart/ Wassenberg. Der Hochleistungsport ist brutal, erbarmungslos. Vor Jahren noch wurde der Hengst Totilas wie ein Wunderwerk eines Künstlers verehrt und angebetet. Menschen fern jeder Liebhaberei für Dressur interessierten sich für das Reiten in einem vorgegebenen Sandviereck, und ausschließlich einzig und allein wegen des unvergleichbaren Totilas mit seiner Strahlkraft. Nun spricht keiner mehr von dem Rappen – Thomas Borgmann nahm sich des Themas an und schrieb darüber in der „Stuttgarter Zeitung“.Totilas hatte seinen letzten großen Auftritt im Grand Prix der Europameisterschaft 2015 in Aachen.

 

 

Matthias Rath sagte hernach mit Unschuldsmiene in die Kameras und Mikrofone: „Ich hab’ die Ungleichheit im Sattel gar nicht bemerkt, war so sehr auf meinen Ritt fokussiert.“ Ein reiterliches Armutszeugnis, wodurch sich das kritische Urteil vieler Beobachter bestätigte: Matthias Rath sei, bei allem Respekt vor seinem Bemühen, „ein VW-Fahrer mit einem Ferrari“. Später stellte sich heraus, ein Knochenödem am linken Hinterbein hatte dem Hengst mit zunehmender Dauer der Prüfung zunehmende Schmerzen verursacht. Die Diagnose war knallhart: Der Bewegungsapparat sei der Belastung durch den Spitzensport auf Dauer nicht gewachsen. Normales tägliches Reiten kein Problem – Turniersport ausgeschlossen! Damit war das Schicksal des Superstars besiegelt.

 

Wo ist Totilas, das vermeintliche Wunderpferd, das in Wahrheit nie eines war, heute? Wie geht es dem charismatischen Hengst? Und was macht dieser ältere „Herr“, den Zehntausende von Fans als ihr persönliches Traumpferd vor Augen haben und im Herzen tragen? Noch immer beten viele Züchter zum heiligen Sankt Georg, dem Schutzpatron der Reiter: einmal im Leben einen Totilas – und dann ausgesorgt für den Rest.

 

Am 8. Februar dieses Jahres horchte die Reiterwelt auf für einen Moment. Im Internet wurde gemeldet, Totilas werde alsbald auf der internationalen Hengstschau im französischen Saint-Lo in der Normandie der interessierten Züchterschaft präsentiert – nicht unter dem Sattel, wohl aber an der Hand. Ein Sprecher aus der Zuchtstation Paul Schockemöhle bestätigte dies, doch nur wenige Stunden später ließ sein Chef die Nachricht dementieren… Paul Schockemöhle am Rande der Europameisterschaften in Göteborg: „Ich habe das sofort dementiert. Totilas wird nie wieder öffentlich gezeigt! Das ist ja auch nicht nötig, denn alle, die es interessiert, wissen ja, wie er aussieht. Den kennt ja jeder.“

 

Kein Zweifel, dieser Paul Schockemöhle, den nicht wenige im weltweiten Reiterzirkus für einen abgezockten Rosstäuscher halten, leidet an der Causa Totilas. Jakob Melissen (64), der einflussreichste Fachjournalist in den Niederlanden, Autor des bis heute einzigen Buches über Totilas, sagt: „Ich war dabei, als Paul das Pferd zum ersten Mal gesehen hat. Der Hengst war ja als Fünf- und Sechsjähriger Weltmeister bei den Nachwuchspferden. Man hat sofort gespürt, welchen Respekt Paul vor diesem besonderen Tier hat und welche Emotionen ihn aufwühlten.“ Später räumte Schockemöhle, offensichtlich doch einer mit harter Schale und weichem Kern, selbst ein, dass „mir die Tränen gekommen sind, als Totilas damals zu mir nach Mühlen gebracht wurde“.

 

Nun steht Totilas genau dort, nämlichim oldenburgischen Dörfchen Mühlen,  der kapitale Hengst mit einem dicken Schuss Trakehner Blut in seinen Adern. . Sein Besitzer bestätigt dieser Tage zum ersten Male öffentlich: „Ja, Totilas ist bei uns.“ Also nicht mehr auf dem Schafhof der Familie Linsenhoff in Kronberg. Auf die Frage, ob der Hengst nach wie vor begehrt sei als Vererber, nennt Schockemöhle überraschend offen diese Zahl: „Er hat bis heute zweitausend Stuten gedeckt. Die Nachfrage nach seinen Genen ist ungebrochen.“

 

Dazu muss man wissen, dass die sogenannte Decktaxe in seinen Glanzzeiten bei stattlichen 8000 Euro lag. Die Hälfte davon war fällig, um den tiefgefrorenen Samen überhaupt zu bekommen, die zweite Hälfte, wenn die Stuten tatsächlich trächtig wurden; die künstliche Besamung klappt nur zu sechzig bis siebzig Prozent. Inzwischen ist Paul Schockemöhle auf eine Decktaxe von nur noch 2500 Euro heruntergegangen. Jährlich, so heißt es aus seinem Umfeld, gehe Totilas’ Samen zu mehr als 200 Stuten, bevorzugt in den Niederlanden, wo der Hengst nach wie vor die meisten Bewunderer besitzt.

 

Wie prächtig vererbt sich nun dieser einstige Bewegungskünstler? Reiter und Züchter in aller Welt warten gespannt auf die Antwort. Vor Jahresfrist kaufte einer, der es kaum erwarten konnte, ein Totilas-Fohlen für schlappe 105 000 Euro – ein teurer Wechsel auf die Zukunft. Insider, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, fällen ein gemischtes Urteil: „Der Hengst hat ein Stockmaß von nur 1,70 Metern.“ Gemessen werden Pferde übrigens am Widerrist. Viele seiner Nachkommen seien für den Spitzensport zu klein, ihre ­Bewegungen daher begrenzt. Allerdings fänden sich unter den jungen Tieren durchaus Talente, die an ihren ausdrucksstarken Vater erinnerten. Stefan Aust, ehemaliger „Spiegel“-Chefredakteur, heute Herausgeber der Tageszeitung „Die Welt“, sagt: „Ich besitze zwei Söhne von Totilas, die gekört sind, also für die Zucht zugelassen. Mein Bereiter bildet sie aus, ich setze große Hoffnungen in sie.“ Aust kennt sich aus, betreibt seit vielen Jahren im Norden einen Reit- und Zuchtbetrieb.

 

Und dann ist da noch diese Geschichte, die hier erstmals öffentlich zu lesen steht: Vor geraumer Zeit hat Edward Gal, der niederländische Profi, der Totilas alle Lektionen der gehobenen Dressurschule beigebracht hat, am Stall Schockemöhle vorbeigeschaut und dabei „seinem“ Totilas den ersten Besuch seit ihrer Trennung im Herbst 2010 abgestattet. Ein Augenzeuge schildert es so: „Als Edward kam, hat ihn Paul spontan gefragt: Willst du ihn mal wieder reiten?“ Nach einigem Zögern sei Gal zu seinem Wagen gegangen, habe Reithose und Stiefel angezogen und sei in den Sattel gestiegen. Urteil des Betrachters: „Es war magisch – nach nur wenigen Minuten ging Totilas wie einst.“ Der Mythos lebt – unter Edward Gal, der mit dem Rappen 2010 in Kentucky dreifacher Weltmeister wurde…

 


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