Isabell Werth - Standing Ovations für eine Verliererin... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Samstag, 19. Juli 2014 um 18:11

 

Aachen. Die Dressur bleibt weiter für viele ein Rätsel. Auch jetzt wieder in Aachen, wo Isabell Werth als erfolgreichste deutsche Reiterin dieser Disziplin im Grand Prix Special gar nur Vierte trotz großartiger Vorstellung…

 

Als letzte Starterin war die fünfmalige Olympiasiegerin Isabell Werth mit der Stute Bella Rose ins Viereck des Grand Prix Special im Rahmen des CHIO von Deutschland eingeritten, nach dem gelungenen Vortrag mit einem kleinen Patzer in den Einerwechseln erhoben sich die Zuschauer im voll besetzten Dressurstadion von den Sitzen – stehende Ovationen für eine Präsentation dieses Sports, wie man sie selten sieht. Die Rheinbergerin tätschelte überglücklich den Hals des Fuchses beim Ausritt,  winkte gelöst ins Publikum. Es hätte der erste Platz sein müssen. Die fünf Richter waren anderer Meinung als die Zuschauer und Tausende an irgendwelchen Bildschirmen. Die deutsche Rekordmeisterin wurde mit insgesamt 81,471 Punkten regelrecht abgestraft und belegte somit den vierten Rang. Die französische Jurorin Isabelle Judet setzte sie gar nur auf Rang 6, sie sah die Deutsche unglaubliche drei Prozentpunkte – Ewigkeiten in der Dressur – schlechter als die Kollegen. Aber sie gehört zu den Entscheidungsträgern bei den Weltreiterspielen in wenigen Wochen in der Normandie…

 

Es hat sich also nichts geändert in der Dressur, alles läuft wie vor 40 Jahren und länger. Die sportpolitischen Weichen werden nach wie vor außerhalb des Vierecks gestellt. Und wer im Grand Prix nicht mit vorne ist, der kann sich noch so steigern im Grand Prix Special als Konkurrenz mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad, er wird nicht mehr ganz nach vorne kommen. So gewann also in Aachen wie im Grand Prix auch im Special Matthias Rath (Kronberg) auf dem Hengst Totilas, trotz fehlerhafter Aufstellung nach dem Einritt, trotz Rückwärtstreten bei der Piaffe und anderen Kleinigkeiten. Die Noten vergibt nicht der Reiter, er hat selbst auf die Platzierung keinen Einfluss wohlgemerkt, aber in Aachen war mehr als augenscheinlich, die Richter wollen den Rappen wieder vorne sehen. Bis auf die australische Chefrichterin wurde das Paar von den anderen vier Kollegen auf Platz 1 gesetzt, mit 84,529 Zählern. Dahinter folgten Olympiasiegerin Charlotte Dujardin (Großbritannien) auf Valegro (83,157) nach dem misslungenen Grand Prix – sechster Rang – und die letztjährige Weltcupgewinnerin Helen Langehanenberg (Billerbeck) auf dem Hengst Damon Hill (82,078). Hinter der Schwedin Tinne Wilhelmsson-Silven auf Don Aurelio (79,039) platzierte sich die deutsche Doppelmeisterin Kristina Sprehe (Dinklage) auf dem Rapphengst Desperados als Sechste (77,785).

 

Für die Richter, nebenbei gesagt, müsste ein Ehrenkodex gelten: Wer selbst im Pferdegeschäft tätig ist, dürfte nie bei einer Prüfung, egal in welcher Klasse, eingesetzt werden, für die ein Pferd genannt ist, das über ihn vermittelt oder gar verkauft wurde. Richter sollten von sich aus auch auf einen Einsatz verzichten, wenn in einer betreffenden Prüfung beispielsweise ein Pferd aus eigener Zucht läuft,  wenn ein Hengst vorgestellt wird, den ein Richter selbst in der Zucht einsetzt, sie sollten sich auch verweigern, nämlich bei Turnieren eigene Schüler zu benoten. Und sie sollten endlich wirklich das richten, was sie sehen, nicht, was sie übersehen haben…

 

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