Erstes Gold für Charlotte Dujardin - ihr werden Fehler verziehen... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 27. August 2014 um 19:47

Charlotte Dujardin auf Valegro - Dressur in einer eigenen Liga, da werden Fehler auch gerne übersehen, das Paar hat zur Zeit keine Konkurrenz

(Foto: Kalle Frieler)

Caen. Gold – Silber – Bronze: So lautet bisher die deutsche Dressur-Bilanz bei den 7. Weltreiterspielen in der Normandie trotz des schmerzhaften Ausfalls von Isabell Werth. Doch die Königin heißt Charlotte Dujardin aus Großbritannien.

 

 

Einen Tag nach Gold in der Teamwertung holten deutsche Dressurreiterinnen zwei weitere Medaillen bei den 7. Weltreiterspielen in der Normandie.  Wie erwartet siegte die britische Doppel-Olympiasiegerin, zweifache Europameisterin, Weltcupgewinnerin und Weltranglisten-Erste im Grand Prix Special als erster Einzelentscheidung. Der zwölfjährige holländische Wallach Valegro hatte in der Aufgabe zwei kurze schwache Moment, als er „äppeln“ musste und keine Lust auf die anstehende Piaffe verspürte und noch einmal in den Zweierwechseln. Dass die Lektionen danach nicht wie vorgesehen erfolgten, übersahen die Juroren geflissentlich, weil sich weitere Höhepunkte wie Perlen an einer Kette aneinanderreihten. Ihr werden Fheler leichter als anderen verziehen, vor allem diesem fast wie extra für die Dressur geschaffenen Braunen mit seiner begnadeten Reiterin – ähnlich der Deutschen Isabell Werth – in unvergleichbaren Passagen zum Beispiel, in dieser Losgelassenheit, wie sie zur Zeit kaum irgendwo auf einem Dressurviereck zu sehen ist. Die sieben Richter gaben insgesamt für den Vortrag 86,120 Prozentpunkte, das war zumindest bereits eine Medaille. Doch bei der wahrlich grauenhaften und meist durchweg nicht nachvollziehbaren Richterei in diesen Tagen wären auch andere Ergebnisse durchaus möglich gewesen. Es blieb dabei. Mit ihrem Ritt als viertletzte Starterin holte die sympathische Britin um genau 16.04 Ortszeit im Fußball-Stadion von Caen erstmals zu ihren bisherigen Schärpen auch den Titel einer Weltmeisterin im Grand Prix Special.  Und gleichzeitig wurde der Niederländer Edward Gal (44) zum zweiten Mal in der Normandie zum Ex-Weltmeister nach Kentucky 2010.

 

Wie bei der letzten Europameisterschaft vor einem Jahr im dänischen Herning musste sich auch in Caen die zierliche Helene Langenhanenberg (Billerbeck) an zweiter Position aufstellen. Ihr Fuchs-Hengst Damon Hill hatte ebenfalls nur winzige Patzer, mit 84,468 Zählern trennten das Paar nur 1,652 Punkte vom Spitzenplatz, aber auf diesem Level zählen natürlich nicht nur Fehlerchen, auch Daumen hoch oder runter eines Richters.

 

Die eigentliche Überraschung war am Ende die Bronze-Medaille für die 27 Jahre alte Studentin Kristina Sprehe (Dinklage) mit dem Rapphengst Desperados, wie Damon Hill feingliedriger als der Athlet Valegro, ein Fall des Gefallens, und da entscheiden letzten Endes immer die Richter. Kristina Sprehe, in Balve zweifache deutsche Meisterin geworden, dort durchbrach sie mit dem Hengst als Erste der deutschen Dressurreiterinnen in der Kür die Schallgrenze von 90,0 Prozentpunkten, war am Ende die wahre Überraschung in Frankreich, wo Dressur nicht gerade viel gilt. Sie holte erstmals bei einer internationalen Meisterschaft eine Einzelmedaille auf dem elfjährigen Rappen, der zweieinhalbjährig auf der Auktion in Verden 104.000 Euro gekostet hatte.

 

Bei den nicht gerade pekuniär üppig ausgestatten Weltmeisterschaften wurde zudem auch Preisgeld verteilt. 19.000 Euro gingen an Charlotte Dujardin, 14.000 an Helen Langehanenberg und 9.000 an Kristina Sprehe. Auf den nächsten Plätzen landeten die frühere Weltcupgewinnerin und Europameisterin Adelinde Cornelissen (Niederlande) auf Parzival (79,328), die Schwedin Tinne Vilhelmson-Silven auf Don Aurelio (78,235) und die Österreicherin Victoria Max-Theurer auf Augustin (77,857).

 

Die 15 besten aus dem Grand Prix Special erreichten die Kür als letzte Dressur-Einzelentscheidung am Freitag. Von den Deutschen ist Fabienne Lütkemeier (Paderborn) mit D`Agostino nicht dabei, sie belegte im Grand Prix Special den 19. Rang (74,062).

Vermisst wurde im Special und wird sicher auch in der Kür Isabell Werth (Rheinberg). Ihre elegante bewegungsstarke Stute Bella Rose, mit der sie im deutschen Team beim Gewinn der Team-Weltmeisterschaft im Grand Prix die Beste war, zog sich eine Entzündung in der Huflederhaut zu. Die nunmehr siebenmalige Weltmeisterin, die sich am Mittwoch nur die Ritte der deutschen Starterinnen im Grand Prix Special ansah und dann mit dem Auto Richtung Heimat fuhr: „Es war am Morgen bereits wieder besser, dass man fast hätte sagen können, ein Start sei möglich. Aber ich wollte mich nicht der Gefahr aussetzen, dass möglicherweise die Stute angefangen hätte in der Prüfung zu lahmen. Das Pferd ist mir zu wertvoll, um zu früh wieder anzufangen mit dem Reiten. Sie muss erst wieder gesund werden.“

 

Was das Richten betrifft, so wäre nach der Notengebung der wahrlich vom großen Dressursport kaum beglückten australischen Chefrichterin Susan Hoevenaars eine ziemlich andere Platzierung herausgekommen. Bis auf die Ränge eins und zwei lag sie total daneben. Nach ihrer Wahrnehmung wäre Bronze an Tinne Vilhelmson-Silven gegangen, und Kristina Sprehe hätte sich mit dem sechsten Platz zu begnügen gehabt. Ganz jeck muss die Australierin gewesen sein beim Vortrag von Charlotte Dujardin. Die jubelte sie auf 88,824 Punkte hoch, das wäre eine neue Welthöchstmarke gewesen, die von der Britin mit 88,022 gehalten wird. Wie „unparteiisch“, nebenbei bemerkt, gerichtet wurde, zeigt auch das Beispiel des Briten Stephen Clarke und des Deutschen Dr. Dietrich Plewa. Clarke gab Dujardin fast drei Prozentpunkte mehr als Langehanenberg, Plewa wiederum setzte die spätere Vizeweltmeisterin auf Rang 1, die Britin auf 2, fiel aber weniger auf mit einseitiger Notenvergabe.

 

Nach der Weltmeisterschaft müsste irgendwann mal zum Richtermeeting gepfiffen werden. Denn so unglaublich unfair teilweise einige Reiter wahrlich „hingerichtet“ wurden, das müsste mehr als eine Diskussion wert sein. Da sollten Konsequenzen gezogen werden. Gefragt ist - neben dem eher einem Kaffekränzchen gleichenden Dressurreiter-Club - nun vor allem der Vorsitzende im Dressur-Ausschuss, Frank Kemperman (Niederlande). „Aber“, sagte einer, der sich auskennt, „der ist doch nur ein Bürokrat, der versteht etwas von zeitlichen Abläufen bei turnieren, von Dressur ziemlich wenig bis nichts.“

 

Aber Frank Kemperman ist vor allem auch Vorstandsvorsitzender im Aachen-Laurensberger Rennverein (ALRV) als Veranstalter des jährlichen CHIO von Deutschland, und dort möchte jeder reiten. Was das heißt, hatte Reitmeister Jan Bemelmans zu spüren bekommen. Bemelmans, inzwischen Coach der französischen Dressurreiter, hatte vor dem letzten CHIO von Deutschland in Aachen Frank Kemperman persönlich angeschrieben mit der Bitte, doch im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in der Normandie einem Gallier einen Startplatz einzuräumen. Im Antwortschreiben hieß es, Bemelmans solle doch mal erst die Erfolge der französischen Dressurreiter einreichen… Der deutsche Ex-Meister bedankte sich nach drei Tagen „für die großzügige Hilfe“ und verzichtete. Doch, so sagte er, als er noch Trainer der Spanier gewesen sei,  da wäre man ihm ständig entgegengekommen, „denn man mochte die Spanier mit ihren Andalusiern, weil die beim Publikum gut ankamen…“

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>