Zweimal Gold und einmal Silber - Vielseitigkeitsreiter schreiben Erfolgsgeschichte weiter Drucken
Geschrieben von: FN-Press/ Uta Helkenberg/ DL   
Montag, 14. September 2015 um 09:34

Blair Castle. Was vor einigen Jahren fast undenkbar schien, wird inzwischen schon zu einer unendlichen Geschichte: Die deutschen Vielseitigkeitsreiter sind beispielgebend für alle anderen Nationen.

 

Die deutschen Vielseitigkeitsreiter sind aktuell nicht zu schlagen und das Maß aller Dinge. Dafür stehen Sandra Auffarth (Ganderkesee), Ingrid Klimke (Münster), Dirk Schrade (Sprockhövel) und allen voran Michael Jung (Horb) einmal mehr mit ihrem überragenden Erfolg bei der Europameisterschaft im schottischen Blair Castle. Und das in Großbritannien, dem Mutterland der Vielseitigkeit. Nach dem Heimspiel in Luhmühlen 2011 und dem Sieg in Malmö 2013 sicherte sich das Team von Bundestrainer Hans Melzer zum dritten Mal in Folge Gold in der Mannschaftswertung. Und zum dritten Mal hintereinander heißt der Europameister Michael Jung. Er tauschte vor Blair Castle die Plätze mit Weltmeisterin Sandra Auffarth, die Silber gewann.

 

Die Medaillen überreichte die englische Königin Elisabeth höchstpersönlich und ließ es sich nicht nehmen, Jung nachträglich zu seinem Sieg beim Burghley zu gratulieren, wo er eine Woche zuvor den Vier-Sterne-Klassiker gewinnen konnte.

 

„Dass wir hier in England mit einem solchen Abstand gewonnen haben, das ist wie im Fußball das 7:1 gegen Brasilien bei der Weltmeisterschaft“, sagte Bundestrainer Hans Melzer lachend. In der Tat waren die deutschen Reiter von Anfang an eine Klasse für sich, insbesondere im Gelände und im Springen. So beendeten alle vier Teamreiter den Kurs von Parcourschef Ian Stark (Großbritannien) ohne Hindernisfehler und blieben dazu auch im Springen fehlerfrei. Damit kamen am Ende 122,7 Minuspunkte zusammen, die zweitplatzierten Briten sammelten 173,3 Minuspunkte an. Das ist auch insofern bemerkenswert, als die deutsche Mannschaft die einzige von elf Teams war, bei der alle Reiter in die Wertung kamen.

 

„Unsere Pferde waren alle fit und gut vorbereitet. Aber diese geschlossene Teamleistung hat mich selbst überrascht“, sagte Bundestrainer Hans Melzer. So mussten die Briten beispielsweise auf ihren Frontmann William Fox-Pitt verzichten, der mit Bay My Hero bereits in der Dressur das Streichergebnis lieferte und im Gelände nach zwei Verweigerungen aufgeben musste.  Schließlich vergab auch noch Einzelreiterin Izzy Taylor mit Matilda mit zwei Abwürfen im Springen auch noch die Chance auf einen Podestplatz. An ihrer Stelle durfte sich Colonel Thibaut Vallette aus Frankreich gleich über zwei Bronzemedaillen freuen. Dank einer Nullrunde mit Qing du Briot ENE HN rückte er am Schlusstag vom vierten auf den Bronzerang in der Einzelwertung vor und stand ebenfalls mit seiner Equipe auf dem berühmten Treppchen (183,7). „Damit haben wir unser Ziel, uns einen Startplatz für die Olympischen Spiele zu sichern, erreicht“, sagte Valette.

 

Deutschland hat seit der WM 2014 die Tickets für Rio bereits in der Tasche, ebenso Großbritannien und die Niederlande, deren Team in Blair Castle Platz vier belegte (213,3). Damit darf sich als zweite Nation Schweden auf einen Olympiastart freuen. Mit 284,8 Minuspunkten belegte das Team um die Olympiasilbermedaillengewinnerin von London, Sara Algotsson-Ostholt, den fünften Platz.

 

Fünf deutsche Paare unter den ersten Zehn

Während Jung mit seinem erst achtjährigen Angloaraber akinou als Einziger mit seinem Dressurergebnis von nur 33,5 Minuspunkten die EM beendete, waren es bei seinen Kollegen ein paar Punkte in der Dressur hier, ein paar Zeitfehler im Gelände dort, die am Ende für einen Medaillenplatz fehlten. Oder gar zum Sieg wie bei Sandra Auffarth, die mit Opgun Louvo vor der Dressur zunächst vor Jung gelegen hatte. Im Gelände wurde sie allerdings wegen Reparaturarbeiten an einem Hindernis aufgehalten und am Ende standen 11,2 Minuspunkte für Zeitüberschreitung auf dem Zettel. „Gefühlt war ich schneller“, sagte die Weltmeisterin, die am Ende mit 42,6 Minuspunkten die Silbermedaille holte.

 

Keine Chance in die Zeit zu reiten, hatte Ingrid Klimke, bei der sich das Geläuf nach dem Dauerregen anfühlte „als hätte es Saugnäpfe“. Dennoch war die Reitmeisterin zufrieden, dass ihr Hale Bob fit und ohne Hindernisfehler ins Ziel gekommen war. Mit 46,6 Minuspunkten wurde sie Fünfte. Auch „Pfadfinder“ Dirk Schrade, der am Geländetag den Auftakt für die Mannschaft gemacht hatte, hatte Zeitfehler in Kauf nehmen müssen, nachdem sein Pferd Hop and Skip unterwegs ein Eisen verloren hatte. Mit 48,3 Minuspunkten belegte er Platz sieben.

 

Einen gewaltigen Sprung nach vorne machte Einzelreiter Peter Thomsen (Lindewitt) mit Barny. Der zweimalige Mannschafts-Olympiasieger war nach seiner Dressur etwas enttäuscht, machte jedoch mit einer guten Geländerunde und einem fehlerfreien Springen 24 Plätze gut und landete schließlich noch in den Top Ten. Als einzige deutsche Reiterin musste sich Bettina Hoy (Rheine), die 1982 ihr erstes Championat für Deutschland bestritt und seit 2007 erstmals wieder in ein EM-Aufgebot berufen wurde, im Gelände 20 Strafpunkte für einen „Vorbeiläufer“ an einer Doppelecke anrechnen lassen. Ihr Wieder-Auftritt bei einem Championat fand dennoch ein versöhnliches Ende, auch wenn sie nicht über den 34. Platz hinaus kam.

 

Insgesamt traten 64 Paare zum Gelände an, das sich anders als die aus Deutschland bekannten Strecken durch seine hügelige Trasse mit vielen Bergauf- und vor allem steilen Bergabpassagen, Bodenwellen und zahlreichen Tiefsprüngen auszeichnete. Wer nicht absolut im Gleichgewicht saß, konnte sich unversehens auch am Boden wiederfinden, vor allem eine Kombination am Steilhang forderte ihren Tribut und wurde nach der Hälfte der Starter entschärft, indem das B-Element aus dem Kurs genommen wurde. Am Ende des Tages blieben noch 45 Paare in Wertung, und der Dank des Parcourschefs Ian Stark galt den deutschen Reitern: „Ich bedanke mich bei den Deutschen, die gezeigt haben, dass sich meine Strecke auch stilistisch gut reiten lässt.“
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