Vielseitigkeitsreiter vor "clearance for take-off" nach Rio Drucken
Geschrieben von: Oliver Wehner/ "Die Rheinpfalz"/ DL   
Donnerstag, 28. Juli 2016 um 12:47

Bonn-Rodderberg. Die Vorhut der deutschen Kavallerie beim Olympia-Start in Rio in wenigen Tagen bilden die Vielseitigkeitsreiter. Sie starten um die ersten deutschen Medaillen, die durchaus von den Reitern erwartet werden.

 

Die Alleskönner im Sattel sollen in Rio das olympische Eis brechen und der deutschen Medaillenbank schlechthin, dem Reitsport, die ersten Glückshormone bescheren: Ein Alien, die mögliche Fahnenträgerin, ein Hauptfeldwebel und eine Musterschülerin bilden die Vielseitigkeitsequipe, die Doppel-Gold im Visier hat – also Siege als Mannschaft und im Einzel, wie vor vier Jahren in London.

 

„Der Druck ist da, alle erwarten das“, nimmt der erfahrene Equipechef Hans Melzer (65) die Favoritenrolle seines Teams gern an: „Schließlich haben wir fünf Championate in Folge gewonnen.“ Dass es nun ausgerechnet in Aachen bei der Generalprobe „nur“ zum zweiten Platz hinter Australien reichte, bringt keinen aus dem Konzept, sensibilisiert aber mit Blick auf den Jahreshöhepunkt, der nach dem gerade angetretenen Kurztrainingslager auf dem Bonner Rodderberg dann so richtig am Samstag mit dem Verladen der fünf Pferde in die spezielle Emirates-Boeing im belgischen Lüttich beginnt. Am 9. August werden nach Dressur und Geländeritt im Springen die Medaillen vergeben.

 

Der bereits angesprochene „Außerirdische“ triumphierte 2012 doppelt. Dessen extraterrestrischen Ruf zementierte jüngst Teamkollege Andreas Ostholt, Hauptfeldwebel, Leiter der Reitgruppe an der Bundeswehrsportschule Warendorf, der seinen zweiten Platz bei der Vier-Sterne-Prüfung in Badminton wie den Sieg feierte: „Denn vor mir war ja nur ein Alien.“

 

Und das war natürlich Michael Jung, der unbestrittene König der Vielseitigkeit, der in Rio nun – zwangsläufig – wieder um Gold antritt. Denn eigentlich hatte er sein hochtalentiertes Nachwuchspferd Takinou dort satteln wollen, ein fiebriger Infekt des Wallachs allerdings durchkreuzte den Plan. Und nun fliegt eben der 16-jährige Sam, sein Gold-Partner schon in London, nach Rio de Janeiro. „Wir sind ja ein eingespieltes Team. Ich kenne ihn in- und auswendig, er kennt mich“, sagte Michael Jung gestern am Rande des Trainingslagers der RHEINPFALZ. Jetzt zahlt es sich aus, dass der Schwabe den optisch so unscheinbaren, aber im Gelände traumwandlerisch sicheren Wallach die vergangenen Jahre sehr dosiert einsetzte: „Das war  ein Vorteil. Sam ist topfit.“

 

Teamgefährtin Ingrid Klimke reitet in Rio ihren zwölfjährigen Halbblüter Hale Bob. Als „ganz emotionale Sache“ empfindet die Reitmeisterin ihre Nominierung zur Wahl des deutschen Fahnenträgers bei der Eröffnungsfeier: „Ich erinnere mich noch gut, als mein Vater  1988 in Seoul die Fahne trug …“ Reiner Klimke, die Dressurlegende.

 

Und dann ist da – neben Reservereiterin Julia Krajewski – noch eine gar nicht so geheime Geheimfavoritin. Deshalb, weil Doppel-Weltmeisterin Sandra Auffarth medial immer ein wenig im Schatten Jungs und Klimkes steht. „Das ist schon okay so“, findet sie. Die 29-Jährige setzt auf „Wolle“ – so der Spitzname ihres französisch gezogenen und mit der typischen Sprungstärke seiner Rasse gesegneten Wallachs Opgun Louvo. Spricht sich wirklich leichter.  „Natürlich besteht eine Chance“, sagt die deutsche Meisterin leise. Doppel-Gold ist eben nicht immer für Michael Jung reserviert …

 

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>