Springreiter-Gold an zwei ehemalige Invaliden aus Großbritannien Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 19. August 2016 um 20:27

 

Rio de Janeiro. Erstmals in der Olympischen Reitsportgeschichte seit 1912  musste um die Goldmedaillen unter sechs Kandidaten gestochen werden. Und erstmals in der Historie konnte sich ein Brite in das Geschichtsbuch eintragen: Nick Skelton. Keine Medaillen gab es  für die drei deutschen Teilnehmer.

 

 

Am Ende siegte neben dem Können die Erfahrung. Und da war im Springreiten um die Goldmedaille der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro der Brite Nick Skelton (58) nicht zu schlagen. Der Mannschafts-Olympiasieger von London 2012 siegte in dem bisher erstmaligen Stechen bei Olympia unter sechs Kollegen auf dem holländischen Hengst Big Star vor dem schwedischen Kunstmaler Peder Fredricson (44) auf All In und dem Kanadier Eric Lamaze (48) auf der Stute Fine Lady. Der schon einmal auf Lebenszeit wegen Drogenkonsums gesperrte und dann begnadigte Nordamerikaner, der zu forsch gegen die letzten Hürden anritt, gewann wegen eines Abwurfs am Ende „nur“ Silber. Seine Zeit hätte gereicht, um nach Hongkong 2008 zum zweiten Mal als Goldmedaillengewinner aus dem Parcours zu reiten. Zum dritten Platz, der leider neben den ersten Rängen noch als einziger zählt bei Olympia in der Öffentlichkeit, fehlten dem Schweizer Steve Guerdat, Sieger von London, auf seinem Wallach Nino des Buissonnets 99 Hundertstelsekunden bei ebenfalls einem Abwurf. Nick Skelton ist der bisher älteste Olympiasieger im Springreiten. "Auf diesen Moment habe ich mein ganzes Leben gewartet", sagte er später, als er sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte.

 

Die restlichen Plätze in der Entscheidung zum Abschluiss der Reitwettbewerbe belegten der US-Amerikaner Kent Farrington auf Voyeur und der Scheichsohn Ali Al Thaini (Katar) auf First Devision, die mit je acht Strafpunkten den Wettbewerb beendeten. Der niederländische Welt- und Europameister Jeroen Dubbeldam, 2000 in Sydney auf dem Schimmel De Sjim Goldmedaillengewinner, verpasste mit dem Wallach Zenith wegen eines Zeitfehlerpunktes das Stechen.

 

Von den drei deutschen Teilnehmern war Meredith Michaels-Beerbaum auf dem Schimmel Fibonacci völlig von der Rolle. Ohne Hilfengebung sprang Fibonacci in der Auftaktrunde von sich aus gleich am ersten Hindernis viel zu früh ab und krachte in die Stangen des Oxers. Die dreimalige Weltcupgewinnerin gab danach zurecht auf. Das Pferd blieb unverletzt. Taloubet Z unter Christian Ahlmann und der Fuchs First Class mit Daniel Deußer zogen im ersten Umlauf souverän ihre Bahnen, im zweiten Umlauf hatten beide je einen Abwurf, dass man sagen muss, eigentlich bleiben bei solchen leichten Berührungen die Stangen liegen. Diesmal fielen sie. Pech für beide, die schönes Reiten auf gut ausgebildeten Pferden demonstrierten. Es hätte mehr sein können.

 

Nick Skelton wurde gleichzeitig zum ersten britischen Einzel-Goldmedaillengewinner in der 1912 begonnen Reitsporthistorie  Olympias. Überall war er schon erfolgreich, Viermal gewann er den Großen Preis in Aachen, den Weltcup sicherte er sich 1995, an sieben Olympischen Spielen nahm er teil, sechsmal startete er bei Welttitelkämpfen, und vor 16 Jahren zog er sich einen doppelten Wirbelbruch beim Sturz vom Pferd zu, dass ihm die Ärzte rieten, den Reitsport aufzustecken. Und auch sein Hengst Big Star war mal bereits Invalide. Ende Juni 2013 trug der Quick Star-Sohn den knorrigen Briten in Aachen zum Sieg im Grand Prix der Grand Slam-Serie – und musste anschließend wegen einer Sehnenverletzung über ein Jahr in Kur geschickt werden. Es folgten weitere Pausen, dann leichte Aufbau-Turniere bis hin zum Triumph in Rio. Das Warten hat sich gelohnt.

 

Diskussion um Wassergraben

 

Noch während der Konkurrenzen gab es heftige Diskussionen um das Hindernis „Wassergraben“ in einem Parcours, zusätzlich angeheizt von John Madden (USA), Präsidiumsmitglied im Reiterweltverband (FEI). Beim Fehler am Wassergraben zog sich der Wallach Cortes unter seiner Frau Beezie Madden eine Sehnenverletzung zu, so dass die zweimalige Mannschafts-Olympiasiegerin im entscheidenden Finaldurchgang um Teamgold einen Tag später nicht mehr für die US-Equipe starten konnte. Wie aus Insiderkreisen zu hören ist, lässt John Madden bereits seine Verbindungen spielen, um das Reglement dahingehend ändern zu lassen, dass der Wassergraben bei Championaten nicht mehr zum Parcours zu gehören hat.

 

Der international anerkannte Parcoursbauer Frank Rothenberger, der zum Beispiel in Aachen beim deutschen CSIO die Hindernislandschaft entwirft, denkt in eine ganz andere Richtung. Nach seiner Überlegung sollte die Breite des Grabens nicht mehr als 4,00 m betragen, und ein weißes Band – in Rio irritierte eine rote Abschlusskante - als Begrenzung zur Vorschrift werden. Weiter sagt Rothenberger: „Das Reglement sollte dahingehend geändert werden, dass das trotz Berührens des Bandes bei der Landung der Wassergraben als übersprungen gilt – und nicht mehr als Fehler.“

 

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