Der Traum eines kleinen Mädchens (48) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Samstag, 25. September 2010 um 15:48

 

Diktat verhauen – Reitstallverbot

 

Reitstallverbot. Polly hatte ein schlechtes Diktat geschrieben, mit fünf Fehlern. Das war schlimm genug, denn sie hatte den diktierten Text gekannt. Wie die anderen auch. Und Polly hatte am Wochenende auch noch geübt. Einmal mit Mama, und einmal las Papa ihr das Diktat vor. Beide Male war es ihr fehlerfrei gelungen. Am Montag in der Schule wurden diese allen bekannten Sätze von der Lehrerin diktiert. Am Dienstag verteilte die Lehrerin die Hefte. Nur als sie zu Polly ans Pult trat, schüttelt sie den Kopf und legte das Heft wortlos hin. Fünf Fehler! Polly hatte das zweitschlechteste Diktat der ganzen zweiten Klasse geschrieben.

 

Das Donnerwetter zuhause ließ nicht auf sich warten. „So blöd kann man doch nicht sein“, brüllte der Vater seine Tochter an. „Wie ist so etwas nur möglich“, schrie er weiter und bekam einen dunkelroten Kopf. „Ein bekannter Text. Und dann noch fünf Fehler... Hausarrest!!! Die ganze Woche. Stallverbot!!! Kein Reiten mehr.“ Für Polly brach eine Welt zusammen. Tränen brannten heiß in ihren Augen. Dann liefen sie die Wangen herunter. Sie machten den Hals ganz nass. Mama sagte gar nichts. Sie deckte den Tisch, als ob nichts wäre. Mama, hilf doch!!! Bitte!!! Polly brachte aber kein Wort heraus. Sie flehte innerlich. Aber umsonst.

 

Natürlich ärgerte sie sich am meisten über sich selber. Das Diktat war ihr einfach nur lästig gewesen. Sie rotzte es schnell runter, genau wie die blöde Lehrerin vorlas. Nachher verzichtete sie darauf, noch mal drüberzulesen. Das war der Fehler.

 

Stattdessen hatte sie immer nur an den Reitstall gedacht. Wie schön die Zeit dort war.

 

Das alles konnte nur passieren, weil am Samstag Naomi die ganze zweite Hälfte der Reitstunde am Zügel stand. Ein voll geiles Gefühl! Das Pferdchen schwang sehr geschmeidig den Rücken. Polly saß wie auf einer Wolke. Kerzengerade. Zwischen dem Sattel und Pollys Popo passte kein Blatt mehr. Das Pony kaute zufrieden auf seinem Trensengebiss und ließ den Kopf fallen. Das  hieß, es lief nicht wie so ein Lappenkamel mit durchgedrücktem Rücken und weit nach oben gestrecktem Kopf hinter den anderen aus der Abteilung her. Voll Anerkennung hatte der Reitlehrer für alle deutlich hörbar gerufen. „Super Polly! Naomi geht ja am Zügel wie die Großen. Seht mal her. So muss das aussehen“, sagte Herr van Hopps.

 

Polly war selig.  So viel Lob. Von nun ab würde sie es immer so reiten.

 

Aber dann kam alles anders. Leider.

 

Sie hatte sich so auf die nächste Reitstunde gefreut. Ganz sicher würde das ihr zugeteilte Pony wieder am Zügel gehen. Wie bei den großen Dressurreitern. Egal um welches Pony es sich handeln würde, jedes Pony würde von nun ab bei ihr am Zügel stehen. Und alle Freunde aus dem Reitstall würden sie darum beneiden. Besonders die eingebildete Petra mit ihrem Privatpony. Polly strahlte nur noch vor Glück.

 

 

„Beeil Dich mit den Schularbeiten. Und iss schnell Dein Mittagessen auf. Du weißt ja, wir müssen gleich zum Zahnarzt“, sagte Mama, sobald sie aus der Schule gekommen war. Polly wurde blass. Der Scheiß-Zahnarzt! Sie hatte den Termin total vergessen. Außerdem ging es darum, ob sie in Zukunft eine Zahnspange würde tragen müssen. Dieses Thema verdrängte sie völlig. Deswegen das Vergessen, Damit konnte sie die Reitstunde für heute abschreiben. Das An-den-Zügel-Reiten auch. Mist, Mist, Mist.

 

Dann musste Polly nach dem Zahnarzttermin auch noch das verhängnisvolle Diktat üben. Das entsprechende Ergebnis hatte sie nun.

 

Als sie Dienstag und am Mittwochabend ins Bett ging, weinte sie. Dabei zog sie sich die Bettdecke über den Kopf und ließ den Tränen freien Lauf. Sie musste laut schluchzen. Rotz lief ihr aus der Nase. Wut hatte sie gepackt. Auf Mama, die ihr nicht beistand, auf Papa, der den Strafarrest verhängt hatte und vor allem auf die blöde Kuh, die Lehrerin. Hätte die nicht einfach, nur um nett zu sein, die Fehler übersehen können? Sie konnte sich doch denken, dass Polly den Text eigentlich fehlerfrei aufschreiben konnte. Sie hatte ihn doch schon zweimal geschrieben und kannte den Inhalt. Dass sie das nicht weiter interessierte, war doch wohl klar.

 

Polly wurde müde. Ihre Tränen versiegten. Das Nachttischlämpchen machte sie aus. Aber die Bettdecke zog sie dennoch wieder über den Kopf. Es war keine Kraft mehr da, um weiter wütend zu sein. Letztendlich gestand sie sich ein, als sie allein unter der Bettdecke mit sich haderte, dass sie sich hätte mehr konzentrieren müssen, als die blöde Kuh von Lehrerin den langweiligen Text vorlas.

 

Morgen würde sie ihr Sparschwein, in dem sich etwas angespartes Taschengeld für eine Reithose befand, schlachten. Das Geld würde sie heimlich mit den Schulsachen in den Tornister stecken. Ihr Frühstücksbrötchen würde sie unauffällig einpacken und ebenfalls im Toni verschwinden lassen. Dann würde sie abhauen. Ganz weit weg. Die Erwachsenen würden schon sehen, was sie davon hätten. So behandelte man sein Kind nicht.... und schon war Polly eingeschlafen.

 

Der Mittwoch brachte keine Gelegenheit, ihren Vorsatz umzusetzen. Also musste sie doch in die Schule. Wie immer. Leider hatten sie ausgerechnet die blöde Kuh in der ersten Stunde. Wütende Blicke warf sie der Lehrerin zu. Die aber tat so, als bemerke sie es nicht und hielt die Stunde ab, wie sie wollte.

 

„Hast Du ein Glück!“, empfing Mama Polly nach Schulschluss. „Dein Hausarrest wird zwischendurch aufgehoben. Monikas Mama hat angerufen und darum gebeten, dass Monika mit Dir rechnen übt. Die kann das wohl nicht so gut wie Du. Ich habe zugestimmt und Frau Kettels darum gebeten, dass ihr auch Rechtschreibung übt. Du weißt warum. Monika hatte nur einen winzig kleinen Fehler im Diktat. Du darfst morgen nach der Schule mit zu Monika nach Hause und auch dort schlafen“, sagte Mama mit ganz strengem Gesicht. Polly wagte nicht zu jubeln. Diese Nachricht war die Rettung. Moni hatte ihre Mama bequatscht. Der Plan der beiden Mädchen war voll aufgegangen. Hurra!!!!!!!!!!

 

Sie hatte immer schon mal davon geträumt, zu Moni zu kommen. Dann konnte sie auch überprüfen, ob das mit Hansi stimmt.

 

Hatte Moni wirklich ein eigenes Pony? War dieses Pony tatsächlich bei ihr zuhause?  Hatte Moni die Wahrheit gesagt?

 

(Fortsetzung folgt....)

 

 

 

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