Der Traum eines kleinen Mädchens...(92) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Dienstag, 09. August 2011 um 13:00

 

Neue Farbe für die Boxen...

 

 

„Man kann nicht immer alles bis ins Detail planen“, so der Spruch dieses Ferientages. Die Pony-Kinder des Reitstalles Hubertus konnten ihn schon nicht mehr hören. Obwohl – das Chaos, das jetzt den Stall beherrschte, hatte keiner von Ihnen so vorgesehen. Aber es hatte sich eine Situation ergeben, die sie alle betraf.

 

In der vergangenen Woche wurde die Stallgemeinschaft zusammengerufen, um etwas zu besprechen. Herr Lichtenhügel, der Eigentümer des Reitstalles und aller Schul-Ponys und –Pferde, führte das große Wort in dieser Zusammenkunft. Sie fand in der Tränke des Reitstalles statt.  Polly fiel auf, dass Herr Lichthügel, gleichzeitig auch der Vater ihrer dortigen Freunde Harald und Maria, besonders zuckersüß die Anwesenden begrüßte. Er wandte sich sogar mit überfreundlichen Worten an die Kinder. Das war nun tatsächlich besonders bemerkenswert.

 

Es stellte sich heraus, dass Herr Lichtenhügel, um es mal mit seinen Worten wieder zu geben, die Ferienzeit dazu nutzen wollte, für sie, also die Stallgemeinschaft, eine Verbesserung herbeizuführen. Er könne sich vorstellen, dass alle daran interessiert seien, dass der Reitstall Hubertus in „Schönerem Licht erstrahle“.

 

Polly hörte bei den Erwachsenen ein aufkommendes Raunen. Sie fragten sich auch, was der denn wolle. Die konnten sich auch noch keinen Reim darauf machen. Der Reitstalleigentümer fuhr fort: „Die Kinder haben gerade Schulferien. Ihre Eltern und viele andere haben Urlaub, und wie man sieht, sind sie nicht weggefahren. Alle, die sich in der nächsten Woche freinehmen könnten, würden vielleicht helfen, die Wände des Stalles in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.“

 

Es entstand eine kurze Pause. Alle hielten den Atem an. Dann hatten sie verstanden. Die Katze war aus dem Sack! Aha, die Stallgemeinschaft sollte in der Urlaubszeit den Stall streichen.

 

Herr Lichtenhügel bestellte bei der Wirtin eine Lokalrunde. Jeder konnte trinken, was er wollte. Die Kinder auch.

 

Gerade, als eine heftige Diskussion entbrannte, klingelte das Handy des Stalleigentümers, und er musste leider fort, wie er sagte. Aber er würde in einer Stunde wieder zurück sein.

 

„Der will doch nur die Handwerker sparen!“, „Der will uns doch ausnutzen!“ und „Der war schon immer geizig!“, lauteten die Kommentare, die sofort zu hören waren. Die Kinder waren ganz überrascht, wie die Erwachsenen das Ansinnen von Haralds Vater einstuften. Sie hatten die Vorstellung eigentlich ganz lustig gefunden, die Wände anzustreichen. Daraus könnte ja ein Riesenspaß werden. Die Kinder betrachteten den Vorschlag nicht als unbezahlte Arbeit.

 

In den letzten Sommerferien hatten sie doch auch schon Projekte: der ganze Ponystall wurde einmal ganz gründlich ausgemistet. Oder es gab einen Tag, an dem das ganze Sattelzeug der Schulponys komplett gesäubert und neu eingefettet wurde. Natürlich war dies Arbeit gewesen. Aber, da sie alle zusammen werkelten, hatten sie auch Spaß daran. So könnte das mit dem Streichen auch werden. Da waren sich die Kinder sicher.

 

Nach ein paar weiteren Runden Bier ließen sich die Erwachsenen von den Argumenten der Kinder umstimmen, und schließlich sahen alle das Gemeinschaftsprojekt von Herrn Lichtenhügel wie eine Party an. Vorausgesetzt, Herr Lichtenhügel organisiert hinterher einen großen Grillabend mit freiem Essen und kostenlosen Getränken für alle. Nicht nur ein Getränk, sondern soviel jeder wolle an diesem Abend.

 

Der Stalleigentümer hatte keine andere Chance gehabt, als der Forderung nach einer Grillparty, die er für alle Helfer bezahlte, nachzugeben. Das wurde so beschlossen. Soweit war die Planung für den gestrigen Tag gewesen.

 

Es kam aber anders.

 

Die Eltern der Pony-Kinder hatten einen Plan ausgearbeitet, wer für welche Arbeit zuständig war. Jeder konnte auf dem ausgehängten Zettel nachlesen, für welchen Arbeitsgang er verantwortlich sei. Polly und Anne waren eingeteilt, morgens früh zunächst alle Schulponys aus ihren Boxen heraus auf die Weide zu bringen. In der Zwischenzeit würden die Jungs beginnen, die leeren Pony-Boxen auszumisten. Sobald Polly und Anne sämtliche Ponys rausgebracht hatten, hätten die Jungen damit anzufangen, die Wände der nun schon ausgemisteten Boxen abzuwaschen.

 

Bei den großen Schul-Pferden, den Stallgassen, den Sattelkammern, den Klos, den Abspritzboxen etc. wurde es genauso gehandhabt. Jeder der kommen konnte, hatte seinen Einsatz. Jede Hand wurde gebraucht. Rumstehen gab es nicht!

 

Anne und Polly hatten sich verabredet, ganz früh im Stall zu erscheinen, um möglichst schnell mit dem Herausbringen der Ponys lozulegen. Je eher sie alle fertig wurden, desto eher konnte das Grillen beginnen. Von Harald hatten sie gehört, dass der Vater wunderbares Fleisch und herrliche Salate aus seinem Restaurant „Mörrser Äck“ kommen lassen würde. Das war Anreiz für alle Helfer genug.

 

Aber, Katastrophe. Als Anne und Polly morgens in den Stall kamen, trafen sie auf einen hektischen Reitlehrer und dessen Tochter Aggo. Die beiden schrien sich gegenseitig an und liefen wie wild umher. Sie waren immer noch dabei, die Schulpferde und die Ponys zu füttern. Es war gar kein Denken daran, die Ponys auf die Weide zu bringen.

 

Pitter hatte nicht gefüttert. Er hatte dringend weggemusst. Irgend etwas war mit seinem Bruder in Bayern. Herr van Hopps  hatte es nicht so genau verstanden. Aber der Pitter hatte keine Zeit mehr gehabt, sich um die Tiere im Stall zu kümmern. Er war einfach abgereist. Sonst wären die Pferde schon alle fertig mit Fressen gewesen. Jetzt musste der Reitlehrer und Aggi für den Pitter einspringen. Und die hatten schon ungeduldig geschnaubt wegen der Verzögerung.

 

Es kam den Mädchen ewig vor, bis die Ponys ihren Hafer aufgefressen haben. In der Zwischenzeit trudelten alle anderen Helfer ein. Aber keiner konnte mit seiner Arbeit anfangen.  

 

Auch die Groß-Pferde und die Privat-Pferde und –Ponys fraßen ihr Futter nicht schneller als sonst. Dazu kam, dass Aggi und Herrn van Hopps das Füttern nicht so schnell von der Hand ging wie dem Pitter. Der machte das ja jeden Tag mindestens zwei Mal. Der Reitlehrer eben nicht.....

 

Wenigstens waren die Utensilien zum Anstreichen bereit gestellt. Eimer mit schwarzer und weißer Farbe standen in der Stallgasse. Viele Packungen mit Pinsel verschiedener Größe und Rollen waren vorhanden, dazu auch Lappen, also Aufnehmer. Lösungsmittel war ebenfalls da. Polly sah große Rollen Pappe, mit der der Boden ausgelegt werden sollte. Die Männer standen um Rohre herum, aus denen sie Gerüste bauen sollten, um auch die Stalldecke anstreichen zu können.

 

Schließlich konnten Polly und Anne mit dem Herausführen der Ponys beginnen. Eines nach dem andern. Manchmal entstand ein Stau an der Stalltüre, weil gerade jemand eines der Großpferde herausführen wollte. Dann musste man eben einen Moment warten. Aber das machte den Kohl in der Zeitverzögerung nicht fett.

 

Polly wusch die Box von Mäxchen aus, als sie mitbekam dass Andy, ihr Bruder und Harald mit dem Streichen von Michis Box anfangen durften. Polly hätte auch lieber gestrichen als gewaschen. Aber die blöden Erwachsenen hatten sie für diese uncoole Arbeit eingeteilt. Warum mussten immer die Mädchen abwaschen und so? War doch voll ungerecht, oder?

 

Aus den Augenwinkeln sah sie neidisch zu den Jungen herüber, wie sie so einen Farbeimer öffneten und die Farbe mit einem Bambusstock umrührten. Hierbei verschütteten sie schon Farbei auf den Boden. Gott sei Dank war der ja mit der Pappe ausgelegt.

 

Polly musste mal. Sie ging durch die Stallgasse der großen Pferde und sah, dass dort die Erwachsenen mit ihrer Arbeit schon ein ganzes Stückchen weiter waren. In Sperbers Box stand der Reitlehrer schon auf dem Gerüst und rollte weiße Farbe bis oben in die höchste Ritze zur Decke. Unten hatte er bis Gitterhöhe schwarze Farbe verstrichen. Es sah ungeheuer sauber und neu aus. Die schwarze Farbe glänzte richtig. Wie Lack! Das Weiß oberhalb leuchtete richtig, fand Polly. Sie staunte, wie toll das aussah.

 

Zurück im Ponystall sah sie sofort, dass bei den Jungs in Michis Box nicht alles so glatt lief. Gar nicht ordentlich sah das aus. Sie waren weit davon entfernt, ihre Arbeit so hinzukriegen, dass man hätte staunen können. Arme Michi! In so einer Box wollte Polly als Pony nicht leben. Die Jungs hatten mit der weißen Farbe angefangen und zwar von unten. Sie hatten natürlich gar nicht gefragt, sondern einfach den nächstbesten Eimer aufgemacht, irgendeinen Pinsel, statt einer Rolle genommen, und angefangen die Farbe irgendwie an die Wände zu schmieren. Es sah scheußlich aus!

 

Poly lief, um Herrn van Hopps zu holen. Sie war weit entfernt davon zu petzen. Aber so durfte das auch nicht weiter gehen.

 

„Die schwarze Farbe muss unten hin. Bis zu der Höhe, wo die Gitter der Box anfangen“, ordnete der Reitlehrer an. „Die schwarze Farbe wird nach dem Trocknen eine glatte Oberfläche haben, damit man die Scheiße besser abwaschen kann“, sagte er und die Kinder kicherten, wegen des Ausdrucks. „Manche Pferde kacken direkt vor die Boxenwand. Deswegen macht man die untere Seite nie weiß“, erklärte er dann noch. „Bei der weißen Farbe handelt es sich um Kalk-Farbe. Die wird in Ställen angewandt, weil sie desinfizierend wirken soll. Auch in Ställen von anderen Tieren wird das so gemacht“, erklärte er den Kindern weiter und sagte noch: „Deswegen glänzt die schwarze Farbe und die weiße Farbe bleibt matt“. „Und nehmt für große Flächen eine Rolle“, riet er den Jungs.

 

Da hatte Polly gerade noch ein Desaster verhindert. Ihre Freunde hätten sonst alle Ponyboxen ganz in weiß gestrichen.

 

Später hörten die Kinder noch, dass es bei den Müttern richtig Zoff gegeben hatte. Zwei von ihnen waren nämlich eingeteilt worden, die Toiletten zu streichen. Hierfür war sogar eine extra andere Farbe (Spinat-Grün: voll ätzend!!!!!) ausgesucht worden. Die Toiletten waren aber so ekelig, dass die Damen sich weigerten, darin zu arbeiten. Es musste erst jemand kommen und die Toiletten mit einem Hochdruckreiniger ausspritzen.  

 

Im Stalltrakt, hinter der Reithalle war der große Klaus vom Gerüst gefallen, weil sich eine Stange aus der Halterung gelöst hatte. Er fiel vier Meter tief und hatte nur Glück, weil er auf einer angebrochenen Strohrolle gelandet war. Marianne, seine Frau, die eh nicht so oft im Stall erschien, verbot ihm, nochmals auf das Gerüst zu steigen. Der sonst so beherrschende große Klaus blieb ganz kleinlaut und strich von da ab nur noch unten.

 

Als die Kinder das hörten, schämte sich der kleine Klaus sehr. Für ihn war der  Papa immer der größte und der beste Reiter aus dem Stall. Wie konnte der nur von einem Gerüst fallen???  Das war schon am Nachmittag. Es gab noch so viel zu tun. Die Leute waren nicht mehr so hellauf begeistert wie am Morgen. Langsam kamen immer mehr nörgelnde Stimmen auf. Viele murrten, einige flüsterten, da sollten nur teure Handwerker gespart werden. Wer gemeint war, war allen klar: Der Stalleigentümer.

 

Schließlich war es doch geschafft: der ganze Reitstall sah aus wie aus dem Ei gepellt. Alles erstrahlte wie neu. Alle Helfer waren zufrieden. Frau Schneider aus der Tränke hatte schon lange den Grill angeworfen, so dass die Party nun losgehen konnte.

 

Die ganze Aktion war wohl sehr anstrengend, hatte die Stallgemeinschaft aber noch mehr zusammen geschweißt. Sogar Anton wurde gelobt. Der hatte dreiundzwanzig Schubkarren nassen Pony-Mist weggefahren.

 

Das Fest dauerte bis zum nächsten Morgen um vier Uhr. Sogar die Kinder durften aufbleiben. Nur Maria und Marion lagen seit 22:30 Uhr im Stroh und schliefen tief und fest.

 

(Fortsetzung folgt.....)

 

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>