Der Traum eines kleinen Mädchens...(101) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Freitag, 21. Oktober 2011 um 13:01

 

 

Vor dem ersten Turnier...

 

Endlich Herbstferien! Polly konnte nun wieder ganze Tage bei den geliebten Pferden im Reitstall verbringen. Sie durfte schon vormittags dorthin fahren und wurde erst abends wieder abgeholt.  Nicht nur die Ponys zogen sie in den Stall, sondern auch die anderen Kinder. Mittlerweile hatte Polly viele Freunde gewonnen. Es waren Kinder wie sie, die regelmäßig zum Ponyreiten kamen. Eine Kinder-Clique hatte sich gebildet. Es gab nur zwei Jungen, die nicht selber ritten und dennoch gehörten sie irgendwie dazu, weil sie jeden Tag im Reitstall waren und mit ihnen abhingen, wie man so sagt. Hansi und der wilde Anton. Beide kamen auf ihren Fahrrädern angefahren. Nur so, aber Polly konnte sich ihren Freundeskreis schon gar nicht mehr ohne die beiden vorstellen.

 

Als sie den Stall betrat, sah sie direkt den hellgrünen Zettel an dem schwarzen Brett hängen. Er war mit Klebeband an der großen Tafel, die über dem Futterwagen hing, angebracht.

 

Vereins-Turnier

 

Bitte eintragen !

 

stand da in großen Buchstaben. Darunter waren vier Prüfungen aufgeführt, an denen man teilnehmen konnte. Zwei davon für Ponys, die beiden anderen - jeweils eine Dressur- und Springprüfung - für die Großen. Aber Namen standen dort noch nicht. Polly griff unwillkürlich nach dem Kugelschreiber und wollte sich für beide Pony-Prüfungen eintragen. Dann aber zögerte sie, weil sie nicht die erste sein wollte. Hemmungen hielten sie zurück, ihren Namen ganz alleine in einer der Spalten stehen zu sehen. Erst mal warten, was die anderen machten, dachte sie, und lief  nach ihren Freunden zu suchen.

 

Herr van Hopps, der Reitlehrer, kam gerade aus der Tränke und, ohne „Hallo“ zu sagen, fragte er Polly, ob sie sich eingetragen hätte, welches Pony sie reiten wolle. Ohne ihr die Chance auf eine Antwort zu lassen, schlug er ihr vor, sich mit Little Lord einzutragen. Der Rappe würde bei ihr doch so gut gehen. Für die anderen sei er doch etwas zu schwierig. Ja, sie solle sich für beide Prüfungen auf Little Lord eintragen, oder solle er das für sie machen?

 

So geschah es, dass Pollys Name doch der erste in der Liste war. Als zweiter Name erschien der ihres Bruders Andreas auf Prinz und der von Petra auf Diana. Polly hörte schon ihre Freunde um die Ecke kommen. Auch sie wollten sich für die Pony-Prüfungen in die Rubriken eintragen: Rolf auf Rih, Harald auf Max, Maria auf Lisa und Marion auf Fips. Cordula wollte natürlich auf Michi reiten. Später am Nachmittag erschien noch Thomas, der sich mit Blue eintrug. Anne durfte sich eintragen, erstmal ohne ein bestimmtes Pony. Sabine und Stephan wollten beide auf Whity reiten.

 

Als dann noch etliche andere Kinder zu Pony-Stunde erschienen, schrieb Herr van Hopps deren Namen auch noch auf. „Nicht alle Kinder können ihr Wunsch-Pony reiten, weil wir alle berücksichtigen müssen. Es können nicht zehn Kinder auf Lisa reiten und auf Max nur einer“, sagte Herr van Hopps. „Wir entscheiden das genau am Prüfungstag“, fügte er dann noch hinzu. Das würde wahrscheinlich der Freitag sein.

 

Dann erklärte er den Kindern den Unterschied zwischen den beiden Pony-Prüfungen. Die eine sei eine Prüfung, in welcher der korrekte Sitz des Reiters bewertet würde. In der anderen würde zusätzlich noch das Pony benotet, „ob es am Zügel ginge und so“, sagte er. Die zweite Prüfung sei schon etwas anspruchsvoller, und man könne sogar von einer regelrechten Dressurprüfung sprechen. Deswegen würde heute um  vier Uhr die Pony-Stunde von seiner Tochter Aggi abgehalten. Die wäre für ein Dressurtraining genau die richtige.

 

Polly fiel auf, dass der Reitlehrer schon richtige Vokabeln verwendete, die sie bisher nur bei den Großen gehört hatte, bei denen, die regelmäßig aufs Turnier gingen und zu ihren Vorbildern gehörten: Aggi und Gudrun und Anette sowie Hans, Bernd und Alois.

 

Es war ein großer Moment. Polly stand an einem Wendepunkt im Leben: von einer Anfängerin zu einer Turnierreiterin. Für sie stand fest, sie musste unbedingt  gut abschneiden, das hieß für sie: Beste zu sein.

 

Polly nahm ihr Putzzeug und begann in aller Ruhe, Little Lord zu putzen. Sie hatte Zeit genug bis vier Uhr. Wie immer fing sie mit den Hufen an und setzte das Putzen mit Striegeln fort. Dabei konzentrierte sie sich auf die Trainerstunde bei Aggi, die gleich folgen sollte. In Gedanken ging sie alles durch, was sie bisher gelernt hatte.

 

Mit dem korrekten Sitz fing sie an. Dabei dachte sie an den geraden Rücken, Kopf hoch und Hände tief. In Gedanken hielt sie ihre Hände ganz ruhig und stellte sie nebeneinander auf, den Daumen wie ein kleines Dach auf die Zügel gestellt, damit die ihr nicht durch die Hände flutschten,

 

Dann dachte Polly daran, wie sie Little Lord an den Zügel stellen würde. Viele kleine Paraden würde sie geben und mit Kreutz und Schenkel das Pony gegen die Paraden reiten. Natürlich wusste sie, dass man nicht kleine Paraden sagte, sondern von halben Paraden sprach. Ganze Paraden sagte man nur, wenn man zum Halten durchparierte.

 

Polly hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit verging. Das Rapp-Pony stand geschniegelt und gebügelt – nein gestriegelt und gesattelt – vor ihr, als Aggi die Kinder zur Trainerstunde in die Halle rief.

 

Fest entschlossen, ihr Bestes zu geben, führte sie voller Konzentration und dem nötigen Ernst ihr Pferdchen in die Reitbahn. Aggi lachte gerade über etwas, was Joachim ihr zugerufen hatte. Petra und Anne zickten herum, wer wohl an der Tete reiten durfte. Aggi beachtete die Mädels gar nicht und bestimmte fröhlich, dass Cordula auf Michi sich an den Anfang der Abteilung setzen sollte. Die Abteilung heute war groß, größer als sonst. Alle wollten an der Trainerstunde für das Vereinsturnier teilnehmen. Es waren acht Ponys in der Bahn, die Reiter schäumten vor Ehrgeiz. Sogar die albernen Jungs gaben sich Mühe, ordentlich auf ihren Ponys zu sitzen. Sonst hatten die für Dressurreiten nichts übrig. Aber wenn Aggi die Stunde gab…… Die mochten alle gerne. Da gaben sich auch die Jungs große Mühe.

 

Was Polly vorhin während des Putzens so alles im Kopf durchgegangen war, wollte sie nun unmittelbar umsetzen, Aber das ging nicht. Es fühlte sich nicht so einfach an, wie in Gedanken. Little Lord reagierte nicht so leicht. Er schlug ab und zu unkontrollierbar mit dem Kopf, oder er reagierte gar nicht auf Schenkeldruck, wie Polly es wollte. Verärgert rupfte sie an den Zügeln, wenn der Rappe wieder den Kopf hochriss. Oder sie klopfte fest den Absatz in die Pferdeseite, wenn er nicht tief in die Ecken gehen wollte. Dabei verlor sie ihren guten Sitz und die Lage der Schenkel verrutschte. Polly wurde richtig wütend. Wütend auf sich selber und auf ihr „blödes“ Pferd, das sie so hängen ließ. Polly fand, sie sah völlig unfähig aus und das ausgerechnet heute in Aggis Trainerstunde. Am liebsten würde sie Little Lord mal richtig „einen überbraten“. Polly erschrak über sich selber.

 

Sie war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht merkte, dass es den anderen genauso erging wie ihr. Die Stimmung kippte. Kein aufgeregtes Geschwätz mehr untereinander. Kein Gelächter mehr bei den Jungen. Alle arbeiten hart daran, die ihnen gestellten Aufgaben gut zu erfüllen.

 

Aggi war die einzige, die ihre Fröhlichkeit nicht verlor. Sie lachte über kleine Pannen und Fehlerchen. Sie lachte auch noch, als Harald mal wieder, genau wie früher, kopfüber in den Dreck fiel. Zum Schluss lobte sie sogar die ganze Abteilung, wie gut es geklappt hätte und dass sie das nicht erwartet hätte. Aber für morgen würde sie zur Sicherheit noch eine Trainerstunde ansetzen. Alle sollten morgen wieder um vier Uhr anwesend seien, schließlich wollten alle ja an einer Prüfung teilnehmen, oder?

 

Die Kinder waren erleichtert. So schlimm, wie sich jeder selber vorkam, war es offensichtlich nicht gewesen, Aggi auf jeden Fall war nicht sauer oder enttäuscht. Sie verließ lachend die Reitbahn und ermahnte jeden, morgen zum  Training zu erscheinen.

 

Das tat Polly nur allzu gerne. Morgen würde sie es besser machen. Das wäre doch gelacht, wenn das nicht ginge. Sonst ist Little Lord doch auch schon besser gegangen.

 

Bis zum Vereins-Turnier hatte sie noch etwas Zeit. Die würde sie nutzen….

 

(Fortsetzung folgt,…… )

 

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