Der Traum eines kleinen Mädchens...(108) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Donnerstag, 08. Dezember 2011 um 13:30

 

Polly schmeißt hin - und hat einen neuen Job

Zwei neue Mädchen im Stall: Becky und...

 

Die Probleme waren vorhersehbar, die Differenzen zwischen Polly und dem Eigentümer ihres Pflegepferdes. Kein einziges Mal verging, ohne dass Herr Herrmanns etwas zu meckern hatte. Er hatte an Polly immer etwas herum zu nörgel, wenn es um sein Pferd ging, um das sich Polly kümmerte. Und dabei gab sie sich doch für Fairness solche Mühe. Sie wollte doch immer alles richtig machen. Nach dem Reiten wusch sie immer das Gebiss der Trense ab, auch wenn dort keine Rückstände vom Gebrauch zu erkennen waren. Genauso striegelte sie nach dem Reiten immer die Sattellage ab, obwohl Fairness nie schwitzte, also die Sattellage nie getrockneten Schweiß aufwies. Und dennoch – Herr Herrmanns kam immer angerannt und wollte, dass Polly Fairness noch einmal putzte, bevor er sich sein Pferd für seine Reitstunde fertig machte. Polly kam der Verdacht auf, dass er nur zu faul war, sein Pferd selber zu striegeln. Herr Herrmanns hielt sich nämlich jeweils solange in der Tränke am Tresen auf, bis Polly mit Putzen fertig war.

 

Gestern war es wieder so. Aber Polly war auf Nummer Sicher gegangen. Am Dienstag Abend, nachdem sie auf Fairness an der Siebzehn-Uhr-Stunde teilgenommen hatte, rief sie ihre Freundin Anne herbei, damit diese später bezeugen könnte, dass Polly ihre Pflegestute ordentlich versorgt hatte. Anne wusste, worum es geht. Auch sie musste schon die Erfahrung machen, dass es mit den Eigentümern von Pflege-Pferden oder –Ponys meistens äußerst schwierig ist.

Als Herr Hermanns in den Stall kam, ging er schnurstracks zu seinem Pferd. Er öffnete die Boxentüre gar nicht, streichelte Fairness auch nicht durch die Stäbe, sondern machte gleich wieder kehrt und rief nach Polly. Diese hatte aber den  Herrn schon kommen sehen und gab Anne ein Zeichen hinzu zu kommen. Es half nichts, obwohl Anne versuchte, Polly in Schutz zu nehmen, ließ Herr Herrmanns sie nicht zu Wort kommen - und hatte wieder etwas auszusetzen. Polly stiegen Tränen in die Augen. Es war so ungerecht!

 

Später fasste sie sich ein Herz. Sie ging mutig in die Tränke. Herr Herrmanns stand im Kreise einiger Erwachsenen am Tresen, mit einem Glas Bier in der Hand. Polly ging auf ihn zu und sagte laut und unmissverständlich: „Ich lasse mich nicht ausnutzen. Ich habe Ihre Fairness gut versorgt. Sie können  Ihr Pferd ab jetzt wieder selber putzen. Ich jedenfalls tue es nicht mehr. Für Dienstag bekomme ich noch mein Geld!“

 

Sie hielt die Luft an. Ihr Herz klopfte.  Plötzlich war Stille. Herr Herrmanns blieb der Mund offenstehen. Er wusste nichts zu sagen. Dann stotterte er nur herum. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Portemonnaie  zu zücken und Polly ihren Verdienst zu bezahlen. Polly aber war ihr erstes Pflegepferd und ihre erste Geldeinnahmequelle los.

 

Anne stand zur Unterstützung immer neben Polly. Beide Mädchen verließen jetzt die Tränke. Polly war so stolz darauf gewesen, dass sie durch ihr Können ihr eigenes Geld verdiente. Und dabei hatte Ihre Freundin Anne es noch schwerer als sie, die nämlich bekam von ihren Eltern kaum Geld für Reitstunden. Sie half im Stall, wo immer Not am Mann war, um sich dadurch Reitstunden finanzieren zu können. Aber für Polly bedeutete es auch ein herber Verlust, nun kein Extra-Geld mehr verdienen zu können. Nun war sie wieder auf die Zehnerkarten, die sie von ihren Eltern oder Großeltern bekam, beschränkt. Bedröppelt setzten sich die Mädchen auf den Futterwagen und bedauerten sich gegenseitig.

 

Aber das war gestern, heute sah die Welt schon wieder ganz anders aus für sie. Gut gelaunt ging Polly in den Reitstall. Sie hatte nicht mehr diesen Druck, mit dem Pflegepferd alles richtig zu machen, und auch nicht mehr die Angst, von Herrn Herrmanns beschimpft zu werden. Eigentlich war eine große Last von ihr genommen. Die Verantwortung für ein Pflegepferd hatte sie schon sehr bedrückt, schließlich war sie ja erst zwölf Jahre alt. Und sie wollte ja immer ganz perfekt sein.

 

Sie ging ins Büro und bezahlte mit ihrer Zehnerkarte, wie die anderen Kinder auch. Sie durfte Little Lord reiten. Heute sollten die Proben für die Weihnachts-Quadrille weitergehen. Aber Herr van Hopps warf den Übungsplan über den Haufen. „Wir können heute nicht proben“, sagte er. „Es kommen neue Leute und neue Ponys in den Stall. Ich muss mich erst darum kümmern.“

 

Im Grunde war es Polly egal, obwohl das Einstudieren einer Musik-Quadrille sehr viel Spaß machte. Aber dann würden sie heute eben an den normalen Reitstunden teilnehmen, bis die Neuen ankamen. Wer das wohl war? Ob sie die schon kennen würden? Polly und ihre Freunde rätselten. Aber sie hatten keine Ahnung.

 

Ein neues Pony für Hubertus

 

Zwei neue Ponys kamen in den Stall. Polly hatte etwas missverstanden. Sie dachte, mit den Ponys kämen auch neue Leute. Aber es handelte sich um zusätzliche Ponys für den Schulbetrieb. Aber neue Kinder sollten auch in den Stall kommen, um mit dem Reiten anzufangen.

 

Polly war dabei, als die zwei Ponys ausgeladen wurden. Sie fand beide sehr süß. Das eine Pony war hellbraun mit heller Mähne, das andere weiß mit schwarzen Punkten. Beide waren für Polly zu klein, für den Schulbetrieb aber goldrichtig. Fast gleichzeitig kamen zwei fremde Familien im Reitstall an. Herr van Hopps lief gleich auf sie zu und begrüßte sie mit Handschlag. Während sich Polly mehr für die Pferdchen interessierte, führte der Reitlehrer die Leute in die Tränke. Dort setzten sich alle an einen Tisch und unterhielten sich ganz angeregt. Sie schienen irgendetwas Wichtiges zu besprechen.

 

...und Cilly

(alle Fotos: Olaf Rutschek)

 

Anne und Polly führten die neuen Ponys in den Stall. Sie gaben ihnen frisches Heu, Möhren und Zückerchen. Die beiden Ponys schienen sehr lieb zu sein, an den Umgang mit Kindern gewöhnt. Neue Ponys im Stall zogen immer alle Aufmerksamkeit auf sich.

 

Ulla, die Tochter des Wirtsehepaares von der Tränke, kam in den Ponystall gelaufen und rief Polly und Anne entgegen: „Kommt schnell. Ihr sollt zu Herrn van Hopps, der will was von euch.“

 

Die Mädchen zögerten nicht und begaben sich sofort in die Tränke. Die neuen Leute wurden ihnen vorgestellt. Jetzt erst bemerkten sie die zwei kleinen Mädchen, die Reitklamotten trugen und ganz brav mit am Tisch saßen. „Das ist Cilly,  und das hier rechts ist Becky, die eigentlich Rebecca heißt. Die beiden wollen Reiten lernen. Ihre Eltern möchten, dass die beiden besonders betreut werden. Ich habe dabei an euch gedacht. Hättet ihr Lust, den beiden Mädchen Reitunterricht zu geben? Ihr sollt das auch nicht umsonst machen“, sagte Herr van Hopps zu Anne und Polly. Die Freundinnen schauten sich an und strahlten. „Klar machen wir das. Kommt gleich mit in den Stall“, sagten sie zu den Neuen.

 

 

Der Reitlehrer hatte vorgeschlagen, die beiden neuen Ponys gleich auszuprobieren. Anne und Polly sollten sie für die Kleinen fertig machen und Cilly und Becky dann erst einmal am Strick führen. Allerdings sollten sie nach draußen auf den Platz gehen, weil die Bahn mit Abteilungen besetzt war. Aber das war kein Problem. Aber unter keinen Umständen sollten sie die Ponys loslassen und die kleinen Mädchen alleine reiten lassen, höchstens ganz zum Schluss, wenn sie sicher waren, dass die neuen Ponys brav blieben und nicht durchgingen. Wenn das alles gut klappen würde, hätten Polly und Anne einen neuen Job, hatte der Reitlehrer gesagt.

Die Mädchen nahmen die Kleinen ganz freudig in ihre Mitte und zeigten ihnen den Stall. Die beiden schienen

sehr süß und nett zu sein. Man würde sich sicherlich gut verstehen, und die Tatsache, dass man etwas verdienen konnte, ließ ihre Herzen zusätzlich höher schlagen.

 

Sollte der olle Herrmanns doch Herrmanns bleiben. Der neue Job war viel cooler. Obwohl – ein Großpferd reiten zu dürfen…Ach, ist doch egal, dachte Polly und freute sich über die Kleinen Mädchen und die neuen Ponys.

 

(Fortsetzung folgt…..)

 

 

 

 

 

 

 

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