Der Traum eines kleinen Mädchens...(124) Drucken
Geschrieben von: Uta Ludwig   
Mittwoch, 18. April 2012 um 14:09

Pollys erste bittere Erfahrung...

 

 

Am vergangenen Samstag machte Polly eine Erfahrung, die sich später ständig in ihrem Reiterleben wiederholen sollte. Das machte sie  auf einer Seite stolz, andererseits waren damit Trennung und, wie sie es empfand, und große Ungerechtigkeit verbunden. Das von ihr „ausgebildete“ Pony „Star“ – davon später…

 

Samstagnachmittags kamen oft fremde Kinder, um einmal am Ponyreiten teilzunehmen. An diesem letzten Ferienwochenende tauchten ungewöhnlich viele Leute mit ihren Kindern auf, dass das normale Kontingent an Schulponys nicht mehr ausreichte. „Das ist die  perfekte Gelegenheit, Star erstmals in einer Schulstunde einzusetzen“, sagte Reitlehrer van Hopps.

 

Polly machte den kleinen Wallach fertig und begann mit Abreiten.  Alles klappte wie am Schnürchen. Der Reitlehrer rief dann einen kleinen  Jungen in die Reitbahn, der nun auf Star an der Stunde teilnehmen sollte. Polly hatte diesen Jungen noch nie hier im Reitstall Hubertus gesehen. Mit gemischten Gefühlen half sie dem etwa neunjährigen Jungen auf ihr Beritt-Pony.

 

Der Junge stellte sich gar nicht so doof an. Polly fragte, ob er shcon mal auf einem Pferd gesessen hätte, der Junge erzählte, in Österreich während der Ferien hätte er einige Reitstunden auf einem Haflinger erhalten. Dabei habe er soviel Freude gehabt, dass die  Eltern ihn zuhause richtiges Reiten lernen ermöglichen wollten. Herr van Hopps forderte Polly nun auf, den Führstrick abzumachen und die Bahn zu verlassen. Der Junge sollte sich mit Star hinten an die Abteilung dranhängen.

 

Polly war sehr aufgeregt. Jetzt würde sich zeigen, ob sie einen guten Job gemacht hatte. Sie stellte sich an die Bande neben die Eltern des Jungen und beobachtete Star genau. Sie würde jederzeit sofort erkennen, wann das Pony sich wieder verweigern würde. Aber es geschah gar nichts. Star trabte mit dem fremden Reiter hinter der Abteilung her, als hätte er nie etwas anderes getan.

 

Polly war sehr stolz auf sich. Es kostete sie größte Beherrschung, nichts von ihrer Arbeit mit Star zu erzählen. Kein Wort sagte sie zu den Eltern des Jungen von den früheren Schwierigkeiten, die Star bereitet hatte. Die fremden Leute  ging es ja auch gar nichts an. Aber dass der Reitlehrer nichts von ihrer guten Arbeit sagte, kränkte sie doch ein wenig. „Aber, macht nichts“, dachte sie. Ihre Freunde, die sonst  immer da waren und die von den Schwierigkeiten Stars wussten, waren sowieso jetzt nicht anwesend und verpassten somit ihren Erfolg. Verständlicherweise interessierten die Schulstunden keinen von denen.

 

Polly kamen aber Bedenken, ob Star von nun ab immer so brav laufen würde. Oder würde er wieder in seine alte Angst vor angezogenem Zügel verfallen und vielleicht gar mal anfangen zu steigen? Wenn das der Fall wäre, dürfte sie ihn mit Sicherheit weiter umsonst bereiten. Bliebe Star von nun ab aber brav, gäbe es keinen Grund mehr, ihn von Polly bereiten zu lassen. Für sie hieße das, in Zukunft wieder für Reitstunden mit ihrer Zehnerkarte zu bezahlen. Und sie könnte Star dann nicht mehr wie ihr eigenes Pony behandeln...

 

Nach der Reitstunde half sie dem fremden Jungen Star wieder in den Stall zu bringen. Seine Eltern trabten hinterher und beobachteten, wie Polly das Pony nach der Reitstunde abpflegte und in seine Box stellte. Dabei redeten sie unaufhörlich, wie gut doch ihr Junge, von dem Polly jetzt erfuhr, dass er Jens hieß, mit dem Pony zurecht gekommen wäre.  Star sei ja auch noch so ein besonders hübsches und liebes Pferdchen.

 

Als Polly dann am Sonntag im Stall erschien, kam Anne geradewegs auf sie zugeschossen und teilte ihr die große Neuigkeit mit: „Star ist verkauft.“

 

Polly fiel aus allen Wolken. Da bog schon der Reitlehrer um die Ecke, drängte Anne beiseite und bestätigte, was Anne gesagt hatte. Freudestrahlend erklärte er Polly, wie begeistert gestern die Leute von ihrem Jens und dem Pony gewesen wären, sodass sie das Pony gleich

gekauft hätten. Er habe für den Reitstallbesitzer einen guten Preis herausschlagen können.

 

Polly glaubte kaum, was sie hörte. Star verkauft! Herr van Hopps schien sich auch noch sehr darüber zu freuen. Wie es Polly dabei ging, bemerkte er gar nicht. Die hatte doch ihr Pflegepferd lieb gewonnen. Mit keinem Ton erwähnte er die viele Arbeit, die Polly sich mit dem schwierigen Pony gegeben hatte. Alles vorbei und vergessen! Polly war erschüttert. Star war am frühen Sonntagvormittag schon abgeholt worden. Seine Box stand leer.

 

„Mit einem eigenen Pferd wäre das nicht passiert“,  sagte Polly traurig zu Anne. Sie empfand eine große Ungerechtigkeit. Sie hatte sich so viele Wochen große Mühe gegeben, und als ihre Arbeit Früchte trug, wurde ihr das Pony einfach  weggenommen.

 

Polly verzichtete darauf, am Sonntag zu reiten. Zu tief saß der Schock. Sie fuhr umgehend mit ihrem Fahrrad nach Hause. Den ganzen Weg liefen ihr Tränen über die Wangen.

 

Sie stapfte mit Stiefeln ins Haus. Ihr war egal, ob Mama sich darüber aufregte oder nicht. Ihr war gerade alles egal. Im Vorbeigehen nahm sie wahr, dass beide Brüder in ihrem Zimmer waren. Selbst das interessierte sie in diesem Moment nicht. Verheult ging sie schnurstracks zu Mama in die Küche, um ihr die ungeheuerliche Ungerechtigkeit mitzuteilen. Sie konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Schluchzend erzählte sie vom Verkauf von Star. „Ich will ein eigenes Pferd haben“, bettelte sie endlich unter Tränen.

 

In der letzten Woche hatte sie die Diskussion um ein eigenes Pferd nicht abbrechen lassen. Jeden Tag bei den gemeinsamen Mahlzeiten der Familie fing sie wieder mit diesem Thema an. Papa ließ sich aber nicht erweichen. Bisher. Aber wenn er von dieser Ungerechtigkeit, die seiner Tochter im Reitstall widerfuhr hörte, würde er sich sicherlich umstimmen lassen. Da war sich Polly ganz sicher. Mama allerdings sah die Situation etwas anders. Vorsichtig wies sie ihre Tochter darauf hin.

 

Aber sie bemühte sich, Polly zu trösten. Polly solle doch stolz auf das Ergebnis ihrer Arbeit sein. Dann wies sie noch weiter darauf hin, dass jeder Berufsreiter damit leben müsse, dass seine Beritt-Pferde früher oder später verkauft werden. Dass Bereiter so ihr Geld verdienen. Mama wusste genau, dass Polly davon träumte, ihr Hobby einmal zum Beruf zu machen. Deswegen bereitete sie Polly darauf vor, dass der Verkauf von Beritt-Pferden in der Hauptsache zum Gelderwerb dieses Berufsstandes gehörte. Davon wusste Polly bisher nichts, jetzt begann sie darüber nachzudenken.

 

(Fortsetzung folgt)

 

 

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