Drittes Gold für Hollands Dressur-Equipe - nur Bronze für Deutschland hinter den Briten Drucken
Geschrieben von: Ludwig   
Donnerstag, 13. August 2015 um 20:57

Das selige Dressurteam der Niederlande mit dem Teamchef in Aachen nach der Medaillenübergabe - übrigens mit Seltenheitswert: Keine einzige Reiterin dabei

(Foto: Kalle Frieler)

Aachen. Zum zweiten Mal in der ansonsten so großartigen deutschen Turniersportgeschichte kam der 22-malige Europameister Deutschland als Titelverteidiger in Aachen „nur“ zu Bronze. Sieger wurde zum dritten mal die Niederlande, Silber ging an Großbritannien.

 

 

Vor Jahren wäre ein solcher Ausgang einer Team-Europameisterschaft in der Dressur in Deutschland wie ein Erdbeben gewesen. Doch auch daran hat man sich zu gewöhnen. Deutschland ist nicht mehr die über Jahrzehnte hinweg führende Dressur-Nation. So glaubten bereits nach dem ersten Tag der Team-Entscheidung nur noch einige an ein goldenes Ende. Daraus wurde nichts. Die  insgesamt 27. Dressur-Europameisterschaft seit 1963 endete vor wahrlich spärlich besetzten Tribünen im 40.000 Besucher fassenden Stadion mit einer bitteren Niederlage des Titelverteidigers und Favoriten. Bronze war am Ende ungefährdet, Gold und Silber aber Lichtjahre entfernt. Bundestrainerin Monica Theodorescu suchte auch keine Ausflüchte: „Das hatten wir uns anders vorgestellt. Wir hatten uns Gold vorgenommen.“

 

Europameister zum dritten Mal nach 2007 und 2009 wurde das Team der Niederlande mit 235,629 Punkten vor Olympiasieger Großbritannien (234,229) und Deutschland (230,914). Das in sich geschlossenere Team aus der Niederlande mit dem wieder einmal überragenden Edward Gal auf Undercover, seinem Lebensgefährten Hans Peter Minderhoud auf Johnson und Diederik van Silfhout auf Arlando – alle im Grand Prix als Mannschafts-Prüfung in den Top Ten – musste keinmal bangen, für die Holländer ging es nur noch um Gold oder Silber. Doch ausgerechnet die Weltranglisten-Erste Charlotte Dujardin hatte auf Valegro nicht den besten Tag erwischt. Aus den von ihr erwarteten an die 84 Prozentpunkte wurde nichts, sie war auf dem holländischen Wallach zwar Beste mit 83,029 Zählern vor Gal (82,229), am Ende fehlten den Briten lediglich 1,41 Punkte zu Gold, doch darüber wird schon am nächsten Wochenende nicht mehr geredet.

 

Bereits der Auftakt verlief für die deutsche Mannschaft, seit 1965 nicht weniger als 22 Mal mit Gold dekoriert, alles andere als wunschgemäß. Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) als Neuling im Team und auch erste Starterin sammelte mit dem Hengst Unee BB gute und verheißungsvolle  75,2 Punkte. Und die sollte, so die Taktik, Isabell Werth (Rheinberg) mit dem Wallach Don Johnson leicht steigern können. Doch ausgerechnet bei ihr offenbarte sich ein grauseliges Vabanquespiel seitens der sieben Punktrichter, von denen jeder seine manchmal schwer verständliche  Auffassung über Dressur, Losgelassenheit der Pferde, Taktreinheit, Ausführung der Lektionen zum Ausdruck brachte. So sagte Isabell Werth, die vor lauter Verärgerung über ihre Noten in der Nacht danach nur zwei Stunden schlafen konnte: „Nach meiner Meinung habe ich mit Don Johnson noch nie eine so gute Prüfung geritten.“ Die Juroren setzten sie auf Plätze zwischen 6 und 15, nur 74,9 Punkte, Platz 13. Das war ihr auch noch nie passiert, nämlich im Team das Streichresultat geliefert zu haben.

 

Noch böser erwischte es Matthias Rath (Kronberg) mit dem Rapphengst Totilas. Der wurde gehandelt zwischen den Plätzen 3 und 21. Die zweimalige Olympiasiegerin Nicole Selke-Uphoff sagte danach: „Mir sind diese Unterschiede auch nicht klar.“ Monica Theodorescu: „Über die Richterei wird auch noch zu reden sein.“ Rath, der den einstmals wundervollen Rappen nicht in der Prüfung zum Strahlen brachte, echauffierte sich keineswegs. Er sagte, er habe nun beim Betrachten der Fernsehaufnahmen gesehen, „dass Totilas nicht ganz taktrein ging.“ Aber bei der obligatorischen Verfassungsprüfung vor dem Wettbewerb hätten auch die beiden Tierärzte in der Kommission keine Bedenken vorgebracht. Einen Wechselfehler hatte er auch noch, sechster Platz, 75,971 Punkte.

 

Die zweifache deutsche Meisterin Kristina Brörer-Sprehe hätte nun alles mit dem Hengst Desperados richten können, nicht um Gold, aber um Silber. Doch auch sie kam nicht über die ihr so bekannte 80,0 Punktemarke hinaus. Mit 79,743 wurde sie Dritte.

 

Ein wahres Bravourstück lieferte wieder einmal Reitmeister Jean Emile Bemelmans, kurz Jan Bemelmans. Nachdem er vor Jahren die vor sich hinreitenden und in Schönheit fast sterbenden Spanier in die Weltspitze führte, schaffte er nun ein zweites Wunder mit den Franzosen. Hinter Spanien (222,486) und Schweden (221,557) erreichte das Tricolore-Team den sechsten Platz (212,757) und ist damit neben den bereits qualifizierten Mannschaften aus Großbritannien, Niederlande und Deutschland wie Spanien und Schweden im nächsten Jahr bei Olympia in Rio am Start. Drei Plätze waren noch zu vergeben, nicht erreicht haben die Olympia-Qualifikation die viel höher eingeschätzten Russen, Dänen, Österreicher, Belgier oder die Schweizer, über die der früher so erfolgreiche helvetische Medaillen-Sammler Otto Hofer sagt: „Wir sind noch nicht so weit…“

 

Um die Nutzbarkeit unserer Seiten zu verbessern, verwenden wir Cookies. Falls Sie mit der Speicherung von Cookies nicht einverstanden sind, finden Sie hier weitere Informationen. Weitere Informationen >>> Cookie-Hinweis.

Hinweis >>>