Medaillenregen für deutsche Pferdezucht bei WM junger Dressurpferde Drucken
Geschrieben von: Offz/ DL   
Montag, 06. August 2018 um 08:17

Ermelo. Die deutsche Pferdezucht präsentierte sich bei den Weltmeisterschaften junger Dressurpferde im niederländischen Ermelo in bestechender Form. Sechs von neun möglichen Medaillen gingen in die Bundesrepublik.

 

 

Einen schöneren Abschluss hätten die Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde in Ermelo für die deutsche Pferdezucht kaum finden können: Im abschließenden Championat der Sechsjährigen lieferten sich der Hannoveraner d’Avie und der Rheinländer Villeneuve ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das mit zwei Zehntel Punkten Differenz zugunsten des Hannoveraners entschieden wurde.

Sechs von neun möglichen Medaillen, je zweimal Gold, Silber und Bronze – Dr. Klaus Miesner, Geschäftsführer des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, hatte wahrlich allen Grund zu strahlen. „Das war eine Spitzenausbeute unserer deutschen Zuchtverbände.“ Miesner richtete ein dickes Lob an den Ermeloer Veranstalter, der trotz der schwierigen Bedingungen mit großer Hitze und Trockenheit die Weltmeisterschaften perfekt organisiert und für Reiter und Pferde beste Bedingungen geschaffen habe. „Ich würde mir allerdings wünschen, dass noch mehr Züchter aus dem In- wie Ausland die Weltmeisterschaften besuchen. Sie sind eine großartige Plattform der Pferdezucht“, ergänzte er.

 

Zum Abschluss des viertätigen Championats im niederländischen Pferdezentrum, vergleichbar mit dem Deutschen Olympiade-Komitee/Bundesleistungszentrum in Warendorf, vertraten auch der Weltmeister und der Vize deutsche Farben. Einige der sechsjährigen Dressurpferde hatten bereits im vergangenen Jahr das Ermeloer Viereck kennengelernt, so auch der neue Champion d’Avie, Sechster im Finale 2017. Erneut mit dem Spanier Severo Jurado Lopez, Bereiter im Stall des Dänen Andreas Helgstrand, am Start, tanzte der elegante Hannoveraner leichtfüßig und locker schwingend über das Viereck. Für den herausragenden Galopp des Fuchses v. Don Juan de Hus aus einer Londonderry-Mutter spendierten die Richter sogar die Höchstnote 10. Chefrichter Dr. Dietrich Plewa bescheinigte dem Spanier, dass er ein „Meister der Präsentation“ sei. Für Jurado Lopez ist es die nunmehr vierte Goldmedaille bei der WM der jungen Pferde. Wie schön er den Hengst reitet, erfreut auch Züchterin Dorothee Heitmüller (Nienburg). „Ich hatte d’Avie in die Hände eines Hengstaufzüchters gegeben. Über den Verdener Hengstmarkt wechselte er dann in den Besitz von Andreas Helgstrand und wird dort hervorragend von Severo trainiert.“

 

Züchterkollegin Edeltraut Hähn (Bergneustadt), bei der der neue Vize-Champion Villeneuve zur Welt kam, pflichtet bei: „Wir Züchter können gute Pferde züchten, aber sie müssen auch in die richtigen Hände kommen, sonst nutzt das alles nichts.“ Ihren im Rheinland geborenen Fuchshengst Villeneuve v. Vitalis-Dancier hatte sie als Fohlen an einen Hengstaufzüchter verkauft und ist heute sehr stolz, welche Entwicklung er eingeschlagen hat. Villeneuve wurde als Reservesieger der westfälischen Körung an Elisabeth Max-Theurer, Gestüt Vorwerk, verkauft. Bereiterin Laura Strobel präsentierte den elastischen Fuchs hervorragend, allerding wirkte Villeneuve ein klein wenig müde. Mit der Punktsumme von 9,24 rangierte das Paar nur einen Wimpernschlag hinter dem Sieger d’Avie, der von den Richtern 9,26 Punkte erhalten hatte.

 

Die Bronzemedaille bei den Sechsjährigen gewann der KWPN-Hengst Hermes v. Easy Game-Flemmingh, den Dinja van Liere vorstellte (8,78). Auf Platz vier behauptete sich erneut ein deutsches Pferd: Matchball OLD v. Millennium-De Niro erreichte mit Stefanie Wolf die Punktsumme 8,62. Der elegante Rappe, auch 2017 schon bei der WM am Start, stammt aus der Zucht von Helga Lütje (Uplengen) und gehört Wolfs Arbeitgeber Johann Hinnemann in Voerde.

 

Weltmeister der Siebenjährigen aus NL

 

Nach gleich drei Medaillen in der Altersklasse der fünfjährigen Dressurpferde am Vortag gewann die deutsche Pferdezucht im Klassement der siebenjährigen noch einmal Bronze: Der Hannoveraner Fürsten-Look mit seiner norwegischen Reiterin Isabel Freese. Neuer Weltmeister ist der niederländische Hengst Glamourdale, den die Britin Charlotte Fry vorstellte.

 

Nach seinem Sieg in der Qualifikationsprüfung wurde der Hannoveraner Fürsten-Look v. Fürstenball-Londonderry als Favorit auf den Titel „Weltmeister 2018“ gehandelt. Der lackschwarze Hengst, der bei Johannes Sabel im niedersächsischen Gersten zur Welt kam und der Paul Schockemöhle Hengsthaltung gehört, macht seinem prominenten Vater Fürstenball alle Ehre: Er war Siegerhengst der Oldenburger Sattelkörung, mit seiner Ausbilderin Isabel Freese Hannoveraner Champion, Bundeschampion und schon einmal qualifiziert für die Weltmeisterschaft. Die norwegische Chefbereiterin der Dressurpferde im Betrieb von Paul Schockemöhle stellte den Rappen in einer exzellenten, kraftvollen Trabtour vor, die den Richtern die Höchstnote 10 wert war. Auch der Schritt gefiel (9,0), aber zu Beginn der Galopptour deuteten sich erste Spannungen an, die zu einem erheblichen Fehler führten: Fürsten-Ball verweigerte die Dreier-Galoppwechsel, die Note für die Durchlässigkeit sank, die Goldmedaille war verloren (Gesamtpunktsumme 84,036). Isabel Freese erklärte es sich so: „Der Hengst hat eine Riesengaloppade, es fehlte ihm einfach etwas Kraft. Aber es war erst seine dritte S-Dressur und deshalb bin ich trotzdem sehr zufrieden.“

 

Bald wird die 39-Jährige eine Trainingspause mit Fürsten-Look und allen anderen Pferden einlegen müssen, denn sie und ihr Ehemann Bastian Freese erwarten Ende November ihr erstes Kind. Im kommenden Jahr will Isabel Freese mit Fürsten-Look den Nürnberger Burg-Pokal ansteuern „und dann hoffe ich, dass wir weiter in Richtung Grand Prix marschieren werden“, erzählte sie.

 

Die Goldmedaille bei den siebenjährigen Dressurpferden gewann der Hengst Glamourdale. Der Rappe aus der niederländischen Zucht, der von Lord Leatherdale aus einer Negro-Mutter abstammt, wurde von der 22-jährigen Britin Charlotte Fry vorgestellt. Die junge Frau, ehemalige Schülerin von Olympiareiter Carl Hester, ist als Bereiterin im Stall der Dänin Anne van Olst in der Nähe von Breda/ Niederlande angestellt, dem Glamourdale auch gehört. Mit 87,05 Punktsumme führte der elegante Rappe das Feld klar an. Silber sicherte sich wie im vergangenen Jahr die Niederländerin Adelinde Cornelissen mit dem in ihrer Heimat gezogenen Totilas-Jazz-Sohn Governor-Str (84,143).

 

Revolution wird Weltmeister

 

Die deutsche Pferdezucht stellte bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde im niederländischen Pferdezentrum Ermelo nicht nur den neuen Weltmeister in der Altersklasse der Fünfjährigen, sondern sicherte sich auch Silber und Bronze. Den Titel gewann der westfälische Hengst Revolution v. Rocky Lee, den der Däne Andreas Helgstrand vorstellte, mit 9,62 Punkten. Der Sohn des Rock Forever-Enkels Rocky Lee aus einer Rouletto-Mutter, ein wahrer Athlet, kam bei Yasemin Yanik (Essen) zur Welt. Die Studentin hatte den Braunen als knapp Zweijährigen verkauft. Wenige Monate später wurde der Hengst in Hannover gekört und wechselte in den Besitz des bekannten Dressurreiters und Pferdehändlers Andreas Helgstrand. „Ich habe schon dreimal Gold bei einer WM gewonnen, aber das war am aufregendsten, denn noch nie, nie war das Level im Finale so hoch“, sagte der Däne. Dies konnte sowohl die niederländische Chefrichterin Mariette Sanders bestätigen als auch Dr. Klaus Miesner, Vorstandsmitglied des Weltzuchtverbandes WBFSH und Geschäftsführer des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Miesner betonte: „Wir haben hier einen wirklich ungemein qualitätsvollen Jahrgang der fünfjährigen Pferde erlebt, so gut wie schon lange nicht mehr.“

 

Auch die Silbermedaille sicherte sich ein Pferd aus deutscher Zucht: der Hannoveraner Destacado bestach mit Eleganz und Schmelz unter dem Sattel von Matthias Alexander Rath (Kronberg), der die exzellenten Grundgangarten und das Potenzial des Fuchses bestens zur Geltung brachte. Besonders der Schritt des Pferdes ist absolute Weltklasse und war den Richtern die Höchstnote 10 wert (Gesamtnote 9,48). Destacado ist kein Unbekannter. Der Desperados-Londonderry-Sohn aus der Zucht von Heinrich Gießelmann (Barver) war dreijährig Bundeschampion unter Pascal Kandziora (Spelle) und schnitt vierjährig als bester Hengst bei seiner Sportprüfung ab. Er befindet sich im Besitz von Friederike Lohse und des Gestüts Schafhof in Kronberg.

 

Die Ballerina unter den Hengsten tanzte sich regelrecht in die Herzen der Zuschauer: Candy OLD, im vergangenen Jahr Bundeschampionesse in Warendorf, wurde in Ermelo mit Bronze geschmückt (9,38). Die bildhübsche Tochter des Sir Donnerhall aus einer Fürst Heinrich-Mutter stammt aus der renommierten Zuchtstätte Hilde und Paul Wendeln (Garrel) und wurde von Eva Möller (Hagen) vorgestellt – vertretungshalber während der Babypause von Helen Langehanenberg (Billerbeck). In Kürze muss sich Eva Möller wieder von der Oldenburgerin Candy trennen und meinte in der Pressekonferenz lachend: „Das war der Deal, und jetzt hoffe ich natürlich, dass das nicht Helens letztes Baby ist.“

 

Auch das viertbeste Ergebnis (9,24) erzielte ein deutsches Pferd: Zucchero heißt der Sohn des niederländischen Hengstes Zonik aus einer Prince Thatch-Mutter. Der Oldenburger aus der Zucht von Hans-Heinrich Brüning (Süstedt) wurde von Frederic Wandres (Hagen a.T.W.) vorgestellt.

Ergebnisse Ermelo

 

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