Totilas regt zu Leserbriefen ebenfalls an... Drucken
Geschrieben von: PferdeWoche   
Montag, 08. August 2011 um 10:43

 

Zürich. Der Hengst Totilas sorgt weiter für Diskussionen und regt zu Leserbriefen an. Die wöchentlich erscheinende Schweizer „PferdeWoche" wurde nach dem CHIO von Deutschland in Aachen geradezu überschwemmt mit Post, in der sich mancher recht kritisch äußerte. Hier einige Auszüge:

 

 

Völlig unnatürlich

 

„Mit Interesse habe ich Ihre Berichterstattung vom CDIO in Aachen 2011, verfasst von Frau Birgit Popp, gelesen und mit Entsetzen das Foto von Totilas unter Matthias Alexander Rath sofort in meinem Computer gespeichert. Zugegebenermaßen handelt es sich im Heft vom 20. Juli um eine Momentaufnahme und ich habe die Dressuraufgabe des obgenannten Paares leider selbst nicht gesehen. Doch habe ich die Karriere von Totilas schon länger unter Edward Gal ziemlich genau verfolgt und das Pferd in ähnlicher Pose bereits früher oft während eines ganzen Programms gesehen.

Ich persönlich war während rund 30 Jahren zuerst im Spring- und später dann ausschließlich im Dressursport aktiv. Leider war es mir nicht vergönnt, ein begnadeter Reiter zu werden. Allerdings durfte ich glücklicherweise während meiner Laufbahn von den Erfahrungen von international anerkannten Ausbildern in unzähligen Reitstunden profitieren. Ich habe mich auch während Jahren mit den Grundsätzen der klassischen Reitkunst in Büchern der sogenannten «alten Reitmeistern» befasst. Das Bild des Tieres unter Herrn Matthias Rath, welchem ich prinzipiell in keiner Weise die reiterliche Kompetenz absprechen will, schlägt meiner Einschätzung nun wirklich «dem Fass den Boden aus». Was diese Haltung von Totilas mit gespannten, völlig unnatürlichen Tritten in der Piaffe mit bis an die Brust gezogenem Hals (Hyperflexion) mit Dressur oder Reitkunst oder tiergerechtem Verhalten zu tun haben soll, übersteigt schlicht mein Vorstellungsvermögen.

 

Tierquälerische «Ausbildung» toleriert

 

Ich frage mich, was (wie immer nur meiner persönlichen Meinung entspricht) für Banausen von sogenannten O-Richtern in ihren Kabinen sitzen, welche diese für mich eindeutig tierquälerische «Ausbildung» nicht nur tolerieren, sondern auch noch mit Noten zwischen Acht und Zehn honorieren. Gleichzeitig verurteile ich die Presse mit ihren euphorischen und für mich nicht nachvollziehbaren und nicht fundierten Kommentaren über das erwähnte Paar – außer ich verstehe wirklich gar nichts von der Sache, dann entschuldige ich mich in aller Form für meine Kritik! Wie soll sich die interessierte Dressurjugend verhalten, welche logischerweise ihren Idolen nacheifern möchte und welche Rolle spielt dabei die FEI als sogenannte Oberaufsicht in diesen Fällen?.....“

 

Thomas Schatzmann

Zofingen AG

 

 

Piaffen-Verwirrung

 

„Ich bin erstaunt über Ihre Berichterstattung vom CDIO Aachen in Bezug auf das Foto, welches den Reiter Matthias Rath auf Totilas in der Piaffe zeigt! Warum? Auf Seite 28

in der gleichen Ausgabe schreibt Anne Schmatelka einen erstklassigen Bericht über die korrekte, pferdefreundliche Ausbildung eines Dressurpferdes. Das Foto

von Marianne Fankhauser-Gossweiler auf ihrem Pferd Stephan soll uns Leser aufzeigen, wie eine korrekt gerittene Piaffe aussehen sollte. Wenn ich nun die Abbildung vom Dressurturnier in Aachen anschaue, dann muss ich feststellen, dass die Piaffe von Totilas nicht dem entspricht, was die klassische Dressurreiterei unter dieser Lektion versteht. Im Gegenteil, gemäß graphischer Darstellung von Frau Schmatelka auf Seite 29 befindet sich das «Ausnahmepferd» Totilas in der Kopf-Halsstellung sogar im gesundheitsschädlichen Bereich, von der verspannten Rückenpartie einmal abgesehen.

Ich finde solche Turnierbilder in einer Berichterstattung unangebracht, da ein falsches Bild von dieser Lektion der «Hohen Schule» gezeigt wird. Das dient weder den Dressurreitern noch dem allgemeinen Reitsport, vor allem aber macht es – und das ist das Wichtigste – die Pferde krank, wenn sie dementsprechend geritten werden. Ich würde mir wünschen, dass Sie als Fachzeitschrift zukünftig Bilder veröffentlichen würden, bei denen man wirklich ins Staunen kommt und nicht Mitleid für Totilas empfinden muss.“

 

Elisabeth Hofmann

Boniswil AG

 

 

Nötig

 

„Der Artikel «Nase vor der Senkrechten» war nötig. Auch Totilas Seite vier und Corinth Seite fünf der Pferdewoche haben die Nase gelegentlich hinter der Senkrechten. Obwohl ich die Ritte von Mathias Alexander Rath in Aachen sehr schön fand. Sie zeichneten sich durch fast unsichtbare Hilfegebung aus.“

 

Jutta Cadalbert

Walenstadt SG

 

 

An Rath weiterleiten

 

„Wie gewohnt schlug ich sofort die neue Pferdewoche auf, aber dann traute ich meinen Augen nicht, was ich auf Seite vier erblickte. Wie kann ein Reiter lächelnd auf einem Pferd sitzen, das dermaßen erbärmlich das Kinn auf der Brust hat? Ist das wirklich der allseits hochgelobte großartige Totilas? Sicher, es ist wieder nur eine Momentanaufnahme. Ich habe die Vorführung nicht gesehen. Umso mehr würde ich nicht verstehen, warum ausgerechnet ein solches Bild publiziert wird, das der Überschrift und dem Kommentar so gar nicht entspricht. Als ich weiterblätterte, stieß ich auf den Artikel über die Stellung der Nase. Bitte lassen Sie doch diesen Artikel Herrn Rath zukommen. Man hat ja bekanntlich nie ausgelernt. Ich hoffe sehr, dass die Situation für die Pferde mit Beiträgen wie «Zurück zum korrekten Reiten» verbessert werden kann.“

 

Erika von Wild

Ostermundigen BE

 

 

Geld versaut den Charakter

 

„Mit Freude habe ich Ihren Artikel.... Der Titel war «Zurück zum korrekten Reiten». Sehr schön auch das Bild, im negativen Sinne, auf Seite 29 des Artikels von Frau Schmatelka. Allerdings bin ich beim Durchblättern auf Seite vier am Bild von Totilas bereits erschrocken. Wenn Sie nun die Seiten zwischen den beiden Artikeln einrollen, so sehen sie den direkten Vergleich zwischen Totilas und dem Pferd auf Seite 29. Braucht man dazu noch etwas zu sagen? Unter Punkt «E» ist zu lesen, welche Konsequenz dies hat. Es ist die Frage, wie Totilas es schafft, sein Vorderbein so extrem hoch anzuheben bei dieser Kopfhaltung. Als Anhänger der klassischen Reitlehre, wie z.B. bei Egon von Neindorff, habe ich kein gutes Gefühl, dass solch ein Pferd nicht auf lange Sicht Schäden davonträgt. Doch wer hat Schuld an solchen Bildern? Sind es die Zuschauer mit ihrer Gier nach spektakulären Vorführungen? Oder die Turnierrichter, die dies zulassen und auch vielleicht durch die Veranstalter unter Druck stehen? Denn wer holt sich einen Richter, der dagegen punktet und solche Bilder nicht zulassen möchte? Will man wieder Bilder sehen, wie auf Seite 28 von Frau Fankhauser mit ihrem Schimmel, müsste man vielleicht Reitturniere abschaffen, da allzu viel Geld nicht nur den Pferdecharakter, sondern vor allem den des Menschen versaut. Noch einmal, Gratulation zum hervorragenden Bericht auf Seite 28/29 und deren Verfasserin Frau Schmatelka.“

 

Thorsten Haug

Görlitz (GER)

 

Zum Sportgerät degradiert

 

„Dieser Artikel hat mich beschäftigt und die publizierten Leserbriefe auch. All diese Gedanken gingen mir schon öfters durch den Kopf. Ich bin eine «alte» Dressurreiterin, Richterin und auch Trainerin. Mein erstes Dressurpferd sah dem Stephan von Marianne Gossweiler sehr ähnlich. Warum? Zu dieser Zeit waren die Dressurpferde etwas kaltblütiger und besaßen einen Hals mit Ober- und Untermuskulatur fast gleichwertig. Dann waren sie oft auch etwas eng in den Ganaschen. Unser Problem damals war es, mit möglichst guter Sitzeinwirkung das Pferd über den Rücken durchs Genick zu reiten. Dazu waren nicht eben alle Reiter fähig. Nun, eine ganz andere Zeit und andere Probleme. Die Züchter haben sich «Mühe» gegeben, durch Vollbluteinfluss das Pferd leichtfüßiger und im Unterhals schwächer und deshalb leichtrittiger zu machen. Da war auch ganz klar eine gute Wirtschaftsidee dahinter. Diese Pferde wurden mit viel Beifall gut geheißen und zu Superpreisen gekauft. Nun leider die Antwort auf diese Pferde: Die Reiter haben zwar hohe Ambitionen, sehr viel Ehrgeiz (Pferd hat ja viel gekostet), aber wenig Einfühlungsvermögen und viel zu technische Reitweise (entspricht unserer Zeit). Dadurch entsteht eine schlechte Partnerschaft. Gerade auf diese wäre ein Pferd so sehr angewiesen.

 

Früher waren wir mit den Pferden viel enger verbunden. Wir verehrten sie und wollten sie nicht verlieren. Heute sind sie zum Sportgerät degradiert - es gibt ja einen Sponsor, der sorgt schon für den Nächsten. Wie soll man diesem Problem begegnen?

 

Konsequente Abzüge

 

Ich war kürzlich als Richterin für drei Tage in Österreich. Dabei habe ich zwölf verschiedene Programme..., war neun Mal Richter bei C, drei Mal bei H und für vier Prüfungen Aufsicht auf dem Abreitplatz. Aus dem Dialog mit meinen Richterkollegen habe ich festgestellt, und sie waren sich sehr einig, jeder Zungenfehler ergibt pro Lektion zwei Punkte Abzug. Falsche Haltung (hinter der Senkrechten) ebenfalls zwei Punkte Abzug. Dann hinter der Senkrechten in einer Verstärkung, noch größerer Abzug. Das wäre ja eine gute Superidee, dieser falschen Reitweise zu begegnen. Bei uns ist das eigentlich bei der Richterei noch immer nicht klar. Vieles wird als Grenzfall toleriert.

 

Ausbilder sollten Vorbilder sein

 

Der Beweis kommt zufällig aus der gleichen Zeitung; Berichterstattung von der Dressurprüfung in Maur. Da ist ein Foto vom Sieger... Wie kommt ein Eidg. dipl. Reitlehrer (der ja Vorbild für seine Schüler sein sollte) zu einer solchen Reitweise und wird Sieger!? (Reiter im Stuhlsitz, viel Handeinwirkung, Nachhand schleppend, Pferd hinter der Senkrechten). Mir kommt ganz automatisch die Idee: Wie sind denn die übrigen Reiter geritten? Ausbilder sollten für ihre Schüler ein sicheres Vorbild sein und auch eine klare Linie in die Reitweise hineinbringen. Talentierte Pferde sind genügend vorhanden. Ihnen wünsche ich von Herzen einen feinfühligen Reiter.“

 

Karin Roshard

Illnau ZH

 

 

Spannend und paradox

 

„Ich habe in der Ausgabe der PferdeWoche vom 20. Juli beim zweiseitigen Bericht über den CDIO Aachen Dressurprüfungen, mit dem Titel «Imposant und dominant», die dazu gezeigten Fotografien angeschaut. Das erste zeigt Totilas, der Gewinner der Prüfung. Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine Schweizer Dressurreiterin abgebildet. Beide werden in höchsten Tönen gelobt in beigefügten Text, ja der Totilas hat ja auch gewonnen. Tolles Beispiel. In der gleichen Ausgabe, auf Seite 28, ist ein Bericht, der das korrekte Reiten erklärt. Dazu abgebildet ist ein «korrektes» und «falsches» Foto. Zitat: «...enge Hälse gehören heute offenbar schon zum guten Ton....» ...Mit diesem Satz bin ich voll einverstanden, bestes Beispiel hierfür finde ich Totilas, man betrachte zum Vergleich dazu das auf Seite vier gezeigte Foto von ihm und das «falsche» Foto bei dem Bericht...Total widersprüchlich. Ich finde es einerseits total spannend und paradox, dass eine Zeitung solch widersprüchliche Berichte preisgibt (und dann noch innerhalb einer Ausgabe). Andererseits finde ich es beschämend, dass sie nach dem Publizieren des Textes über das korrekte Reiten trotzdem im Bericht über den CDIO Aachen die Reiter und ihr Gezeigtes so positiv formulieren. Wo ist da der aktuelle Lernschritt und der Bezug zur Realität?

 

Keine Besserung

 

Hätte da im Bericht über den CDIO eine Parallele zum «Lerntext» über korrektes Reiten stattgefunden, hätte ich dies anders schreiben können. Dieses Beispiel zeigt für mich wieder einmal gut, wie viel man eigentlich über gesundes Reiten (oder ansatzweise gesundes Reiten) versteht und aber die Realität ganz anders aussieht. Wie uns das populäre Dressurreiten meistens präsentiert, findet der Transfer zur Theorie über gesundes Reiten ja sogar in den scheinbar höchsten Niveaus nicht statt. So wird sich der Pferdesport nicht verändern, und die armen Pferde werden weiterhin gequält.“

 

Seraina Burri

Winterthur ZH

 

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