Hugo Simon wird 70 - und wahrscheinliche Hochzeit Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Mittwoch, 01. August 2012 um 22:31

 

Weisenheim. Am kommenden Freitag wird Hugo Simon 70 Jahre alt, einer der sicherlich größten Springreiter aller Zeiten – und einem on-dit zufolge heiratet er auch wieder,  ans Aufhören denkt er übrigens nicht…

 

 

Er wird 70 und hat dennoch keine grauen Haare, und er reitet immer weiter, „wahrscheinlich, bis er tot aus dem Sattel fällt“, sagt seine Ex-Frau Gabi. Die Rede ist von Hugo Simon, verrückt, und dennoch mit Überlegung, nett und unerbittlich, immer unruhig, so, als gäbe es für ihn keinen Morgen und keinen Abend, einer für das Geschichtsbuch des Reitsports. Er ist der Älteste seiner Zunft auf diesem Level,  zuhause in Weisenheim am Sand in der Pfalz, er reitet für Österreich, dort hätten ihn schon viele gerne als Präsidenten der nationalen Föderation gesehen, das will er nicht. Die Feier anlässlich seines 50. Geburtstags während der Olympischen Sommerspiele in Barcelona übertrug ein TV-Sender live in die USA.

 

Nie zuvor in der langen Geschichte dieser einst nur dem Adel und den Offizieren vorbehaltenen Sportart konnte sich bisher ein Springreiter in diesem Alter so lange oben halten.

 

„Reite nicht mehr für Asche...“

 

Eigentlich hatte er schon länger das sportliche Adieu von der sportlichen Bühne geben wollen, mit der Verabschiedung des Wallachs E.T. 2004. Nun aber meint er, er werde weiter solange dagegenhalten, solange er einige noch im Parcours zu ärgern vermag. Und so sagte der dreimalige Weltcupgewinner jetzt wieder einmal: „Ich reite, solange ich selbst Spaß habe, solange die Zuschauer mich sehen wollen.“ Und: „Der Unterschied zwischen den anderen und mir ist doch ganz einfach der: Ich reite nicht mehr um Asche, ich reite nur noch fürs Publikum.“ Asche, wie Geld in der Branche genannt wird, hat zur Genüge allein der Hannoveraner Wallach E.T. eingesprungen, ohne Autos und andere Ehrengaben an die 3,6 Millionen Euro.

 

Hugo Simon, der in der Dressur früher gegen Josef Neckermann ritt, in der Vielseitigkeit antrat, seine Pferde wie kaum ein anderer gymnastiziert, der nach eigenen Worten für Österreich startet, „aber im Herzen Pfälzer ist“, Freundschaft zu Altkanzler Helmut Kohl pflegt, war dreimal Weltcup-Gewinner, zehnmal Austria-Staatsmeister (Rekord), gewann mit der Equipe völlig überraschend in Barcelona 1992 Olympisches Silber, holte in Rotterdam bei den sogenannten Olympischen Ersatzspielen 1980 – nach West-Boykott von Olympia in Moskau wegen des Überfalls  auf Afghanistan durch die damalige UdSSR – auf Gladstone neben Team-Bronze noch Einzelgold vor John Whitaker auf Ryans Son, Melanie Smith (USA) auf Calypso und Paul Schockemöhle auf Deister, er nahm an sieben Olympischen Spielen teil, ritt 13 Europameisterschaften  (verlor die Goldmedaille 1979 in Rotterdam mit Gladstone am letzten Sprung, so „nur“ Bronze), kam zu Silber in Mannheim 1997  auf dem später geklonten ET -  und er startete bei sechs Weltchampionaten, dabei Bronze auf Lavendel in Hickstead 1974. Einsame Rekorde. Er hat sich jedem und überall gestellt, „geschockt hat mich nie einer.“

 

Fünfmal hängte man ihm in Hamburg das Blaue Band als Zeichen  des Siegers im Deutschen Derby um. Bis 1971 ritt er für Deutschland, ab 1972 für Austria. In Dortmund hat er auf Lebenszeit Startrecht, und die Alpenrepublik zeichnete ihn mit dem „Goldenen Vaterländischen Verdienstorden“ aus.

 

Als Rentner durch die kanadischen Rockys

 

Den Eintritt ins offizielle Rentenalter 2007 begann er in den kanadischen Rocky Mountains. Er erfüllte sich mit seinen beiden Freunden Dr. Michael Ritter und Siegfried Nied einen Kindsheitstraum. Das Trio („Die glorreichen 3“) ritt acht Tage jeweils 60 km, sie schliefen in Indianerzelten und versorgten sich selbst. Sie saßen auf den trittsicheren Mustangs und waren fern jeder Zivilisation. Hugo Simon, der mal sagte, er habe Angst, dass er eines Tages vor nichts mehr Furcht habe, gestand nun nach dem Trip: „Einmal hatte ich wahrlich die Hosen voll, als wir einen Weg ritten, der lediglich einen Meter breit war, aber links und rechts ging es rund 30 m in die Tiefe. Für die Pferde war das nichts, ich aber werde so etwas nicht ein zweites Mal mehr machen...“

 

Margit Herzau, Pflegerin, Stallmanagerin und auch Lebenspartnerin, wurde im Dezember 2009 in Porto gefragt, wer denn dieser Hugo Simon wäre, sie sagte später: „Am ersten Tag kennt man ihn kaum oder gar nicht, am Ende wussten alle, wer Hugo ist.“ Hugo Simon: „Keiner versteht so richtig, warum ich mir noch Turniere antue. Aber manchmal habe ich eben noch richtig Spaß daran. Aber anschließend lege ich größere Pausen ein.“

 

Bis 1971 ritt er für Deutschland, ab 1972 für Austria, der deutsche Verband hatte zwar Interesse an seiner Ausnahmestute Fair Lady, aber nicht an ihm. Doch da entsann sich seine damalige Frau Gabi, dass er ja neben der deutschen auch die österreichische Staatsangehörigkeit besitze. Die Eltern waren nämlich nach dem Zweiten Weltkrieg aus der böhmischen Heimat vertrieben worden, dort war Simon geboren. Als eine Art Entschädigung aber blieb den Flüchtlingen aus dem ehemaligen K&K-Reich auch der österreichische Pass.  Der Sprung über den rot-weiß-roten Oxer glückte problemlos. Hugo Simon wurde auf Lavendel Vierter, platzgleich mit Hartwig Steenken aus Deutschland, „dass kein Deutscher besser war, das war für mich entscheidend.“

 

Hat er noch Wünsche? „Nein, ich habe alles, ich bin gesund, mehr brauche ich nicht“, sagt er. Er benötigt noch keine Brille, weil er sich neue Linsen einsetzen ließ, den bösen Sturz im letzten März beim Turnier in Dortmund mit Schulter-Operation in Heidelberg hat er ebenfalls bestens überstanden. Er startet weiter und weiter – fast wie in alle Ewigkeit. Und an seinem 70. Geburtstag will er auch noch heiraten, seine Stall-Managerin Margit Herzau (45)…

 

Sprüche des Hugo Simon

 

„Für mich ist die Goldmedaille echt, obwohl ich sie bei den Olympischen Ersatzspielen in Rotterdam 1980 gewann“

 

„Preisangaben über Pferdeverkäufe sind fast immer gelogen. Und Unglück bringen sie auch“

 

„Welchen Umweg bist Du denn geritten?“  (Nach seinem Sieg auf ET im Großen Preis von Frankfurt/ Main 1996 zu Lars Nieberg, der auf For Pleasure im Stechen fast sein Leben riskierte und doch „nur“ Zweiter wurde)

 

„Wenn ich meinen Bauch einziehe, dann wissen meine Pferde: Jetzt geht die Post ab...“

 

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