Zum Fall Isabell Werth: Verhandlung - Sperre - abgehakt Drucken
Geschrieben von: Wolfgang Leiss/ DL   
Mittwoch, 19. März 2014 um 17:24

Rottweil. Sportjournalist Wolfgang Leiss beschäftigt sich wie viele andere – vor allem im Ausland -  auch mit dem Fall Isabell Werth. Das Verfahren wurde nun eingestellt, doch in Warendorf hat niemand die Größe einzugestehen, Deutschlands seit Jahren beste und erfolgreichste Dressurreiterin auch menschlich sehr getroffen zu haben.

 

Der Kommentar von Wolfgang Leiss in Dressur Aktuell:

 

Endlich sind die Beteiligten zur Vernunft zurückgekehrt!

Unabhängig von allen Gutachten, hat das Große Schiedsgericht die zwei entscheidenden Argumente gegen eine Sperre von Isabell Werth so gewichtet, dass Isabell Werth zwar nicht freigesprochen wurde, aber zumindest das Verfahren eingestellt wurde und sie mit einer kleinen Geldbuße und ohne Sperre davon kommt.

 

Was ist an diesem Schiedsspruch besonders? Brauchen wir in Zukunft Grenzwerte?

 

Das Schiedsgericht stellt fest und bewertet erstmals, dass die gefundene Menge „keine medikamentöse Wirkung gehabt habe.“ Diese Tatsache trifft wohl auf viele, wenn nicht gar auf die meisten Dopingfälle zu, da die gefundenen Restmengen im Blut oder Urin sich meist im Nano Bereich befinden. Machen solche Bewertungen Schule, wird die Diskussion über Karenzzeiten, die medikamentöse Wirkung und Grenzwerte neu belebt.

 

Findet man z.B. 14 Tage nach einer Teilsedierung wegen Scherens eines Pferdes noch Reststoffe der Sedierung, kann in Zukunft lustig diskutiert werden, da mit dem Urteil im Fall Werth ein Präzedenzfall geschaffen wurde. Weiß doch jeder Reiter, dass eine solche Sedierung nur wenige Stunden anhält und 14 Tage später keinerlei Wirkung mehr zu spüren ist.

 

Nationale Regeln müssen an internationale angepasst werden

 

Auch der Hinweis darauf, dass das Medikament Cimetidin im internationalen Turniersport erlaubt ist, sollte die Diskussion, ob es Sinn macht, national und international andere Gesetze zu haben, neu anfachen. Es ist unabdingbar, dass die FN sich intensiver an der Regelausformung beim internationalen Verband der FEI einbringt und - wenn dort etwas beschlossen wird - sich schneller an internationale Regeln anpasst.

 

Cimetidin ist nicht das einzige Medikament, das national verboten, aber international erlaubt ist. Solange die FN davon ausgeht, dass Pferde, die medikamentös behandelt werden, krank sind, z.B. bei der Behandlung mit Antibiotika, und dass „kranke“ Pferde nicht auf Turnieren eingesetzt werden sollen, werden die Turnierpferde entweder nicht behandelt, oder bleiben zu Hause. Wobei das erstere leider meist geschieht und das zweite unnötig ist. Hier muss bei der FN ein Umdenken einsetzen auch im Hinblick auf das Tierschutzgesetz, das uns verpflichtet, Tiere zu behandeln.

 

Entscheidung auf alter Grundlage

 

Ärgerlich bei dem Gesamtablauf ist, dass das Große Schiedsgericht nicht aufgrund neuer Erkenntnisse, sondern auf der alten Grundlage, nach Erkenntnissen, die der Disziplinarkommission auch schon vorlagen, entschieden hat. Wie viele zerbrochene Scherben und öffentliche Diskussionen über den Reitsport hätte uns die Disziplinarkommission erspart, wäre sie gleich zu diesem Ergebnis gekommen, das das Große Schiedsgericht jetzt präsentiert hat. Es ist kaum vorstellbar, dass sich die Beteiligten, speziell der FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach und die betroffene Reiterin Isabell Werth, in Zukunft unvoreingenommen begegnen werden.

 

Gleiches Maß für Alle?

 

Auch muss man sich fragen, was wäre passiert, wenn nicht eine mehrmalige Olympiasiegerin, sondern eine unbekannte Turnierreiterin betroffen gewesen wäre? Die Antwort ist wohl allen klar: Verhandlung, Sperre, abgehackt!

 

 

 

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