Springreiten - ein knallhartes Geschäft ohne Gnade... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 20. Januar 2015 um 23:39

Wassenberg. Der Reitsport treibt einer wahrlich ungewissen Zukunft entgegen. Einigen wird das passen, doch „Reiten für Deutschland…“ lockt nicht mehr…

 

 

Der Springsport ist inzwischen ein eisiges Geschäft geworden. Die besten Reiter starten in Deutschland nur noch aufgrund zwingender Verträge, bei Meisterschaften und vielleicht noch bei Turnieren wie in Hamburg, Stuttgart, Aachen oder Leipzig, wo das Geld einigermaßen fließt. Deutschland ist keine Heimat mehr des Springsports, Deutschland hat keine Helden mehr wie früher Fritz Thiedemann, Hans Günter Winkler, Alwin und Paul Schockemöhle, Hartwig Steenken, wer reitet denn noch für Deutschland, wer ist denn noch stolz darauf, für Deutschland in einem Preis der Nationen zu starten?

 

Bundescoach Otto Becker kennt die Crux, überhaupt noch Reiter zu finden für Offizielle Internationale Turniere, CSIO, da hat doch jeder, der angerufen wird – Ausnahme natürlich Aachen -, längst schon die Ausschreibung gelesen und weiß, welches Preisgeld ausgeschüttet wird. Hermann Schridde, einer der größten deutschen Springreiter nach Ende des Zweiten Weltkriegs, mit seinem Sportflugzeugzeug 1985 tödlich verunglückt, sagte im Juli 1980 bei seinem Dienstantritt als Bundescoach: „Ich möchte, dass wir wieder dahin kommen, dass Reiten für Deutschland eine Ehre ist.“

 

Hehre Worte aus einer Zeit, als beispielsweise der damalige Springausschuss-Vorsitzende Otto Schulte-Frohlinde noch mit Scheinen honorierte, dass die Spitzenreiter zur Schonung der Pferde Turniere ausließen. Der Reitsport ist inzwischen längst ein knallhartes Geschäft. Das Pferd als Freund passt in Märchen, aber nicht in die Wirklichkeit. Der Pferdesport ist Geschäft. Und an diesem Geschäft verdienen Veranstalter, Pferdehändler und die besten Springreiter der Welt. Die Züchter kaum, sie haben nur die Hoffnung im Stall. Und im Sport hat das Pferd keine Chance, sich zu wehren. Es kann ja nicht reden. Nicht alle, aber viele Spitzenpferde müssen gehen, bis sie nicht mehr durch eine Verfassungsprüfung vor einem Turnier kommen.

 

Keine Gnade mit den Pferden

 

Viele Pferde werden geradezu ausgelutscht, bis sie nicht mehr können. Die Saison kennt keine Pausen mehr, und jeder Veranstalter, ebenfalls zurecht, will die besten Pferde mit den besten Jockeys am Start haben, dafür zahlt er, und deshalb legt auch der Besucher sein Geld hin…,Wer macht sich auch schon Gedanken über ein einzelnes Tier, wo es eingesetzt wurde, wann und wie bereits oder wie oft im Jahr, wann war es mal wieder in der heimatlichen Box zur echten Erholung, welcher Transportstress liegt hinter einem solchen Lebewesen, wie viele Kilometer, mit wie vielen Spitzen wurde es fit gemacht. Auch Veterinäre wissen um das Geldmachen.

 

Im Spitzensport hat der Springreiter kaum eine Chance, auch Tierfreund zu sein. Er muss ja überleben, und mit ihm die Angestellten, die daran hängen, alles kostet. Im Pferdesport gibt es kein Hartz vier, der Reiter hat einfach vermögend zu sein. So die öffentliche Meinung.

 

Geschäftsmann Jan Tops

 

Dass Turniere auch ein Geschäft sein können, hat vor allem der niederländische Mannschafts-Olympiasieger Jan Tops (53) wie kaum ein anderer erkannt. Er war nicht schlauer, doch intensiver, hartnäckiger. Er setzte 2006 die Idee einer Serie um, die Paul Schockemöhle viel früher bereits ausbrütete, aber der dreimalige Europameister war ja auch mit allem anderen zusätzlich beschäftigt. Tops konzentrierte sich jedoch auf diese Serie. Er erfand die Global Champions Tour mit dem sicherlich auch etwas scheinheiligen Vorwand, er wolle den Springreitern endlich wirklich etwas zukommen zu lassen, der Sport sei ja schließlich so teuer…Er machte alles richtig, für den Sport, die Unterhaltung, aber auch für sich selbst. Er wohnt inzwischen nicht mehr in Valkenswaard in Holland, sondern im Steuerparadies Monaco. Vor allem aber blieb er Pferdehändler. Und vom Handel versteht keiner mehr als der Niederländer. Wie sagte mal der inzwischen ins Präsidium des Reiterweltverbandes, FEI, aufgerückte Vorsitzende des Aachen-Laurensberger Rennvereins (ALRV), Frank Kemperman, als er ein landesübliches Sprichwort weitergab: „Wenn Dich ein  Holländer nicht beschissen hat – dann hatte er es vergessen…“ Kemperman ist übrigens Niederländer.

 

Wer genügend Penunze hinlegt, den macht Tops beritten. Und sollte es nicht passen, wird eben gegen ein anderes Pferd getauscht, gegen Aufpreis natürlich.  Tops verpflichtete auch immer die besten Bereiter, darunter Rolf-Göran Bengtsson, Steve Guerdat oder Daniel Deußer, sie hatten in erster Linie die Pferde für die Kunden "hinzubiegen".

 

Nun verscherbelte Johannes, Augustinus, Petrus  Tops, kurz Jan Tops, die Hälfte der Serie an den Amerikaner Frank McCourt, der wiederum hatte vor drei Jahren die Anteile an einer Baseball-Mannschaft für die Rekordsumme von 2,5 Milliarden Dollar veräußert. Tops kam sicher nicht zu kurz bei dem Deal. Doch damit war der Einstieg in den nordamerikanischen Markt geschafft. Auftakt der neuen Serie ist im April (2. bis 4.) deshalb nicht zufällig in Miami in Florida, danach folgen noch weitere 14 Turniere bis zum Finale Mitte November in Doha. An Preisgeld werden zehn Millionen Euro ausgeschüttet, An die besten 18 beim Finale geht eine Million. Neben Miami ist nun auch zusätzlich Rom dabei, deutscher Austragungsort bleibt Hamburg im Rahmen der Derby-Woche. Man könnte wetten, dass ein Tops mit „Neben-Prüfung“ bei einem Turnier wie ausnahmsweise Hamburg nicht zufrieden sein kann und wird. Sein Ziel kann nur heißen: Global Champions Tour in Berlin unter dem Brandenburger Tor…

 

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