Von einem der auszog, mal ein ganz Großer zu werden: Daniel Deußer Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Donnerstag, 09. April 2015 um 14:45

Lausanne. Der Aufstieg des Hessen Daniel Deußer zur ersten Position der Springreiter-Weltrangliste verlief geräuschlos. Außerhalb des Parcours anhängig ist jedoch weiter eine Einigung mit ihm bzw. seinem früheren niederländischen Stall Tops im Rechtsstreit mit der deutschen Reiterlichen Vereinigung, die wegen Verweigerung der Reitlizenz im Jahre 2000 in allen Distanzen verlor – und rd. 130.000 Euro zahlen soll…

 

 

Der Vater ritt, die beiden Onkel, die Mutter – aber Daniel Deußer (33) wurde der Beste und Größte der Familie aus dem Hessenort Hünfelden-Kirberg. Und er war besessen von seinem Sport, wie sich sein Entdecker Siegfried Herröder noch gut erinnert…

 

Er war längst anerkannt wegen seines Talents, wegen seines sauberen Charakters, wegen seines Könnens, Bundestrainer Otto Becker mochte ihn längst, und auch Herdenführer Ludger Beerbaum zollte ihm nur Lob. Doch der Hesse konnte nicht an irgendeinem großen Turnierstall mit einem Sack voller Euro anklopfen, um sich weiterzubilden, Erfahrung zu sammeln, auf gute Pferde gesetzt zu werden - Er hatte in jungen Jahren nie einen Sponsor als Rückendeckung und auch keine entsprechenden Pferde, um im großen Konzert des Springsports wenigstens mal einmal die Pauke bedienen zu dürfen. Aber er hatte eines: Talent und Fleiß. Er musste sich mit harter körperlicher Arbeit wie ein Zeitarbeiter nach oben schuften, mit Schwielen an Po und Händen, aber wenig Freizeit. Doch er war besessen, wie vor fast undenklichen Jahren Paul und Alwin Schockemöhle, Hans Günter Winkler, Hermann Schridde, Fritz Thiedemann, Reiner Klimke, andere Altvorderen, Josef Neckermann, Hugo Simon und solche, die nur dem Sport lebten.

 

Der Tag des Daniel Deußer hat immer mindestens zwölf Arbeitsstunden. Sechseinhalb Jahre arbeitete er im Verkaufsstall des Erfinders der Global Champions Tour und Team-Olympiasiegers von 1992 in Barcelona, Jan Tops, im niederländischen Valkenswaard. Am 30. April 2012 beendete er den Kontrakt mit Tops und wechselte in den Stall „Stephex“ von Stephan Conter in die Nähe von Brüssel. In Valkenswaard war er zuletzt nur noch die Nummer zwei hinter der ebenfalls zur Weltelite zählenden  Tops-Ehefrau Edwina Alexander aus Australien, bei Stephex ist er die Nummer 1. Deußer war wahrlich kein schwächerer Springreiter, doch eben in schwächerer Position im Stall. Das wusste er, und so sagte er  Jan Tops ganz ehrlich, sollte er die Möglichkeit haben zum Aufbau eines eigenen Stalles oder eine bessere Möglichkeit zum Weiterkommen, werde er diese Chance ergreifen. Tops (54) zeigte sich leicht beleidigt, wollte Deußer halten, doch der ging.

 

Der Weggang von Tops zu Stephan Conter war der Passepartout für den jungen schlaksigen Daniel Deußer. Und mit dem Wallach Cornet d`Amour flog er dem Reiter-Himmel ein weiteres Stück entgegen. 2013 gewann er auf dem Schimmel erstmals die deutsche Meisterschaft, mit der Equipe kam in Herning bei der Europameisterschaft Silber dazu, 2014 holte er den Weltcup in Lyon und wurde mit dem belgischen Wallach First Class erneut Deutscher Titelträger. Bei den Weltreiterspielen im letzten Jahr verpasste er durch einen Abwurf im entscheidenden Durchgang mit Cornet d`Amour wegen eines Abwurfs („mein Fehler“) das Finale der letzten Vier.

 

Siggi Herröder und Franke Sloothaak

 

Der Entdecker mit Blick für das Große von Deußer ist ohne Frage Siegfried Herröder (Büttelborn), der hat ihn weitergereicht an Franke Sloothaak, „bei ihm habe ich das dressurmäßige Ausbilden von Springpferden erlernt.“ Von ihm habe er auch Geduld mitgenommen, Gelassenheit, „Franke bleibt immer ruhig.“  Sloothaak, Doppel-Weltmeister von 1994, zweimal Team-Olympiasieger, kam nach seinem Umzug von Holland nach Deutschland zu Alwin Schockemöhle nach Mühlen, und der war wiederum – wie früher alle Springreiter - fit auch in der Dressur, „weil eben ein Springpferd ebenfalls immer unter Kontrolle des Reiters sein soll“ (Daniel Deußer). Siggi Herröder über seinen ehemaligen Schüler: „Top-Charakter, fleißig, der hat nie nach Freizeit gefragt, der wollte nur reiten, reiten, reiten.“

 

Bei Franke Sloothaak war Deußer, der mit Pferden aufwuchs und nach dem Einjährigen im Gymnasium den Beruf eines Reiters ergriff, viereinhalb Jahre, „eine Superzeit“, sagt er. Von ihm habe er unglaublich viel abschauen können, „von ihm lernte ich, dass man mit Pferden nicht sprechen kann, aber kommunizieren. Man glaubt ja gar nicht, auf welche wunderbare Weise man sich mit Pferden auf eine ganz andere Art dennoch unterhalten kann.“ Er wurde in der Sloothaak-Zeit Zehnter der Deutschen Meisterschaft und durfte erstmals in Aachen starten beim CHIO, „ich war selig“.

 

Über Siggi Herröder wiederum lief die Verbindung zu  Jan Tops, der einen neuen Bereiter suchte, nachdem der spätere Europameister Rolf-Göran Bengtsson (Schweden) den Job in Valkenswaard geschmissen hatte und auch der Schweizer und spätere Olympiasieger Steve Guerdat gegangen war. Franke Sloothaak habe damals gesagt, wenn er in seinem Alter wäre, würde er die Chance auch ergreifen. Daniel Deußer meinte später, er habe den Schritt nie bereut, „denn ich hatte bei Jan gute und auch genügend Pferde zu reiten, hatte einen guten Job, konnte auf Super-Turniere fahren wie die Global Champions Tour.“

 

Seit Jahren ist er liiert mit Caroline, Tochter des Team-Olympiadritten von 1976 Eric Wauters (Belgien), seit Februar sind die beiden Eltern von Tochter Stella, er hat die Gewissheit, dass Cornet d`Amour nicht verkauft wird, er hat zuletzt viel gewonnen, ehe er zur Nummer 1 der Weltrangliste aufstieg und den auf diesem Platz wie zementierten Briten Scott Brash ablöste  – nun beim Finale in Las Vegas erneut den Gewinn des Weltpokals zu erwarten, wäre fast vermessen…

 

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