Die Aufteilung der Springreiter-Welt in alles oder nichts... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Sonntag, 10. Mai 2015 um 18:26

 

Wassenberg. Die aufstrebende Wirtschaftsmacht China wird nun auch immer mehr für die Springreiter-Elite zum Eldorado im Goldschürfen. Nie zuvor bei einem Turnier kam z.B. Marco Kutscher zu so viel Gewinngeld…

 

 

Der Springsport ist auf bestem Wege zur reiner Show von wenigen Elitereitern zu mutieren, die als Zirkusunternehmen um die Welt reisen. Bestes Beispiel: Die Global Champions Tour. Dort gastieren jene, die sich aufgrund von Weltranglistenpunkten, Medaillen und Meisterschaftsschärpen hochgedient haben in den Kreis der 30 Auserwählten auf der Weltrangliste. Sie werden eingeladen, fliegen mit Entourage um die Welt, haben keine Kosten, können aber schön kassieren. Nach oben kamen sie zum Punktesammeln dank der ganz normalen Turnierveranstalter, die jedoch inzwischen vor allem in Deutschland nicht mehr wissen, woher das Geld nehmen, wie Sponsoren gewinnen, wenn sich inzwischen Print- sowie Funk- und Fernsehmedien abwenden.

 

Das spürten besonders zuletzt Ulli Kasselmann als Organisator des 45. Offiziellen Internationalen Dressurturniers (CDIO) von Deutschland in Hagen (8. bis 12. Juli) und  Peter Hofmann als Veranstalter des 100. Offiziellen Springreiterturniers (CSIO) von Deutschland  ein paar Tage später (16. bis 19.Juli) in Mannheim, weil sie sich vor allem vom deutschen Verband in Warendorf arg im Stich gelassen fühlen. Und Aachen wiederum schwadroniert immer noch durch die Lande, als gäbe es in diesem Jahr wie üblich den „Dschio“ in der Soers. Und dass auch noch ein großes Dressurturnier als Beiprogramm zum Grand Slam der Springreiter Ende Mai in Aachen eingeklinkt wurde, sorgte vor allem bei Kasselmann für heftige Verstimmung, „weil vorher nicht angekündigt.“

 

Ohne Turniere kein Sport – keine Zucht

 

Deutschland ist der größte Verband in der internationalen Föderation (FEI), eines der wichtigsten Zuchtländer in der Welt. Ohne den entsprechenden Untersatz ist auch ein Weltklassemann wie Ludger Beerbaum nur ein ganz normaler Freizeitreiter. Auch ein Beerbaum hat mal ganz unten angefangen, auf kleinen Turnieren. Wenn sie wegbrechen, weil keiner mehr investieren will, fehlt irgendwann der Unterbau. Und ohne alle jene vielen ländlichen Turniere, wo erstmals die Pferdeprodukte gezeigt werden können, ist auch für einen Züchter das Ende gekommen. Denn der Züchter ist im Grunde der Ärmste in der ganzen Schlange. Wenn er für ein Fohlen 10.000 Euro erhält, darf er sich als Gewinner fühlen. Die Zucht ist inzwischen fast nur noch da, um irgendwann jene Nationen zu beliefern, wo die Zucht eine Fremdwort bleibt, aber Erfolg alles ist. Dort kommt aber auch der Begriff Tierliebe in keinem Wörterbuch vor.

 

Jeder Reiter fängt mal ganz unten an. Nicht jeder setzt sich durch. Am Ende blieben jene übrig, die aufgrund ihres Talents gefördert wurden oder Geld im Portemonnaie hatten. Der Zirkel bleibt jedenfalls überschaubar. Da passt gut der Spruch von Reitmeister Jan Bemelmans, der mal sagte: "Wenn Du oben bist, vergiss nie, die unten zu grüßen - denn Du bist meist schneller wieder unten als Du denken kannst."

 

Die oben sind, denken meist nicht an jene, die sich unten aufhalten, woher sie alle auch mal kamen. Oben gibt es das große Geld, wie nun bei der Global Champions Tour in Shanghai. Da kehrte jetzt der frühere deutsche Meister Marco Kutscher (Bad Essen), Pferdewirtschaftsmeister, für einige Monate Mannschafts-Olympiasieger auf Montender in Athen 2004, ehe durch die „Einsalberei“ von Ludger Beerbaums Hengst Goldfever aus Gold dann Bronze wurde, doch mit insgesamt 181.453 Euro Preisgeld aus China zurück. Von der vierten Station der Global Champions Tour, und im Hauptspringen bekam er nicht einmal einen Cent ab. Am Schlusstag griff er sich in zwei Springen fast  nochmals insgesamt 66.000 Euro ab. Zum Vergleich: Denis Lynch (Irland) als Sieger um die traditionelle Goldene Peitsche des Turniers in Nörten-Hardenberg auf dem Wallach Abbervail van het Dingeshof (15) bekam 14.850 Euro…

 

Springreiter rechnen und denken meist nur in „Asche“, so der Chargon. Wer keinen Sponsor hat, hat schon verloren. Und Sponsoren wollen Erfolge sehen, mitbestimmen wie nun  im Falle des Schweizer Championatreiters Pius Schwizer, dem „Reiter des Jahres“ wurde sein Spitzen-Kracher Toulago abgezogen und in Beritt des französischen Europameisters Roger-Yves Bost (50) gegeben. Die breite Öffentlichkeit hat zwar den Tierschutzgedanken im Kopf, streift ihn aber spätestens beim Ticketkauf wie eine lästige Fliege ab. Der Zuschauer will die Elite sehen, dafür wird meist geworben, dafür zahlt er. Und so sagte unlängst ein früher sehr bekannter deutscher Springreiter: „Es ist unglaublich, wie die Pferde heute springen, fast jedes Wochenende über Klamotten von 1,60 m Höhe - da haben die Tierärzte sicher Hochkonjunktur.“

 

Es gibt zwar Verfassungsprüfungen bei internationalen Veranstaltungen, aber man hört wenig über Untersuchungen was Medikation betrifft.

 

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