Das Drama um Totilas beschäftigt auch die FAZ Drucken
Geschrieben von: Evi Simeoni in FAZ/ DL   
Samstag, 15. August 2015 um 20:17

Aachen. Mir dem Thema Totilas und dem verunglückten Auftritt in Aachen bei der Europameisterschaft beschäftigt sich auf die Frankfurter Allgemeine. Die seit Jahren in der Szene beheimatete Redakteurin Evi Simeoni schreibt dazu:

 

Der gequälte Auftritt von Totilas bei der Reit-EM verdeutlicht, mit wie viel Zynismus Reiter, Trainer und Verantwortliche den Millionenhengst behandeln. Das hat Folgen: Dem einstigen Wunderpferd droht eine lange Pause – vielleicht sogar mehr.

 

Das Leben wird vorwärts gelebt - aber rückwärts verstanden. Als Totilas, der hochbegabte schwarze Dressurhengst, am Donnerstagnachmittag in die Arena von Aachen trabte und die ersten Leute sich augenreibend fragten, ob sie nicht gerade ein paar verdächtig ungesunde Tritte gesehen hatten, da fielen alle Masken. Niemand reagierte. Keiner hatte das Wohl dieses einst herrlichen Pferdes im Sinn.

 

Doch wie am Samstag nun bekannt wurde leidet Totilas an einem Knochenödem am hinteren linken Bein. Das habe eine Kernspintomographie in einer Tierklinik in Belgien ergeben, bestätigte der deutsche Mannschafts-Tierarzt Marc Koene. Es habe sich Flüssigkeit im Knochen gebildet. Wie lange das 15 Jahre alte Pferd ausfällt, ließ Koene offen. Die Verletzung könne zu einer Pause von mehreren Wochen, mehreren Monaten oder sogar zum Karriereende führen.

 

Das interessierte am Donnerstag noch niemanden: Den Reiter Matthias Rath nicht, seine Familie und seine Entourage nicht, und seinen Trainer oder die Vertreter des deutschen Verbandes auch nicht. Alles, was sie wollten, war eine Goldmedaille. Die deutsche Mannschaft sollte bei den Europameisterschaften in Aachen ihren Titel erfolgreich verteidigen. Und Totilas, der 15 Jahre alte einstige Dressurkracher, sollte unbedingt die Spitzennote bringen, die dazu gebraucht wurde, koste es, was es wolle: viel Geld. Die Transparenz von Nominierungskriterien. Und die Glaubwürdigkeit des Verbandes, der Vorbild sein will im verantwortungsvollen Umgang mit dem Partner Pferd. Gut möglich, dass der Grand Prix von Aachen der letzte sportliche Auftritt des Pferdes war, mit dem sein früherer Reiter Edward Gal einst dreifacher Weltmeister wurde und alle Rekorde brach. Der letzte Eindruck in diesem Fall: ein trauriger.

 

Als Totilas zu getragenen Klavierklängen durch das Viereck trabte und solch gravierende Taktstörungen aufwies, dass kein Fachmann mit geschultem Auge mehr ein Problem leugnen konnte, da wurde klar, wie viel Zynismus diesem Auftritt in Wahrheit zugrunde lag. Als er anhielt und der Reiter grüßte, schonte Totilas unwillkürlich die linke Hinterhand. Es ist anzunehmen, dass er Schmerzen hatte. Aber immer noch schienen alle Beteiligten unwissend. Und als die Note für die Vorstellung der beiden hinter den Erwartungen zurückblieb - die 75,971 Prozentpunkte reichten am Ende nicht für den Sieg, sondern nur für die Bronzemedaille -, da machten sie erstaunte Gesichter. In der Summe der Wertungen schlug sich das Problem deutlich nieder.

 

Es ist die Geschichte vom Pferd und den drei Affen. Am Tag danach behauptete Klaus Röser, der Vorsitzende des Dressur-Ausschusses im deutschen Verband, noch zu diesem Zeitpunkt habe keiner von ihnen bemerkt, dass Totilas ein Gesundheitsproblem hatte. Die deutsche Gruppe, darunter auch Bundestrainerin Monica Theodorescu und Rath-Trainer Sjef Janssen, habe ungünstig gestanden, sagte er. Der Reiter, der im Sattel eine Takt-Unreinheit als Erstes und sehr deutlich gemerkt haben müsste, riss zunächst jubelnd die Arme hoch, bevor er sein Unverständnis über die Benotung kundtat.

 

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