Warum der Wintersport gegenüber Reiten den TV-Schirm beherrscht... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 11:13

Wassenberg. Ab Anfang Dezember sind sie vor allem auf dem Bildschirm unterwegs, von morgens bis abends, Biathleten, Langläufer, Skispringer, Rodler, Bobfahrer oder jene auf dem Skeleton. Reiten ist zwar Deutschlands erfolgreichste olympische Sportart, aber die von Gebührengeldern hoch bezahlten Herren an den Schaltpulten der Öffentlich-Rechtlichen Sender interessiert das wenig. Aber vielleicht sind die Wintersportverbände einfach auch cleverer…

 

 

Christian Ahlmann (Marl), Doppel-Europameister 2003, Team-Olympiadritter in Athen und Weltcupsieger 2011 gewann Ende letzten Jahres drei Große Preise fast hintereinander und am 10. Januar auch den Grand Prix von Basel, eine Woche danach siegte in Leipzig bei seinem ersten Start der erst 22 Jahre alte Schwarzwälder Niklas Krieg im Weltcupspringen - die Düsseldorfer Rheinische Post als Hauptpostille der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, mit über 300.000 Abonnenten eine der auflagenstärksten Gazetten Deutschlands, vor der Welt oder der FAZ zum Beispiel, brachte weder von Basel noch von Leipzig eine Zeile im sogenannten Hauptsport, nicht einmal im Ergebnisblock. Dafür rollt aus jedem Buchstaben, egal auf welcher Seite unter Sport,  immer ein Fußball, täglich. Und das sogar während der Bundesliga-Pause.

 

Und auch andere Blätter folgen inzwischen vermehrt dem gleichen Trend, ganz zu schweigen von den Boulevard-Zeitungen, die zwar von den Veranstaltern fast kniefällig hofiert werden, aber trotzdem lieber sich als VIP einladen lassen als etwas zu drucken. So reitsportbereinigt war Deutschlands Presselandschaft noch nie. Vielleicht fehlen inzwischen die großen Helden, die Elite wurde möglicherweise auch zu brav, und vom Tausch der Ehefrauen ist auch nichts mehr zu tratschen. Und wenn, würde das auch keinen mehr groß jucken, die Reiter sind aus der Öffentlichkeit so ziemlich verschwunden. Und für den Sport zu Pferde sind auch in den Redaktionsstuben kaum noch wenige zu begeistern. Vielen ist das zu anstrengend, Turniersport ist nun mal mehr als ein Fußballspiel, endet nicht nach 90 Minuten. Um Pferde zu verstehen, reicht ein Leben nicht.

 

Quoten sind beschämend

 

Der sich im Reiten und auch im Wintersport bestens auskennt, ist Norbert Thielmann (75). Er war beim ZDF Regisseur für Reitturniere in Aachen oder in Luhmühlen für die Vielseitigkeit. Zuletzt  gab er vor allem dem Wintersport Impulse, dachte Neues aus zum Einsatz von Kameras, er machte die einzelnen Disziplinen für den TV-Gucker interessanter und telegener. Dem Winter ist er mit seiner Firma Tilly TV (http://www.tilly-tv.com) noch immer verbunden.  Er sagt: „Das TV-Interesse am Reiten lässt immer mehr nach, obwohl doch der Zuschauer diesem Sport meist selbst näher steht als dem Rodeln oder Bobfahren oder auch Skispringen zum Beispiel.“ Und er sagt: „Die Quoten für Reiten im TV sind beschämend.“ Das mag auch daherkommen, dass „bis auf die Kür in der Dressur“ die Elemente im Pferdesport sich nicht verändern.

 

Laut Thielmann sprechen oder stimmen die Wintersportverbände die einzelnen Wochenenden mit ARD/ ZDF und Sport A (Rechteinstitution der Öffentlich-Rechtlichen) Startzeiten vor Saisonbeginn ab. Biathlon, alpiner Ski und Skispringen geben den Takt vor, „so hat man von Anfang Dezember bis März jedes Wochenende ein koordiniertes Programm.“

 

Und weiter sagt er: „Der größte Vorteil bei den TV-Übertragungen Skispringen ist der, dass der Konsument in ganz schlichter Weise dabei sein kann, aufgrund von Linien kann er die Weiten mitschätzen, er kann eher teilhaben als im Turniersport.“ Dem Reitsport hafte nach wie vor etwas Elitäres an, dazu sei Reiten der einzige Sport mit zwei Kreaturen, das beeinflusse in erheblichem Maße das Verständnis für diesen Sport, „es gibt weitaus mehr Reiter als Skispringer, und trotzdem driftet die Quote der TV-Zuschauer weit auseinander.“ Auch, so hält er fest, wäre die Zusammenarbeit zwischen dem Skiweltverband (FIS) und den TV-Leuten weitaus besser, aufgeschlossener, positiver als mit der Internationalen Reitsportföderation (FEI). Zweimal im Jahr treffen sich zum Beispiel in Zürich die verantwortlichen Redakteure der TV-Anstalten mit dem FIS-Präsidium, den Sponsoren und Veranstaltern, „dabei kommt alles zur Sprache.“

 

Auch, so meint Thielmann, gebe es bei den Printmedien kaum noch Reitsport-Journalisten und damit keine Interessenwecker in der Öffentlichkeit, kaum besser sehe es in den TV-Redaktionen aus, wo sich jedoch dafür die Zahl der Programmverwalter, Marketingstrategen und Medienfachwarte ständig erhöhe. Vielleicht, so denkt er laut, „fehlen in Deutschland inzwischen aber außerdem jene Reitsport-Reporter, denen man gerne zuhört“, das falle in anderen Sportarten weniger auf, „weil die Bilder die Sprache ersetzen.“

 

Nur noch Olympia biete den „Randsportarten“, dazu gehöre inzwischen schmerzhaft auch Reiten, eine Bühne, sagt Norbert Thielmann, „aber wie lange noch, wenn Discovery der Bestimmer und Rechteinhaber ist?“ Discovery ist ein US-amerikanisches Medien- und Unterhaltungsunternehmen, u.a. Mehrheitseigentümer von „Eurosport“.

 

 

 

 

 

 

 

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