Auenquelle - die feine Adresse für Vollblüter auf dem Dorf Drucken
Geschrieben von: Norbert Herbst/ DL   
Dienstag, 02. Februar 2016 um 10:49

 

Rödinghausen. Eine alte Dorfschule in einem kleinen Ort in Ostwestfalen, wenige Einwohner, gute Luft, satte Weiden, da ist gut Pferd sein – vor allem, wenn man im Gestüt Auenquelle lebt.



Wer im Auenland Hobbits sucht, also menschenähnliche Wesen, liegt falsch. Wir befinden uns auch nicht in Tolkiens Mittelerde, sondern im ostwestfälischen Rödinghausen, keine 10.000 Einwohner, ursprünglich eine sächsische Siedlung. Der einwohnerschwächste, aber flächenmäßig größte Teil von Rödinghausen ist Bieren-Dono, dort kommt alle zwei Stunden ein Zug vorbei, dort jedoch ist die Heimat des Gestüts Auenquelle, eine Topadresse des deutschen Galopprennsports. Der Name Auenquelle geht ganz einfach auf die Große Aue zurück, die dort entspringt und nach 85 km in die Weser mündet.

Karl-Dieter Ellerbrake ist  der Chef des Gestüts. Seit 40 Jahren züchtet der gebürtige Gütersloher  Rennpferde. Sie zählen nicht nur hierzulande zu den Besten deutscher Provenienz. Ostwestfalens Auenland war auch die Heimat von Big Shuffle, einem in Irland geborenem Ausnahmevererber. „Dem habe ich alles zu verdanken, was hier steht“, erklärt Ellerbrake frank und frei. Und das ist eine ganze Menge. Auenquelles Kommandozentrale liegt in der alten Dorfschule von Bieren. Die hat Ellerbrake vor vier Jahrzehnten erworben  und drum herum peu a peu sein heute 150 Hektar umfassendes Vollblutimperium aufgebaut. Mittlerweile sind in Auenquelle  rund 100 Pferde eingestallt, darunter 35 eigene Stuten und zehn in Pension, alle von edelster Herkunft.

Big Shuffle, dessen Leistung auf der Rennbahn zweifelsohne als nicht immer überragend bezeichnet werden durfte, ging 2009 25-jährig ein. Doch er war der Star, brachte durchweg „Flieger“ der Güteklasse A. Noch heute sind von ihm gezeugte Stuten in der Statistik führend. „Als ich ihn erwarb, habe ich mich vor allem auf mein Bauchgefühl verlassen“, berichtet Ellerbrake.. Es trog nicht, sondern erwies sich für ihn als Sechser im Lotto. Es entspricht freilich nicht seiner Philosophie, nur gute „Sprinter“ zu züchten. „Auenquelle steht für Toprennpferde. Das war so und soll so bleiben“, sagt der 71-Jährige klipp und klar. Sein Credo ist es, gute Pferde zu züchten und diese auch artgerecht aufzuziehen.

Dafür bietet das Auenland am Rande des Wiehengebirges allerbeste Voraussetzungen. Die gepflegten Weiden prägen das Landschaftsbild. Zudem ist die Luft nicht durch Industrieabgase versaut. Hier können Pferde noch Pferde sein, haben die Jährlinge ihre Spielgefährten. Die ruhige Abgeschiedenheit im beschaulichen Osten des westfälischen Landes macht's möglich. Artgerechte Aufzucht ist für Ellerbrake das A und O. Als Gestütsleiterin zeichnet dafür die Pferdewirtschaftsmeisterin Tanja Sramek verantwortlich. „Ich bin fast 30 Jahre auf dem Gestüt, habe schon als Kind geholfen“, erzählt sie. Heute ist sie Chefin von „12 bis 16 Personen“, die sich tagtäglich um die Vierbeiner kümmern.

 

Zucht ausschließlich auf Leistung


Der Fährhofer Ransom O`War, 2003 „Galopper des Jahres“, hat in Auenquelle -ebenso wie Doyen - gedeckt. Der 15-Jährige, einst Sieger in den King George VI and Queen Elisabeth Stakes und Vierter im Prix de l'Arc de Triomphe in Paris, steht allerdings heute wieder in Irland. Besitzer Scheich  Mohammed al Maktoum hat's so gewollt. Inzwischen ist Soldier Hollow, im Besitz des Barons Helmut von Finck, für den Vollblutnachwuchs als Vererber zuständig. „Er deckt um die 100 Stuten pro Jahr.“ Ein einträgliches Geschäft. Die Decktaxe beträgt 15.000 Euro. „Er hat eine tolle Rennleistung gebracht, vererbt sich sehr gut und ist pflegeleicht im Umgang, weil er einen ausgeglichenen Charakter hat“, sagt Tanja Sramek über den umschwärmten Hengst. Davon kann Call Me Big, ein Sohn von Ellerbrakes Superhengst Big Shuffle, nur träumen. „Er hat lediglich zwei, drei Stuten pro Anno. Ich leiste ihn mir als Hobby“, gibt sein Eigentümer zu.

 

Die Auenqueller Zucht basiert ausschließlich auf Leistung. Das gilt für Hengste und Stuten gleichermaßen. Dabei ist es dem gelernten Elektriker, der später Großküchen verkaufte, völlig wurscht, ob Mutter oder Vater sich prozentual besser vererben. „Das kann eh keiner beeinflussen“, sagt er, große Gedanken darüber macht er sich nicht. Wichtig ist für ihn allerdings, dass die „Mütter aus einem gut durchgezüchteten Stutenstamm kommen“.

Feuer gefangen auf der Rennbahn


Der Zufall stand Pate, als Ellerbrake sein Interesse für den Galopprennsport entdeckte. „Ein Freund nahm mich mit zum Gestüt Ravensberg in Gütersloh-Spexard und auch auf die Rennbahn nach Dortmund“, erinnert er sich. Der Pferdebazillus befiel ihn sofort. Längst ist aus Hobby und Passion ein Beruf geworden. Karl-Dieter Ellerbrake liebt und lebt für den Galopprennsport, war langjähriger Vizepräsident im Kölner Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, fungierte als Präsident der einflussreichen Besitzergemeinschaft und ist heute noch Chef der Baden Badener Auktions Gesellschaft (BBAG), die dreimal im Jahr in Sachen Vollblut den Hammer schwingen lässt. Zuletzt wurde bei der Fohlenauktion ein Durchschnittspreis von 41.000 Euro pro Jährling erzielt. „Ein ordentliches Ergebnis“, findet Ellerbrake, der den Galopprennsport in Deutschland wieder auf dem „aufsteigenden Ast“ sitzen sieht. Wirtschaftlich schlechte Jahre wie 2008 und 2009 hätten  dem Rennsport geschadet und die Zahl der Bedeckungen  nach unten gedrückt, doch inzwischen sei der Vollblutsport wieder auf dem Vormarsch, hat der Ehrenpräsident der Besitzervereinigung erkannt.

Die Pferde – darunter 36 für die Rennbahn - teilt sich der Auenquelle-Chef mit seinem Partner Peter-Michael Endres, dem Präsidenten des Düsseldorfer Rennvereins.  „Wir machen das seit 30 Jahren zusammen“, erzählt er eher beiläufig.  In den schwarz-rot-goldenen Farben  Auenquelles  erzielte dabei die Lando-Tochter Gonbada die größten Erfolge. Die Pferdedame galoppierte in zwei Gruppe-I-Rennen auf den Platz an der Sonne. Sie gewann 2005 in Köln den Großen Preis von Europa und in Düsseldorf den Deutschlandpreis, wurde im selben Jahr zudem Zweite im Großen Preis von Baden-Baden.  Auf einen Derbysieger können Ellerbrake und sein Co, die ihre Vierbeiner in  Mühlheim von Jens Hirschberger, Köln (Mario Hofer) und in Berlin-Hoppegarten (Roland Dzubasz) trainieren lassen, noch nicht verweisen. Doch diesen Umstand sieht Ellerbrake voller Gelassenheit, „das ist nicht unbedingt mein Ziel.“  Aktuell vertraut der Vollblut-Impresario einer Pferdedame. Turfdonnah heißt die, ist eine Tochter des Topvererbers Doyen. Sie ist drei Jahre jung und gewann unlängst das Stutenderby in Düsseldorf. Ganz oben in der Auenquelle-Erfolgsstory ist das Jahr 2006 angesiedelt, als die Ostwestfalen sowohl das Züchter- als auch das Besitzerchampionat gewinnen konnten.

Für Ellerbrake, den umtriebigen Manager in Sachen Vollblutsport, ein Grund, mit Volldampf weiterzumachen. Ein Leben ohne die galoppierfreudigen Vierbeiner kann sich der Kettenraucher („die Dinger schmecken halt zu gut“) gar nicht vorstellen. Da stören ihn auch nicht die langen Anfahrten zu den europäischen Rennplätzen. Denn die werden allesamt auf vier Rädern bewältigt. Fliegen ist nicht. Der Mann hat ausgeprägt schreckliche  Flugangst. Außerdem darf im Flieger nicht geraucht werden.

Soldier Hollow der Star


Soldier Hollow - der Hengst trägt den Namen eines US-amerikanischen Skigebietes im Bundesstaat Utah - ist derzeit der unumstrittene Star des Gestüts Auenquelle. Dort ist der 15-jährige „In The Wings“-Sohn aus einer „Island Race“-Mutter seit November 2011 aufgestellt. Eigentümer ist Helmut von Finck (Gestüt Park Wiedingen). Der Braune überzeugte schon auf der Rennbahn. Bei 30 Starts war er zwölfmal siegreich (u.a. 10 Gruppe-Siege) und lief 14-mal zudem ins Geld. Höhepunkt seiner Rennen, die auf dem Platz an der Sonne endeten, waren vier Erfolge in Gruppe 1-Rennen. Soldier Hollow ist darüber hinaus das einzige deutsche Pferd, das mit zwei, drei, vier, fünf, sechs und sieben Jahren Stakes-Rennen gewinnen konnte. 2004 war er „Galopper des Jahres“. Er ist das beständigste und härteste deutsche Rennpferd des neuen Milleniums. Während seiner aktiven Zeit besiegte er u.a. zweimal Manduro, das höchsterfolgreiche Rennpferd der Welt. Fürwahr eine stolze Rennbilanz, die nahezu 1,1 Millionen Euro Preisgeld einbrachte. Auch als Vererber macht der Hengst von sich reden. So gewann sein Sohn Pastorius aus dem ersten Deckjahrgang drei Gruppe-1-Rennen, darunter 2012 das Deutsche Derby. Soldier Hollow ist zudem der Vater des zweifachen Gr1-Siegers Ivanhowe sowie der Gr.1-Ersten Ars Nova und Dabbitse.

 

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