Die Seuche Afrikanische Pferdepest versunsichert auch wieder Europa Drucken
Geschrieben von: Dr. Peter F. Cronau/ DL   
Samstag, 02. Mai 2020 um 17:31

Argenbühl/ Allgäu. In Thailand grassiert die tödliche Afrikanische Pferdepest, der bereits an die 500 Pferde zum Opfer fielen. In Europa trat die Seuche zuletzt in Spanien und Portugal auf. Dazu Dr. Peter Cronau als ein Kenner der Pandemie in seinem Bericht.

 

Die Corona-Krise, die mit Recht als Pandemie eingestuft wird, ist ein Beispiel dafür, wie sich Viren weltweit verbreiten und damit zur allgemeinen Schockstarre führen. Die Fokussierung auf dieses Virus sollte uns aber nicht vergessen lassen, dass auch die Kreatur Pferd einer ähnlichen Situation ausgesetzt werden kann. Das West-Nile Virus, was beispielsweise ursprünglich nur in der USA-Pferdewelt ein Thema war, ist nun sogar in Regionen Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Ost-Niedersachsen aufgetreten.

Die Afrikanische Pferdepest (engl. AHS = African HorseSickness) hat ihren Ursprung in Afrika und ist beispielsweise in der Südsahara und Südafrika permanent vorhanden. Wir dürfen weder den kontinentalen Namen „Afrika“ noch sein Vorkommen in Mitteleuropa negieren, denn es hatte auch in Südeuropa sich schon manifestiert. So gab es Seuchenzüge in Portugal und Spanien. Der letzte Ausbruch war dort im Jahren 1987 bis 1989. Als mögliche Ursachen für das Auftreten in Spanien und in Portugal wird der Saharawind genannt, aber auch der Import infizierter Polo-Ponies aus Marokko wird angeführt. Die Übertragung bedarf eines Zwischenwirts, nämlich Stechmücken (Culicoides). Es existiert ein Impfstoff. In Ländern, wo keine erkrankten Tiere sind, darf nicht geimpft werden. Wer sich in dieser Thematik vertiefen möchte, kann sich unter „Afrikanische Pferdepest“ bei Wikipedia informieren.

Ich bin- u.a. wegen meiner offiziellen Tätigkeit beim COOB (Comité Organisador Juegos Olimpicos de Barcelona 1992) Mitglied des Krisenstabs im Ministerium in Madrid und seinerzeit in enger Zusammenarbeit mit dem OIE in Paris und den EU-Behörden in Brüssel gewesen.

Viele Betroffenen mögen vergessen haben, welcher Aufwand in Barcelona 1992 erforderlich war, um die Olympischen Reiterspiele überhaupt dort durchführen zu können. Größte Bedenken hatten Großbritannien und die USA. Man muss wissen, dass die Gesetzmäßigkeiten und Regeln für die Afrikanische Pferdepest eindeutig waren. Wenn bei einem Pferd in einem Staat die Afrikanische Pferdepest aufgetreten ist (Regel bis 1992 vor den Olympischen Spielen), wurde das gesamte Land als Seuchenland gesperrt, Transporte wurden verboten und die gesamte Pferdpopulation kam in Quarantäne.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und das Organisationskomitee in Bareclona hatten ein begründetes Interesse daran, nachdem die Pferdepest in Andalusien und im Raum Madrid aufgetreten war, die Reiterspiele nicht in ein anderes ausländisches Land zu verlagern. Die strengen Gesundheitsbestimmungen des Ausrichtungslandes Australien (Melbourne 1956) zwangen bekannterweise seinerzeit die Reiterspiele nach Stockholm auszulagern. Eine ähnliche Verlagerung wollte man mit aller Kraft vermeiden. In der Folge wurden gezielte Maßnahmen im Einklang mit den Behörden und dem Organisationskomitee ergriffen. Diese Maßnahmen hatten das Ziel, eine Regionalisierung des Seuchenzentrums zu erreichen. Die Maßnahmen zielten darauf hin, das Verhalten des Zwischenwirts Stechmücken zu studieren.

Eine vom Ministerium in Madrid finanzierte Forschungs-Kampagne wurde eingeleitet. Man fand u.a. heraus, dass die Stechmücken in Andalusien selbständig nicht über einer Meereshöhe von 900 Metern lebensfähig sind. Die Sierra Nevada (3.482 m über NN) reicht in west-östlicher Richtung bis ans Mittelmeer heran Das bedeutete, dass der Zwischenwirt auf direktem Weg nicht nach Katalonien fliegen konnte. Es wurde auch festgestellt, dass die Stechmücken vermehrt ab 21:00 Uhr und nur im Außenbereich ihre Stechaktivitäten erreichten. Zudem konnte erforscht werden, dass die Stechmücken thermolabil sind und unter 15° Celsius ihre Stechfähigkeit einbüßen.

Diese Erkenntnisse führten zu der Quintessenz, dass die Stechmücken, die als Zwischenwirte agierten, nur auf Andalusien fokussiert bleiben und somit in Abstimmung mit allen entsprechenden Behörden im November 1987 die Realisierung der Olympischen Reiterspiele in Barcelona 1992 erlaubten.

Ganz so einfach verlief das Geschehen doch nicht, USA und Großbritannien unterzogen ihre Pferde nach Beendigung der Spiele einer isolierten mehrwöchigen Quarantänezeit außerhalb des Heimatlandes. Die spanischen Pferde und potentiellen Olympiateilnehmer aus Madrid mussten im Vorfeld über eine Sonderquarantäne in die USA gebracht werden. Nur die Schweiz und die USA erlaubten überhaupt eine Isolierstation. Ich habe selbst erlebt, dass Pferde in großer Panik (Pferdetransporte waren grundsätzlich verboten) heimlich auf einen Orangen-Transporter getrieben wurden und aus der Quarantänezone in den Norden nach Galizien transportiert wurden

Man mag über meine Ansicht lächeln: Auch wenn in Deutschland noch keine Krankheitsfälle aufgetreten sind, ist es wegen der Globalisierung des Pferdesports und den (bisher) freien Grenzen nicht ausgeschlossen, dass irgendwann auch die Afrikanische Pferdepest uns in Südeuropa oder auch Mitteleuropa tangiert. Dass die Afrikanischen Pferdepest, die übrigens über eine Mortalitätsrate von annähernd 100 Prozent verfügt, auch vor Distanzen über den Indischen Ozean nicht halt macht, sehen wir bei einem Seuchenverlauf in Thailand, wo bereits über 500 Pferde an der Seuche eingegangen sind. So weit können Stechmücken natürlich nicht fliegen. Es liegt nahe, dass der 0-Patient ein importiertes Pferd war.

Was bedeutet das für die Pferdewelt? Im Kontext des globalisierten Pferdesports ist einmal mehr wichtig, Hygienemaßnahmen und Gesundheitsuntersuchungen strikt und ohne Rücksicht auf irgendwelche Prioritäten (Nation, Besitzer, Sponsoren usw.) rigoros zu kontrollieren. „Ist the horse that counts, and not the people“.

 

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