Springreiter Estermann weiter uneinsichtig Drucken
Geschrieben von: Angelika Nido Wälty/ DL   
Dienstag, 15. Dezember 2020 um 17:26

Luzern. Trotz Zeugenaussagen und Beweisfotos zeigt sich der Schweizer Springreiter Paul Estermann (57) weiter uneinsichtig und will eine Verurteilung wegen Tierquälerei nicht akzeptieren. Vor dem Kantonsgericht in Luzern bestritt der EM-Team-Dritte von 2015 erneut sämtliche Vorwürfe. Die PferdeWoche war dabei.

 

In der rund fünfstündigen Berufungsverhandlung am Kantonsgericht Luzern wehrte sich Springreiter Paul Estermann erneut gegen seine Verurteilung wegen Tierquälerei, obwohl Aussagen vorliegen von einem halben Dutzend Zeugen, des Berichts eines Tierarztes und Beweisfotos von zwei Quellen.

Nach Einschätzung der ersten Instanz, dem Bezirksgericht Willisau, beweist dieses Material «zweifelsfrei», dass Olympiareiter Paul Estermann zwei Pferde misshandelt hat und sie dabei körperlich und in ihrer Würde verletzt habe. Estermann soll im April 2016 die Stute Castlefield Eclipse mit der Peitsche geschlagen haben bis Blut floss. Auch den inzwischen nach Brasilien verkauften Lord Pepsi hat er mehrfach geschlagen. Erstinstanzlich wurde der Springreiter deshalb wegen mehrfacher vorsätzlicher Tierquälerei verurteilt. Seine zwei wichtigsten Besitzer zogen darauf ihre Tiere von Estermann ab und er trat aus dem Nationalkader zurück.

Trotz der erdrückenden Beweislast legte Estermann ein Veto ein und ging weiter zum Kantonsgericht in Luzern. In der Berufungsverhandlung bestritt er erneut sämtliche Tatvorwürfe und flüchtete sich in Schutzbehauptungen.

„Es wurde von Seiten der Verteidigung mit harten Bandagen gefochten. Es wurde alles versucht, um Herrn Estermann ‘herauszuboxen’“, so der Staatsanwalt. Auf den Gebrauch der Gerte angesprochen, wählte Estermann seine Worte mit mehr Bedacht, verharmloste deren Einsatz aber weiterhin. Sein Verteidiger, der das Gericht zuvor mit Klagen gegen die Untersuchungsbehörde eingedeckt hatte, verlangte erneut einen Freispruch. Er präsentierte einen neuen Bericht des Stalltierarztes, der gemäß Staatsanwalt einem «Persilschein» gleichkomme. Der Verteidiger versuchte, diverse Beweisverwertungsverbote geltend zu machen und Zeugen als unglaubwürdig darzustellen.

Der Staatsanwalt hingegen forderte nicht nur eine Bestätigung des Urteils vom November 2019 sondern eine Erhöhung des Strafmasses, weil „sich der Angeklagte in keiner Weise einsichtig oder reuig zeigt und ein solches Verhalten Konsequenzen haben muss“.

Nach der ersten Verhandlung in Willisau war Estermann wegen mehrfacher und vorsätzlicher Tierquälerei schuldig gesprochen worden. In der Begründung heißt es, er habe die körperliche Integrität und Würde der beiden Pferde  mehrfach verletzt, es liege eine wiederholte Tierquälerei vor. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe der Stute Castelfield Eclipse 2016 zwei Mal mit der Dressurpeitsche schmerzhafte und teilweise blutende Verletzungen zugeführt und den Wallach Lord Pepsi zwischen 2014 und 2017 mindestens drei Mal unnötig stark mit der Peitsche traktiert.

Den Fall ins Rollen gebracht hatte ein Angestellter Estermanns mit einer Anzeige und mit Fotos von verletzten Tieren. Der Einzelrichter hält fest, dass die angeklagten Sachverhalte durch Zeugenaussagen, einen Tierarztbericht und Fotos bewiesen seien.

Der Beschuldigte hatte vor Gericht gesagt, er schlage kein Pferd, um bessere Trainingsresultate zu erzielen. Die Verteidigung stellte die Zeugenaussagen sowie die Beweiskraft der Fotos in Frage. Sein Mandant könne als international erfolgreicher Springreiter mit Pferden umgehen. Estermann sei freizusprechen.

Die Verteidigung ging in Berufung. Für die Schweizer Föderation für Pferdesport gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung, da Estermann nicht rechtskräftig verurteilt ist. Erst wenn Estermann vor Gericht schuldig gesprochen wird, würden Maßnahmen geprüft.

Das Urteil von Luzern wird zwischen Mitte und Ende Januar 2021 erwartet.

 

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