An Aachen muss sich Lexington messen lassen Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Freitag, 24. September 2010 um 11:59

 

Wassenberg. In Bad Aachen fanden vor vier Jahren die 5.Weltreiterspiele nach Stockholm, Den Haag, Rom und Jerez de la Frontera seit 1990 statt. Die Veranstaltung kostete 39,3 Millionen Euro, Lexington mit den 6. Welttitelkämpfen spricht von einem Kostenapparat von umgerechnet 77 Millionen. Nach Aachen kamen 576.000 Zuschauer, Aachen setzte das Maß, an Aachen muss sich Lexington nun messen lassen.

 

Die Idee hatten die Schweden, in Erinnerung an die Olympischen Reiterspiele 1956, als Melbourne wegen der harten Quarantänemaßnahmen des Landes für Pferde die Reiterspiele nach Stockholm auslagerte. In Erinnerung daran wollten die Skandinavier wieder einmal an eine kompakte Reitsportveranstaltung erinnern. Sie fragten den damaligen Weltpräsidenten Prinz Philip, ob er etwas dagegen hätte, ein solches Weltereignis an einem Ort durchzuführen. Hatte er nicht, im Gegenteil. Sein damaliger Generalsekretär Fritz Widmer (Schweiz) erinnert sich: „Es sollte zunächst eine einmalige Idee bleiben, an eine Wiederholung war höchstens alle acht Jahre gedacht.“

 

Nur Aachen legte nicht drauf

 

Doch die Internationale Föderation (FEI) entdeckte mit den Weltreiterspielen auch neue pekuniäre Pfründe. Für die Ausrichtung der Springreiter-Europameisterschaft 2007 in Mannheim hatte Turnierboss Peter Hofmann 150.000 Franken zu überweisen. Frank Kemperman, Vorstandsvorsitzender des Aachen Laurensberger-Rennvereins als Ausrichter der Weltspiele durfte vertragsgemäß keine Zahlen nennen, niedriger lagen die Lizenzgebühren wohl kaum.

 

Bis Aachen waren alle diese Championate in damals sieben Disziplinen ein finanzieller Flop. Stockholm 1990 schloss mit einem Minus von heute 2,5 Millionen Euro, Den Haag, vier Jahre später, meldete gar Konkurs an mit zehn Millionen Miesen, Dublin 1998 – Gewinner im Bieterduell gegen Berlin mit dem Tausendsassa Paul Schockemöhle - sprang aus Finanznot ab, weil der Hauptsponsor plötzlich verweigerte. So kam Rom zum Zuge, dort übernahm eine einzige Familie mit Geld und Ansehen alles. Zahlen wurden nie veröffentlicht, auch nicht jemals aus Jerez de la Frontera 2002, echte Gewinne machte jedenfalls niemand.

 

39,3 Millionen Euro investiert

 

Die Veranstaltung im Sattel, an den Pauschen und auf dem Bock in Aachen verschlang 39,3 Millionen Euro, für 17,7  Millionen renoviert, restauriert oder neu gebaut. Zehn Millionen kamen von Land und Bund, der Rest musste finanziert werden. Die Weltreiterspiele hatten acht Hauptsponsoren, Mercedes Benz, Rolex, Deutsche Bank, Sparkasse, Warsteiner, ARAG und den Dubai Racing Club. Sie allein besaßen das Recht auf Bandenwerbung in der Arena. Erstmals wiurde ein solches Championat in den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Fahren, Voltigieren, Western-Reining und Distanzreiten von einem echten Turnierorganisator durchgeführt, zuvor hatten die einzelnen Föderationen die Weltreiterspiele jeweils nur weiter delegiert. Erstmals führte ein Veranstalter in einem Jahr einen CHIO und zudem die Weltreiterspiele durch, erstmals auch wurde auf  Rasen gesprungen, erstmals lag alles zentral. In der Aachener Soers konnte jede Wettkampfstätte zu Fuß erreicht werden, die Geländestrecke in der Vielseitigkeit war ein Steinwurf vom Hauptstadion entfernt, im Distanzreiten lagen Start und Ziel ebenfalls in der Arena. Auch das war neu.

 

Nachdem sich beim letzten CHIO einige Springreiter über den nicht gerade idealen Rasen im Hauptstadion beschwerten, fuhren im Herbst nochmals die Bagger an. Innerhalb weniger Wochen wurde neues Grün angelegt. Kosten: 250.000 Euro.

 

200 Millionen Umsatz in Stadt und Land

 

Für die 5.Weltreiterspiele 2006 werden keine Kosten gescheut. Der Aachen-Laurensberger Rennverein (ALRV) wollte ein Zeichen setzen. Nach den Fußball-Weltmeisterschaften 1974 und 2006 waren die Reiterspiele das größte Sportereignis in Deutschland seit Olympia 1972 in München. Der Aufwand war entsprechend. Allein der Aktenordner „Sicherheit“ glich einem Lebenswerk. Dafür wurde eigens ein Komitee geschaffen.

 

Wenn Frank Kemperman damals aus seinem aus seinem Büro  schaute, sah er vor allem Kräne,  Arbeiter, einen leeren Parkplatz. Der riesige Aufwand hatte sich dennoch gelohnt. Auch für die Stadt und die Umgebung. Die Hotels waren bis im Umkreis von 80 km so gut wie ausgebucht. Die Reiterspiele brachten Aachen und der Region in den zwei Wochen rund 200 Millionen Euro Umsatz.

 

1.400 ehrenamtliche Helfer

 

Normal arbeiten beim ALRV etwa 20 Personen, für die Weltreiterspiele wurden 40 beschäftigt, allein acht im Karten-Service, während der  Veranstaltung lag die Zahl der Mitarbeiter bei 1.400 Helfern vor Ort sein, ehrenamtlich, „teilweise kamen sie aus der ganzen Welt, nur um dabei zu sein“, sagt Frank Kemperman. Sie erhielten alle einheitliche Kleidung und Verpflegung, „viele nehmen ihren Jahresurlaub, viele bezahlen sogar die Quartiere selbst“ (Kemperman). Rund 30 Tierärzte betreuten die rund 875 Pferde der rund 800 Teilnehmer aus 50 Nationen. 1.000 Journalisten waren da.

 

Die Eröffnungsfeier stand unter dem Motto „Deutschland – Pferdeland, Pferde und Menschen“. Unter anderem zu bestaunen war die weltweit größte Quadrille aller Zeiten: Die Hengste der Landgestüte unter dem Sattel. Die Stadt Aachen selbst konnte finanziell nichts zum „Fest der Pferde“ beitragen, „aber sie war dennoch stolz darauf. Es gab ein Kulturprogramm, ein Feuerwerk, und jeder Bürger mit seinen Möglichkeiten brachte sich dazu ein“, erklärt Frank Kemperman. In Anbetracht, dass der Ticketverkauf in den USA mehr als schleppend verlief, fragte sich bereits der oftmalige Gespann-Weltmeister Michael Freund (Neu-Isenburg) als Coach des US-Fahrer Tucker Johnson, „woher überhaupt die Zuschauer kommen sollen, wenn sie kommen...“

 

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