Die etwas andere Auktion bei Holger Hetzel... Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Dienstag, 23. November 2010 um 16:59

Goch. Holger Hetzel (50) veranstaltet an diesem Mittwoch seine 6. Reitpferdeauktion auf seinem Hof in Goch. Alles begann an einem Nachmittag aus Jux und Dollerei...

 

Auf dem Hof seines Onkels und mit zwei Pferden begann die Reiterei als Freizeitbeschäftigung. Inzwischen ist das über 100 Jahre alte Gehöft, auch Elternhaus seiner Mutter, komplett umgebaut. „Ich habe immer, wenn ich Geld hatte, ein bisschen Neues gemacht. Ich wollte mich jedenfalls auf keinen Fall überschulden“, sagt Hetzel.

 

Holger Hetzel ritt als Jugendlicher alles, Springen, Vielseitigkeit, Dressur, und immer für den Verein „Blücher Pfalzdorf“. Tierarzt war sein Berufswunsch. Nach dem Abitur holte ihn der Bund, danach begann er eine Bereiterlehre in der Dressur bei Paul Beck in Mönchengladbach-Wickrath, nebenbei ging er auch über Hindernisse bei Michael Fervers in Büttgen. Der ausgebuffte Pferdehändler gab ihm auch ein Pferd in Beritt. Nach zwei Jahren und Ende der Lehrzeit bei Paul Beck verließ er auch den Stall Fervers und begann in Mönchengladbach ein Studium der Betriebswirtschaft mit abschließendem Diplom, „denn die Eltern meinten, ich solle mal einen vernünftigen Beruf ergreifen“.

 

Tiermedizin hakte er ab, dafür mietete er beim Onkel in Goch vier Boxen und ließ eine Traglufthalle hinstellen, „an eine eigene Reithalle wagte ich noch nicht zu denken.“ Er war Betriebswirt „mit Spaß am Reiten und am Geschäft mit Pferden“. Außerdem pachtete er die großzügige Anlage „Schravelsche Heide“ mit Hotel in Kevelaer, nicht weit von Goch. Auf dem Hof seines Onkels sollte der sportliche Alltag laufen, Training, Verkauf von Pferden, Vorbereitung auf Turniere. Die „Schravelsche Heide“ war geplant als Zentrum für Lehrgänge. Hetzel schloss 1994 einen Zehn-Jahres-Vertrag. Nach zwei Jahren erlitt der Diplomkaufmann und Reiter einen Gehörsturz, sechs Monate lag er im Krankenhaus. Aus dem Vertrag "Schravelsche Heide" kam er nicht raus, er musste den Kontrakt erfüllen.

 

Wie alles mit „Tag der offenen Tür“ begann

 

Eines Tages saß man mal zusammen bei ihm auf dem Hof, dabei auch der frühere Nachwuchs-Bundestrainer Dietmar Gugler. Jemand meinte, man sollte doch mal einen „Tag der offenen Tür“ machen. Machte man auch, im September 2005. Hetzel: Wir wollten wirklich nur Pferde zeigen, nicht verkaufen.“ Aus Jux und Dollerei fing jemand mit Bieten an. Hetzel: „Zehn Pferde wurden verkauft, eine Stakkato-Stute ging gar für 225.000 Euro an eine Finnin.“ Das war der Auslöser zum Beginn der bisher erfolgreich gelaufenen Auktionen.

 

Statt Pferd nahm einer einen LKW mit...

 

Vor drei Jahren kam aus Polen Pavel S, mit einem wahren Begleittross. Seine  Anzugjacke war auf der linken Seite dick, wie gepolstert, die Brieftasche. Der Allein-Importeur von Lustartikeln für das Horizontale Gewerbe schlug zwar bei der Versteigerung nicht zu, dafür kaufte er Hetzel einen Pferdetransporter ab. Andere ließen sich wiederum bei der Auktion nicht lumpen. Zum Beispiel Anna Guskowa, Ehefrau einen gut betuchten älteren russischen Unternehmers, die von Kurt Gravemeier trainiert wird.

 

Zu seinen Kunden zählen seit Jahren auch Lisa-Marie Thoma aus dem Kopschmerztabletten-Unternehmen („Thomapyrin“)  oder der Ire Denis Lynch, der im letzten Jahr in Aachen auf Lantinus den begehrten Großen Preis am Schlusstag des CHIO von Deutschland gewann. Belgiens Exweltmeister Jos Lansink war da als Käufer, Nationen-Preis-Reiterin Georgina Bloomberg, Tochter des Milliardärs und Bürgermeisters von New York, Michael Bloomberg, Christian Ahlmann oder der Schweizer Alt-Hero Willi Melliger. Für Denis Lynch kauft aus dem Schoko-Land meist Thomas Straumann („Zahnimplantate“) en gros. Auch der frühere argentinische Fußball-Nationalspieler Hernan Crespo, ehemals Inter Mailand, deckt sich gerne bei Hetzel ein. Vor zwei Jahren nahm er für seine Frau den 245.000 Euro teuren Holsteiner Fuchs Prince Charming mit nach Italien. Ganz oben auf der Kundenliste steht der weltbekannte Mailänder Herzchirurg Dr. Carlo Pappone, der schon zehn Pferde in Goch verladen ließ.

 

„Will natürlich Geld verdienen...“

 

Holger Hetzel sagt: „Ich will natürlich auch Geld verdienen, aber ich habe jedoch zusätzlich vor allem Freude daran, junge Reiter weiter zu bilden, wie nun die Nachwuchs-Vize-Europameisterin Katrin Eckermann.“ Auch bei seinen Schülern legt er größten Wert auf eine gute Dressurausbildung, so fährt er selbst immer wieder zu Reitmeister Johann Hinnemann nach Voerde „zum Dressur-Nachhilfe-Unterricht“. Dem Nachwuchs und damit den Eltern schnürt er Komplettpakete, vom Suchen geeigneter Pferde über Ausbildung, Training bis hin zum Turniermanagement, „weil ich glaube, dauerhaften Erfolg hat man in dieser Branche nur mit optimaler Dienstleistung“.

 

...da warf sich der Bundestrainer in einen Busch

Ganz nah selbst an einer Championats-Medaille war Holger Hetzel auf seinem kleinen Wallach Gipfelstürmer 1993 im nordspanischen Gijon. Aber Franke Sloothaak auf der späteren Weltmeisterstute Weihaiwej vermasselte alles. Nach einem Abwurf am Schlusssprung drehte Sloothaak zusätzlich noch eine Volte, Deutschland wurde EM-Vierter, Bundestrainer Herbert Meyer warf sich vor lauter Verzweiflung in einen Busch, zur Equipe gehörten außerdem Ludger Beerbaum und Rene Tebbel, die Favoriten-Mannschaft der Europameisterschaft.

 

Gipfelstürmer wiederum hat seine eigene Geschichte. Der Hannoveraner Wallach war bereits an den Briten Michael Whitaker für eine Million Mark verkauft, doch Geld floss nicht. So fuhr der deutsche Besitzer selbst auf die britische Insel und holte sein Pferd wieder ab. Holger Hetzel: „Eines Morgens klingelte das Telefon...“ Der Gipfelstürmer-Besitzer sagte ihm, er stehe mit dem Wallach am Zoll in Venlo in Holland, er könne ihn nach Goch bringen, wäre ja nicht weit... Preis: 500.000 Mark. Die hatte Hetzel nicht, aber Gerd Kraft vom Gestüt „St.Ludwig“ sprang großzügig ein, fortan trug Gipfelstürmer den Vornamen „St.Ludwig“.

 

 

Auktionskosten 200.000 € – Risiko nur einer...

 

An diesem Mittwoch, 24. November, ist es wieder so weit, zum sechsten Mal. 20 hochkarätige Springpferde erwarten neue Besitzer. Alle Tiere wurden eingehend von Vater und Sohn  - Dr. Marc und Dr. Peter Cronau – untersucht. Das Unternehmen Versteigerung  kostet Holger Hetzel 200.000 Euro, das Risiko trägt er allein – und unter Umständen auch der Tierarzt, der die Pferde durch den „TÜV“ kommen lässt.

Der Kundenstamm wird seit Jahren gepflegt. Sämtliche Auktionspferde sucht Holger Hetzel persönlich aus, beobachtet sie auf Turnieren, kauft sie oder bietet sich den Besitzern als Vermittler an. Wer ihn als Makler beauftragt und den vorher festgemachten Mindestpreis nicht erhält, „kann sein Pferd wieder mitnehmen, zu zahlen hat er nichts extra“, sagt Hetzel.

 

Kein Schaulaufen wie auf der „PSI“ in Ankum

 

Holger Hetzel, 32-Mal für Deutschland in einem Nationen-Preis angetreten, geht einen anderen Weg als beispielsweise Paul Schockemöhle und Ulli Kasselmann mit ihrer PSI-Auktion, wo ein ganz anderes Publikum bedient wird. Bei  Hetzel laufen die Versteigerungen und die anschließende kleine Party – Gesamtkosten 120.000 € - ohne Schampus und Kaviar, ohne Schaulaufen von solchen, die es brauchen. Am Niederrhein herrscht eine ganz private Atmosphäre. Hetzel: „Für mich ist wichtig, dass sich alle wohl fühlen, alle zufrieden sind. Ich will selbstverständlich auch Geld verdienen, aber nicht mit Gewalt, nicht jeden Preis bis aufs Äußerste nach oben treiben.“ Das Auktions-Personal ist von der Zahl her überschaubar, viele freiwillige Helfer, in der Organisation vorneweg Anna Büchter und Chefbereiterin Christine Dorenkamp, die ihre Bereiterlehre bei Hetzel mit Stensbeckplakette – also Auszeichnung – abschloss und inzwischen bereits auf Turnieren auch international gut unterwegs ist.

 

Nach allen bisherigen fünf Auktionen gingen fast sämtliche Pferde bezahlt vom Hof, eben jedoch nur fast. Vor zwei Jahren saß Holger Hetzel einem niederländischen Hochstapler auf. Ein angeblicher Freund von Ulli Kirchhoff mit Namen Dimitri v.E., der nach seinen Worten den Olympiasieger wieder dort sehen wollte, „wo er hingehört“ (O-Ton). Er hob bei zwei Pferden solange den Katalog hoch, bis er sie für insgesamt 236.000 € hatte. Gezahlt hat er jedoch auch auf mehrmalige Mahnungen hin nie. Die Pferde fanden andere Käufer.

 

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