Reiten verschwindet immer mehr bei ARD und ZDF - bald ganz Drucken
Geschrieben von: Dieter Ludwig   
Samstag, 04. Dezember 2010 um 18:46

 

Paris. Die meisten Springreiterturniere  finden zweifellos in Deutschland statt. Doch für die Spitzenreiter gibt es das Geld im Ausland, wie beispielsweise in Frankreich, Italien, Spanien. Auch dort sind die staatlichen TV-Anstalten nicht gerade auf Empfang für Reiten gebürstet, aber dort regeln großzügige Sponsoren oder wie in Frankreich wirtschaftliche regionale Interessenverbände das Finanzielle.

 

Die Achse des eigentlichen Sports, um den sich alles  zu drehen hat, schleift sich immer mehr ab, wird immer dünner. Die oben sind, haben keine Lust, daran etwas zu ändern. Die anderen werden nicht gefragt. Der holländische Pferdehändler Jan Tops, Mannschafts-Olympiasieger von 1992 in Barcelona, erkannte als Erster die Zeichen der Gegenwart. Tops erfand die „Global Champions Tour“, Paul Schockemöhle in Deutschland die „Riders Tour“. Das Geld wird auf der Tops-Tour verdient, dorthin drängeln die Besten,  nicht zu Schockemöhle. Schockemöhle, inzwischen auch Mitbesitzer des Jahrhunderthengstes Totilas, setzte auf die deutschen TV-Kanäle von ARD und ZDF, Tops auf Eurosport. Der Holländer mit Wohnsitz Monte Carlo hat gewonnen, gegen Schockemöhle, der mal die Riders Tour in den Status der Formel eins im Automobilrennsport erheben wollte. Davon ist er inzwischen Lichtjahre entfernt, zumal sich auch Hans Werner Aufrecht als Miterfinder der Serie ausklinkte. Und Aufrecht kennt sich wie kaum ein anderer im Motorsport aus, schließlich hat er die publikumswirksame „DTM“ erdacht.

 

Reitsport außerhalb der Öffentlichkeit

 

Der Sport mit Pferden findet in Deutschland im Fernsehen kaum noch statt. Die Turnierreiter leiden, was sollen die Traber oder Galopper erst von sich geben, sie sind komplett von der Mattscheibe verschwunden. An den Schalthebeln der wortführenden Redaktionen sitzen nunmal keine Pferdeleute mehr, wie einstmals beispielsweise Hans-Heinrich Isenbart oder Addy Furler. Reiten wurde in die Dritten Programme verbannt. Die Einschaltquoten waren eben zu mies, um eine bessere Resonanz  bei den TV-Gewaltigen zu finden. Doch auf wundersame Weise plustern sich die Veranstalter nach wie vor damit auf, das Fernsehen komme auch. Damit werden zwar bei Sponsoren Gelder herausgelockt - TV bringt angeblich 50 Prozent mehr Geld -, doch dem Sport bringt das alles nichts. Vor allem keinen Zuschauer mehr. Aber vom Besuch leben letzten Endes in erster Linie die Turniere selbst, braucht der Sport. Turniere leben von den Emotionen vor Ort.

Und in den Zeitungen sind Zeilen über den Turniersport meist auch nur noch mit derLupe aufzuspüren.  Der Sport hat nunmal keine Helden mehr, unternimmt auch nichts, um dem Dilemma zu begegnen. Und die Verbände drehen sich auch im Kreise, sind aber nach wie zu fein, um mal nachzufragen bei denen, die es wissen.

 

Der Turniersport hat auf dem Bildschirm - egal wo - kaum noch eine Zukunft. Die Disziplinen sind zu sehr in Regeln eingeengt, Innovationen fehlen. Springen haben nach bestimmten Richtlinien abzulaufen, in der Dressur sind Lektionen vorgegeben, sogar in der Kür sind bestimmte Lektionen zu zeigen. Das persönliche Ich ist in Paragraphen eingezwängt, Richtlinien, alles ist vorgegeben. Springprüfungen mit über 100 Teilnehmern schaut sich kaum einer gerne an, und ein Grand Prix in der Dressur ist letzten Endes etwas für jemanden, der diese Sportart vor allem mit der Seele sieht.

 

Und so fragt sich mancher, wieso die Zeitung mit den großen Buchstaben in Kürze ausgezeichnet wird mit einem Preis, wozu man heute Award zu sagen hat, weil sich das Blatt angeblich um den Turniersport verdient gemacht habe. Das fiel bisher noch keinem Insider auf. Aber es passt ins Bild. Es geht immer mehr nur noch um Show und Aufsehen.

 

 

Kaspar Funke: Lernen umzudenken...“

 

 

Man kann zu Dr. Kaspar Funke („Escon Marketing“) stehen, wie man will, doch er hat als Erster erkannt, dass ein Turnier-Veranstalter von Reitveranstaltungen mit den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehgesellschaften bald nicht mehr antichambrieren kann. Er entschied sich deshalb klug schon früher anders, wie schon beispielsweise vor Jahren der Deutsche Skiverband. Der machte mit RTL beste Erfahrungen bei der Übertragung der alljährlichen Vierschanzen-Tournee. Funke (53), ehemals enger Partner von Paul Schockemöhle bis weit über die Barr-Affaire 1990 hinaus, setzt inzwischen auf den Spartenkanal „DSF“. Funke: „Man muss lernen umzudenken.“ Funke-Turniere werden vom DSF übertragen aus Lingen, Cappeln, Dortmund, Donaueschingen, Oldenburg, Frankfurt/ Main und Münster.

 

Reiten wird in Kürze ganz bei ZDF und ARD verschwinden, weil die Quoten längst an der vorgegebenen Barriere scheitern, zehn Prozent ist die Schallmauer, um ins Hauptprogramm gehoben zu werden.

 

Der CHIO in Aachen brüstet sich immer gerne damit, in welche Länder das Offizielle Turnier von Deutschland übertragen würde. Natürlich weit über 100, was stimmen mag. Doch niemand sagt, wie viele auch Reiten gucken. Quoten der entsprechenden Länder werden nicht aufgesagt. Interessanterweise hatte der außersportliche „Abschied der Nationen“ beim letzten Offiziellen Internationalen Turnier von Deutschland 2010  am Schlusstag (14,0 Prozent) die meisten Zuschauer vor den Schirm gelockt. Der Große Preis von Aachen, übertragen vom ZDF, eine der begehrtesten Prüfungen der Welt unmittelbar vor dem Abschied der Nationen, hatte in der Spitze 8,9 Prozent. Den Preis der Nationen am Donnerstag wollten unter Flutlicht nur 7,3 Prozent sehen, und auch nur speziell im WDR. Voltigieren wiederum lockte mehr Interessenten ans Gerät als der Preis von Europa im Springen, das sollte allen jenen Veranstaltern endlich zu denken geben, die immer eine Litfaßsäule damit bekleben: „Das Fernsehen kommt auch...“

 

 

 

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